Der eiserne Thron
weiterdrehte und das
Imperium sich ohne ihn entwickelte.«
»Er macht jedenfalls nicht besonders viel her«, brummte
Ruby Reise. »Ich würde es jederzeit mit ihm aufnehmen.«
»Wollen wir ihn wirklich aufwecken?« fragte Jakob Ohnesorg. »Ich meine, er schläft schon seit so langer Zeit, und die
Dinge haben sich geändert. Vielleicht würde es ihm schwerfallen, sich daran zu gewöhnen.«
»Er war ein Krieger«, erwiderte Owen. »Und einige Dinge
ändern sich nie. Familie. Loyalität. Betrug und Verrat. Ich
schätze, er wird sich ziemlich schnell anpassen. Und außerdem brauchen wir ihn.«
»Du hast recht«, stimmte ihm Hazel zu. »Manche Dinge ändern sich nie.«
Owen schwieg. Er trat einen weiteren Schritt vor und schob
die Hand mit dem Ring seines Vaters in die silbern schimmernde Säule aus Licht. Plötzlich umgab ihn blendende Helligkeit, und er mußte den Kopf zur Seite drehen. Owen versuchte zurückzuweichen, doch seine Hand war unverrückbar
in der Säule gefangen. Ein leises Brummen erfüllte den Raum,
als würden unbekannte, uralte Maschinen zu neuem Leben
erwachen, und der Boden schüttelte sich. Eiszapfen brachen
von der Decke herab und krachten wie schwere Dolche zu
Boden. Dann erlosch das blendende Licht mit einem Schlag,
als hätte es nie existiert. Owen blickte wieder zu seinem Vorfahren und sah mit Erstaunen, wie sich die Brust des Mannes
hob und senkte. Dann hob er den Kopf und öffnete die Augen.
Sie leuchteten in einem überraschend sanften Grau, doch sein
Blick war fest und direkt. Er musterte Owen eine Weile, dann
schüttelte er den Kopf.
»Ich kenne dich nicht, aber du trägst meinen Ring.« Seine
Stimme klang ruhig und selbstsicher, die Stimme eines Mannes, der an Macht gewöhnt war. »Gehörst du zur Familie,
Junge?«
»Jawohl, Sir. Mein Name ist Owen Todtsteltzer. Ich bin Euer Nachfahre. Ich bin das Oberhaupt des Todtsteltzer-Clans,
obwohl die gegenwärtige Imperatorin mich ausgestoßen und
für vogelfrei erklärt und versucht hat, mir meinen Titel zu
nehmen. Ich brauche Eure Hilfe, Verwandter. Das Imperium
hat sich gegen mich gewandt, genau wie es sich gegen Euch
gewandt hat. Es ist an der Zeit, daß Ihr Euer Schwert wieder
aufnehmt.«
»Vielleicht, Sohn, vielleicht«, sagte der Erste Todtsteltzer.
»Wie lange habe ich geschlafen?«
»Neunhundertdreiundvierzig Jahre, Verwandter.«
»Und haben sich die Dinge seit meinen Tagen sehr verändert?«
Ȇberraschend wenig, Verwandter. Im Grunde genommen
ist immer noch alles wie zu Eurer Zeit. Ich habe die Vergangenheit des Imperiums studiert. Ich bin Historiker, müßt Ihr
wissen.«
Der ältere Todtsteltzer musterte den jüngeren mit hartem
Blick. »Was soll das denn für ein Beruf für einen Todtsteltzer
sein? In welchen Schlachten hast du gekämpft? In wie vielen
Kriegen?«
»Ehrlich gesagt, in keinem«, gestand Owen. »Ich bin kein
Kämpfer, wißt Ihr?«
Der alte Todtsteltzer schüttelte langsam den Kopf. »Ich war
wohl zu lange weg. Das Blut scheint dünn geworden zu sein.
Aber jetzt laß uns zusehen, daß wir hier rauskommen, Junge.
Mir wird allmählich kalt. Erinnert mich zu sehr an ein Grab. –
Du kannst mich über den Stand der Dinge unterrichten, während wir gehen. Und noch etwas: Nenn mich Giles. So lautete
mein Name, bevor ich den Clan der Todtsteltzer gründete.«
Er ging in Richtung des Ausgangs und ließ dem Rest von
Owens Begleitern eben genug Zeit, zur Seite auszuweichen.
Owen beeilte sich, ihm zu folgen, und seine Kameraden hasteten hinter den beiden Todtsteltzern her.
»Historiker!« brummte Giles nachdenklich. »Jetzt erzähl
mal, wie weit ist die Wissenschaft während meiner Abwesenheit fortgeschritten? Benutzt ihr immer noch Disruptoren?«
»Jawohl, Sir, äh … Giles. Das Imperium hat Wissenschaft
und Forschung all die Jahrhunderte sorgfältig unter Kontrolle
gehalten. Es trägt zur Stabilisierung bei und reserviert allen
Fortschritt für die herrschende Klasse. Eigentlich ein recht
primitiver Weg, um die Macht zu erhalten. Wir benutzen noch
immer Disruptorpistolen. Die Nachladezeiten haben sich allerdings auf zwei Minuten verringert.«
Giles rümpfte die Nase. »Ich schätze, das ist wirklich ein
Fortschritt. Energiepistolen. Kleine Blitzwerfer. Mächtige
Waffen, aber von eingeschränktem Nutzwert. Projektilwaffen
sind viel flexibler, aber sie waren schon damals dabei, sie im
gesamten Imperium zu verbannen, als ich in aller Eile verschwinden mußte. Die Aristokratie wollte, daß
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