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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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der Decke. »Das ist eine Fütterungseinrichtung. Sie sorgt dafür, dass sie betäubt bleiben, und liefert alles, was man braucht, um ihre Körper stark zu halten und ihre Zellen zu präparieren. Morgen um diese Zeit werden wir eine Lösung beimischen, durch die sie auf die Fusion vorbereitet werden. Und schon wenig später werden sie keine einfachen Menschen mehr sein.«
    Fassungslos starrte ich sie an. Sie platzte fast vor Stolz.
    »Die erste Aussaat einer brandneuen Spezies. Bäume für das Festland. Sie werden sich vermehren wie die weißen Bäume, aber Früchte tragen wie unser Apfelbaum. Und nun«, sie nahm mich am Arm, »wird es Zeit, dass ich dir die Quelle des Ganzen zeige.«

Kapitel 51
    D as Kuppelgebäude nannte sie »Obstplantage«, es war kleiner, und hier war es wesentlich ruhiger als in dem Bunker voller Körper. Wieder öffnete die Schöpferin den Eingang mit ihrer Schlüsselkarte. Sobald wir drin waren, sah ich etwas, das aus einem Alptraum zu stammen schien.
    Ich taumelte, und die Schöpferin fing mich auf. Am liebsten hätte ich sie weggeschubst, mich aus ihrem Griff befreit, aber in meinem Kopf drehte sich alles. Mir war so schwindelig wie damals, als ich krank im Schlammpferch gelegen hatte. Ein sengendes Fieber schien meinen Verstand zu verbrennen.
    Ich hörte die Schöpferin. Sie sagte etwas zu mir. Versuchte zu erklären, was hier geschah. Aber sie bezeichnete den Mann nicht als meinen Vater. Oder Pa. Oder sonst etwas in der Art.
    Sie nannte ihn nur den Erzeuger.
    Eingesperrt, hatte Zee gesagt. Mein Dad sei irgendwo auf der Insel. Weggesperrt. Aber niemand hatte mir etwas Konkretes gesagt. Niemand hatte auch nur das Geringste hiervon erwähnt.
    Sie mussten Pa gar nicht einsperren.
    Sie mussten ihn nicht in Ketten legen.
    Er hatte mich bei den Maisplantagen zurückgelassen. Mitten im Dreck. Aber als ich ihn nun wiedersah, war es so, als würde er mich noch einmal verlassen. Und als würde ich einfach zusehen und zu Stein erstarren, während er mir entglitt.
    Sie hielten ihn in einem großen, alten Wassertank. Einem Tank, in dem goldene Lichter leuchteten. Ich kann gar nicht beschreiben, was sie ihm angetan hatten. Es gab keine Worte für das, was sie da machten.
    Unsicher stolperte ich voran. Ein Teil von mir wollte losstürmen und das Gesicht an die Glasscheibe drücken. Doch ich wartete ab und sah zu, wie die Schöpferin zum Tank schlenderte und die Geräte überprüfte, die daran angeschlossen waren.
    Ich zählte sieben Schösslinge.
    Sie alle waren frisch und leuchtend grün, keimten fleißig in der Flüssigkeit. Zwei von ihnen waren aus Pas Beinen gewachsen und je einer aus seinen Händen. Einer im Gesicht, einer am Bauch. Und der kleinste rankte aus seiner Brust hervor. Direkt aus dem Herzen.
    Pas Haut war grün und knotig. Faserig. Seine Haare sahen aus wie schwarze Zweige. Ein Knäuel aus grünen Wurzeln bedeckte sein Gesicht, und an der Stelle, wo eigentlich sein Mund sein sollte, streckte sich ein Schössling dem goldenen Licht entgegen.
    Ich weiß noch, wie dankbar ich dafür war, dass Pas Augen geschlossen waren.
    Kein leerer Blick aus leeren Augen.
    Zuerst dachte ich, ich müsste kotzen. Einfach alles ausspucken. Aber ich schob mich nur näher heran. Meine Schritte hallten auf dem Betonboden. Ich stellte mich direkt vor den Tank und ging neben den Gummirollen, auf denen er stand, in die Knie.
    Wie auch immer man das Ding bezeichnen wollte, das dort drin schwamm, es war immer noch mein Vater. Beziehungsweise das, was von ihm übrig war. Und wenn diese Frau die Wahrheit sagte, würde er jetzt irgendwie für immer weiterleben. Weiterexistieren.
    Aber nicht so, wie es sein sollte.
    Ich schloss die Augen und stellte mir den Wald vor, den wir immer bauen wollten. Die Metallbäume und unser Haus. Doch jetzt saß ich mitten in diesem Wald, und die Blätter und Äste waren verrostet und brüchig, die Bäume waren nichts als Löcher. Ich hielt unser altes Buch in den Händen, aber die Geschichten waren vergessen. Nun riss ich die Seiten raus, zerknüllte und verbrannte sie, zusammen mit Pas Maisstrohsombrero. Ich hatte auch aufgehört zu essen und war nur noch Haut und Knochen. So würden mich nicht einmal die Heuschrecken anrühren. Niemand rührte mich an, sah mich oder hörte mich, während ich in der endlosen Nacht nach meinem Vater schrie.
    *
    Als ich die Augen aufschlug, schrie ich noch immer. Die Schöpferin hatte die Arme um mich gelegt, ich glaubte zu ersticken. Alles war drückend

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