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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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gedrückt, so dass ich den Geruch ihrer Haut einsog. Sofort wollte ich wieder aufspringen, aber Frost drückte mich runter, hielt mich in diesem stählernen Sarg fest und brüllte die Zigeunerin an, dass sie wieder zu mir reinklettern solle.
    »Ihre Frau ist noch tief drin«, protestierte sie.
    »Dann lass sie schlafen. Aber häng diesen kleinen Mistkerl hier an und sag mir, was du siehst.« Frost schubste die Zigeunerin auf uns, so dass es jetzt erst richtig eng wurde.
    »Welche Richtung?«, rief sie schnell, und Frost ließ den Deckel noch einen Moment offen.
    »Sein Vater«, zischte Frost mit einem Blick zu mir. »Alles, was er hat.«

Kapitel 13
    E s gab kaum genug Platz zum Atmen, geschweige denn, um sich zu bewegen. Das Innere des Containers war in sanftes, blaues Licht getaucht, weshalb ich Zees Mutter gut erkennen konnte, als ich mich mühsam aufrichtete.
    Ich kam gerade bis in die Hocke, ehe ich an der Decke anstieß, mehr Luft nach oben gab es nicht. Mir gegenüber saß, gebückt und mit gekreuzten Beinen, die Zigeunerfrau, und nun begriff ich, dass sie überhaupt keine Frau war – sie war ein Mann. In einem Rock und so. Mit Stoppeln am Kinn und flach wie ein Brett.
    »Sind Sie der Tripnotyst?«, fragte ich dämlich.
    Der Zigeuner zwinkerte mir nur zu und tippte weiter energisch auf seinem Kontrollfeld herum. Offenbar leisteten einige der Knöpfe seinen dürren Fingern Widerstand.
    Die wenige Luft hier drin war abgestanden und dünn, so dass ich mich genauso erstickt fühlte wie kurz zuvor, als Frost auf mir gesessen hatte. Neugierig musterte ich Zees Mutter, deren Tattoo in dem blauen Licht irgendwie unheimlich aussah.
    Ihr Gesicht war ausdruckslos, ihre Muskeln vollkommen entspannt und ihr Schmuck voller Staub. Ihre Augen wurden von einer Brille geschützt, die aus altem Draht und einigen Metallstücken zusammengesetzt war.
    »Setzen Sie sie auf«, befahl mir der Zigeuner mit einer Stimme, die fast so schrill war wie sein Outfit.
    »Was soll das werden?«
    »Setzen Sie einfach die Brille auf. Ist nicht so, als hätte einer von uns eine Wahl.«
    »Geben Sie mir etwa Drogen?«, fragte ich, den Blick auf den schlaffen Körper neben mir gerichtet.
    »Abdriften oder nicht, das liegt ganz bei Ihnen. Aber wenn Sie sich erst erinnern, werden Sie wahrscheinlich froh sein, abschalten zu können.«
    Der Zigeuner schob mich nach unten, so dass ich wieder auf Frosts Frau lag. Schnell nahm ich ihr die Brille weg und zog sie mir über den Kopf.
    »Versuchen Sie, sich zu entspannen«, riet mir der Tripnotyst, was so ziemlich das Dämlichste war, was ich je gehört hatte. Erst mal mühte ich mich mit der Brille ab und stieß mir dabei die Ellbogen an den Stahlwänden. Dann entdeckte ich die Muster, die an der blauen Decke erschienen.
    Die Brille war vergessen, als ich angestrengt auf das Bild starrte, das zitternd über mich hinwegglitt, mal scharf und mal verschwommen über den Bildschirm flackerte.
    Es war eine Mauer. Eine dicke Betonmauer. Auf einem schmalen Streifen unten am Boden war sie mit schwarzem Graffiti beschmiert, doch der obere Teil verschwand in den Wolken.
    Ich erkannte die Südliche Mauer sofort, auch wenn ich sie noch nie gesehen hatte, noch nicht einmal auf Bildern. Sie führt über den gesamten Kontinent, von der Brandung auf der einen Seite bis zu der auf der anderen Seite. Man hatte sie vor der Dunkelheit gebaut, um die Leute im Süden davon abzuhalten, weiter nach Norden zu kommen.
    »Setzen Sie die Brille auf«, befahl der Zigeuner wieder.
    »Das ist die Südliche Mauer«, flüsterte ich. »Nicht wahr?«
    »Nö.« Der Zigeuner drückte auf einen Knopf, und das Bild verschwand. »Das ist nur eine Erinnerung.«
    *
    Als die Brille so festgezurrt war, dass sie mir in die Haut schnitt, drang nicht einmal mehr der kleinste Schimmer des blauen Lichts zu mir durch. Mein Gesicht fühlte sich plötzlich klebrig an, und ich musste gegen die Panik ankämpfen, die in mir aufstieg. Jetzt war ich blind. Blind und gefangen.
    »Halten Sie Ihre Augen geschlossen«, erklärte der Tripnotyst. »Es sei denn, Sie legen es darauf an, sie zu verlieren.«
    Hastig schloss ich die Augen und hielt den Atem an, als tausend winzige Spitzen meine Lider berührten. Entsetzt schrie ich auf, doch die Nadeln kamen nicht näher. Sie hielten mich nur an Ort und Stelle.
    »Nicht bewegen«, fuhr der Zigeuner fort. Seine Stimme klang plötzlich sanfter, fast schon tröstend.
    Dann setzte die Musik ein. Seltsame, pulsierende Musik.

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