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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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Bauch und schließlich die Stelle, wo ihre Lippen hätten sein sollen. Dann fing es an zu schneien, und ich saß draußen fest, vollkommen nackt, und zerrte Alpha über die Anhöhe, um ihr die Bäume zu zeigen.
    Schau, sagte ich immer wieder und zeigte auf den weißen Wald. Ich habe dir doch gesagt, dass wir es schaffen würden.
    Aber als ich mich zu Alpha umdrehte, war sie verschwunden. Stattdessen blickte ich über ein Feld aus metallischem Mais, und mitten zwischen dem Mais stand der Apfelbaum. Doch niemand kümmerte sich um den Baum.
    Sie wollten alle nur die Äpfel.

Kapitel 50
    W as treibst du da?«, fragte Zee, als sie entdeckte, wie ich mitten im Wald den gefrorenen Boden bearbeitete.
    »Bergbau«, erwiderte ich. »Hier unten gibt es genug alte Rohre und Blechstücke, um kilometerhohe Bäume zu bauen.«
    »Bäume bauen?« Zee schlug die Kapuze zurück, damit ich sehen konnte, wie verwirrt sie war. »Warum solltest du das tun?« Sie zeigte auf den Wald. »Alle Bäume, die wir brauchen, sind doch hier.«
    »Tja, Zee. Ich bin eben ein Baummeister. Und das werde ich auch immer bleiben. Schätze, entweder ist man etwas, oder man ist es nicht.«
    »So einfach ist das?«
    »Klar doch. Simpel und einfach.«
    »Du willst beweisen, was du kannst«, stellte sie fest und näherte sich der Stelle, an der ich gerade grub. »Du willst es ihr zeigen, richtig?«
    »Ich sehe das so: Erst zeige ich ihr etwas, dann zeigt sie mir etwas.«
    »Und was willst du sehen?«
    »Meinen Vater«, antwortete ich. »Den Mann, wegen dem ich hergekommen bin.«
    »Bist du wirklich sicher, dass du ihn sehen willst?«
    »Wieso? Kannst du mich zu ihm bringen?«
    »Das kann nur die Schöpferin.«
    Ich sah Zee prüfend an. Dieses wunderschöne Gesicht. Und es war schon das dritte Mal, dass die Welt es erblickte. Das Original war alt geworden, doch die nächste Version nicht. Und bald war Zee an der Reihe, zu strahlen und zu glänzen.
    Zumindest solange ihre Lunge mitspielte.
    Sie gehörte zur Familie, war mein Fleisch und Blut. Aber ich konnte ihr nicht trauen, kein Stück. Sie verhielt sich so, als wünschte sie sich, wir wären uns immer nah gewesen. Doch damals im Zelt des Tripnotysten hatte sie entweder versucht, mich zu retten, oder in Windeseile die Seiten gewechselt – was davon zutraf, hatte ich bis jetzt nicht herausgefunden. Und unabhängig davon schien sie sich mit dem, was hier auf Promise Island vorging, ziemlich wohl zu fühlen. Was wahrscheinlich nur logisch war. Ich meine, die Kleine hatte sich auf diesem Schrotthaufen echt gut eingefügt. In mir stieg die Erinnerung an jene Nacht auf, als ich sie schlafend in Frosts Haus gefunden hatte. Ihr ganzer Körper war zerschlagen und geschunden gewesen, und wie lange hatte sie so leben müssen? Wie lange hatte sie unter Frost gelitten, weil unser Vater Hina verlassen hatte?
    Ich würde sie mitnehmen, beschloss ich. Aber sie durfte nichts davon wissen. Noch nicht.
    »Pass gut auf, Schwester«, sagte ich und versenkte meine Schaufel wieder im Schneematsch. »Vielleicht lernst du noch was.«
    »Schwester?« Sie schenkte mir ein merkwürdiges Lächeln. »Na ja, wenn du so wild entschlossen bist, sollte ich uns vielleicht etwas Hilfe besorgen, oder?«
    *
    Zee brachte mir Agenten mit. Ein ganzes Dutzend von den Idioten. Als sie auftauchten, trugen sie alle dicke, violette Kapuzenmäntel, aber als ich sie erst mal zur Arbeit verdonnert hatte, legten sie schnell einige Hüllen ab.
    Ohne Uniform waren die Agenten einfach nur Menschen. Niemand, irgendjemand, Männer und Frauen, alt und jung. Sie hatten nicht dieselben Gesichter, warum trugen sie also alle dieselben Klamotten? Warum verkauften sie sich so unter Wert, nur um dem Plan eines anderen zu dienen?
    Vielleicht waren sie einfach schwach. Die meisten von ihnen hatten nicht einen Tag in ihrem Leben richtig gearbeitet. Sie waren zu sehr daran gewöhnt, den Finger am Abzug zu haben und andere herumzuscheuchen. Etwas zu erschaffen, die harte Schufterei des Bauens, die Anstrengung, eine Sache in eine andere zu verwandeln – das war ihnen fremd.
    Durch die Spaten bekam ihre zarte Haut Blasen, und am liebsten hätten sie einen Presslufthammer eingesetzt, um meinen Schrott freizulegen. Ich erklärte ihnen, dass die Sachen dadurch nur zerstückelt würden. Und dass sie weniger reden und mehr graben sollten.
    Bis zum Abend hatte ich einen Stapel Aluminiumrohre, einige Radkappen, jede Menge alte Flaschen und Dosen, eine Rolle mit dickem Kabel,

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