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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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irgendwie lebendig
vorzustellen, aber ob das mit Intelligenz zu tun hatte? Die
Vorstellung beunruhigte ihn zutiefst, daß das Labyrinth bewußte Entscheidungen fällen könnte. Er fühlte sich mit einem
Mal wie ein kleines Tier, das in den Eingeweiden eines Riesen lebte. Owen schüttelte entschieden den Kopf. Wie die
Wahrheit auch immer aussehen mochte, er konnte sowieso
nichts daran ändern. Außer vielleicht, daß er seinen Schritt ein
wenig beschleunigte und an etwas anderes dachte. Er konzentrierte seine Gedanken auf den Dunkelwüsten-Projektor , obwohl der Klon nicht viel weniger besorgniserregend war. Er
bemühte sich nach Kräften, von ihm als einer Sache zu denken und nicht als einem Säugling, und noch dazu einem
menschlichen. Das würde es nur schwerer machen, den Projektor zu vernichten, wenn es nötig werden sollte. Das Ding
war jedenfalls sicher, wo es sich im Augenblick befand, mitten im Labyrinth des Wahnsinns und beschützt von einer Armee von Hadenmännern. Ganz besonders, da nur sehr wenige
Menschen wußten, wo der Projektor zu finden war. Er konnte
sich kein besseres Versteck vorstellen.
Zu was mochte das Baby erst fähig sein , wenn es größer
wurde? Wenn es ein Kind war , oder gar ein Erwachsener?
Und was war mit den Milliarden Toten? Vielleicht konnte es
sie wirklich wieder zum Leben erwecken …?
Owen stellte sich vor, wie das Imperium in Flammen aufging. Ganze Planeten, die wie Kohlen in der Nacht brannten.
Die Menschheit niedergemetzelt und in alle Winde verstreut
durch eine Macht, die weit über menschliches Begriffsvermögen hinausging, ohne Hoffnung auf Vernunft oder Gnade. Er
durfte es nicht zulassen. Er würde den Projektor vernichten,
wenn es nötig wurde. Und wenn der Projektor ihn lassen
würde.
Owen folgte Hazel auf ihrem Weg durch das Labyrinth. Sie
bog mal links, mal rechts ab und durchwanderte einen Gang
nach dem anderen, trotzdem schien Owen der Weg nicht zufällig gewählt zu sein. Er mußte nicht erst abwarten, bis Hazel
eine Abzweigung genommen hatte, sondern kannte irgendwie
– auf einer tiefen Ebene seines Bewußtseins – selbst den Weg
hinaus. Es war beinahe, als würde er das Labyrinth in- und
auswendig kennen, ja als hätte er es selbst errichtet. Owen
veränderte sich anscheinend noch immer. Er konnte es spüren.
Die glänzenden Stahlwände schienen jetzt bedeutungsvoller,
sinnvoller als zuvor. Er nahm kaum hörbare Geräusche wahr;
flüsternde Stimmen, als würde das Labyrinth Selbstgespräche
führen. Er spürte den sanften Strom von Energien ringsum,
spürte die Macht unsichtbarer Formen und den andauernden,
subtilen Prozeß der Transformation, doch das ganze Ausmaß
seiner Umwandlung blieb ihm noch immer verschlossen,
nicht nur, weil sie so tiefgreifend war, sondern weil sein
Verstand instinktiv vor einer Antwort zurückschreckte. Er
konnte nicht auf diese Weise denken und gleichzeitig noch
Mensch sein. Owen versuchte, den Gedanken bis zur letzten
Konsequenz weiterzudenken, doch plötzlich hatte er das Labyrinth hinter sich gelassen, und seine stillen Überlegungen
wurden davongeschwemmt, als die Realität über ihm zusammenschlug.
»Wo zur Hölle warst du die ganze Zeit?« schrie Ozymandius in seinem Kopf. »Ich versuche seit sechs Stunden, Verbindung mit dir aufzunehmen!«
»Wovon redest du?« erwiderte Owen. »Wir waren nicht
länger als höchstens zwanzig Minuten im Labyrinth!«
»Die Zeit scheint im Labyrinth langsamer zu vergehen«,
vermutete Giles.
»Das sagt er uns jetzt!« beschwerte sich Hazel. Inzwischen
waren die anderen ebenfalls aus dem Labyrinth gekommen,
und Owen erkannte auf allen Gesichtern den gleichen Ausdruck. Die Erfahrung der kühlen Präzision und Klarheit der
Gedanken im Labyrinth schwand langsam und wich normaleren, menschlicheren Denkmustern. Owen beschloß, sich zu
einem späteren Zeitpunkt mit diesem Phänomen zu befassen.
»Also gut, Oz«, sagte er mit besänftigender Stimme. »Jetzt
beruhige dich und berichte, was in der Zwischenzeit geschehen ist.«
»Vielleicht sollte ich lieber erzählen, was nicht geschehen
ist«, schnappte die KI. »Der Imperiale Sternenkreuzer hat
Mineningenieure und Ausrüstung auf die Oberfläche gebracht
und einen Weg direkt in die Stadt hinunter freigeschossen. Sie
entdeckten den alten Weg, den die Hadenmänner benutzten,
und haben ihn wieder in Betrieb genommen. War nicht besonders schwierig mit den großen Energiewaffen, die sie verwendeten. Im Augenblick

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