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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Chemikalien riechen«, erwiderte Mond. »Außerdem finden sich auf der Haut verräterische Spuren, wenn
man weiß, wonach man suchen muß.«
Owen beschloß, den Hadenmann nicht zu fragen, wie diese
Spuren aussahen. Er dachte nicht, daß er es wirklich wissen
wollte.
»He, Todtsteltzer! Wer waren diese Männer deiner Meinung
nach?« fragte Ruby.
»Nach den Familienchroniken«, begann Owen langsam,
»wurde mein Vorfahr, der Erste Todtsteltzer, von dreien der
gefürchtetsten Kopfgeldjäger und Mörder aller Zeiten hierher
verfolgt, den berüchtigten Schattenmännern . Man hat nie
wieder etwas von ihnen gehört oder gesehen. Anscheinend
haben sie ihre vermeintliche Beute gestellt.«
»Du meinst, er hat sie umgelegt und anschließend als Trophäen für die Nachwelt konserviert, sozusagen als abschrekkendes Beispiel?« Hazel verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Ekelhafter Sinn für Humor, den dein Vorfahr da an den
Tag gelegt, hat, Owen. Oder war es vielleicht damals üblich,
daß man besiegte Feinde ausstopfte?«
»Nein«, antwortete Owen. »Ganz und gar nicht.« Sie ließen
den eingeschlagenen Glaskasten zurück und bewegten sich
weiter, immer tiefer in die Burg hinein. Nach diesem Zwischenfall hatten alle ihre Waffen gezogen. Die Leere der
Räume schien eine geheimnisvolle Bedeutung zu gewinnen,
ja, bedrohlich zu werden. Es war, als würden sie durch eine
gigantische Falle stapfen und darauf warten, den Auslöser zu
aktivieren. Von Zeit zu Zeit tauchten jetzt mechanische Drohnen auf, schweigsame Apparate verschiedener Größen, die
mit unbekannten Aufträgen durch die Stille der Säle glitten.
Sie ignorierten die menschlichen Eindringlinge völlig, welche
ihnen ihrerseits geflissentlich aus dem Weg gingen. Die
Drohnen variierten in ihrer Gestalt; jede Form war vertreten,
von der einfachen Kugel, die auf scheinbar zufälligem Kurs
über den makellosen Boden rollte, bis hin zu verblüffend
menschenähnlichen Apparaten, die mit unmenschlicher Anmut einherschritten. Owen hatte inzwischen so häufig überrascht die Augenbrauen hochgezogen oder die Stirn gerunzelt,
daß er mittlerweile Kopfschmerzen hatte, aber er konnte nicht
anders. Niemand produzierte heutzutage noch Maschinen in
menschlicher Gestalt. Nicht mehr seit der Rebellion der KIs.
Also mußten diese Androiden schon mehr als neunhundert
Jahre durch diese Hallen wandeln und ihren jahrhundertealten
Programmen folgen. Niemand konnte Maschinen herstellen,
die so lange hielten. Es war eine vergessene Kunst. Zuerst die
Portale und dann das hier. Wie viele verborgene Geheimnisse
mochten im Herzen der Fluchtburg noch auf sie warten?
Die kleine Gruppe marschierte weiter, immer vorsichtiger,
während die Portale sie von Saal zu Saal teleportierten.
Schließlich kamen sie in einer Halle voller Spiegel heraus.
Die Spiegel erstreckten sich vom Boden bis an die Decke und
bildeten ein undurchdringliches Labyrinth. Sie bewegten sich
ununterbrochen, bogen und drehten sich und reflektierten
Licht in jede nur erdenkliche Richtung. Spiegelungen von
Spiegelungen von Spiegelungen, und einige von ihnen schienen bis in die Unendlichkeit weiterzugehen. Andere schienen
sich unabhängig von den Menschen zu bewegen, die sie verursachten. Owen machte ein paar zögernde Schritte vorwärts,
ließ sich zwischen den Spiegeln dahintreiben und folgte Hinweisen und geflüsterten Worten und winkenden Gestalten. Er
glaubte, seinen Vater zu sehen und seine lange tote Mutter,
andere Gestalten aus seiner Vergangenheit und schließlich
sich selbst, alt und gebeugt. Er beobachtete seine Hochzeit,
neben sich eine verschleierte Braut, und dann wieder sah er
sich kämpfend auf einem von Leichen und Blut übersäten
Schlachtfeld. Owen schritt weiter durch das Labyrinth, getrieben von dem Wunsch, mehr zu erfahren, und plötzlich war
Hazel neben ihm und legte ihre Hand auf seinen Arm.
»Los, komm weg hier, Owen. Hier sind wir nicht sicher.
Die Spiegel sind eine Falle; sie zeigen dir alles, was du sehen
möchtest. Komm mit.«
Widerstrebend ließ Owen sich von ihr wegziehen, und die
Gruppe blieb dicht beisammen, bis sie die Spiegelhalle durchquert hatten und auf der anderen Seite an einer weiteren Tür
angelangt waren. Jeder hatte Dinge in den Spiegeln gesehen,
über die er mit niemand anderem sprechen wollte. Sie betraten das nächste Portal und verschwanden, und niemand vermochte zu sagen, ob oder wie lange ihre Bilder noch in den
Spiegeln spukten.
Owen

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