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Der eiskalte Himmel - Roman

Der eiskalte Himmel - Roman

Titel: Der eiskalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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großen, tiefroten Augen sehen mich How und McLeod an, die die ganze Nacht Eis geschmolzen und in die zwei Trinkwasserfässer für die CAIRD gefüllt haben. Hownow überreicht mir ein Foto seiner Frau, auf dessen Rückseite er einen kurzen Gruß gekritzelt hat, und Stornoway steckt mir wortlos einen Kamm zu, noch in seinem Pergamentpapierhüllchen.
    Orde-Lees wartet, bis wir alle Dinge eingesammelt haben; nervös stakst er über den Strand. Endlich nimmt er sich ein Herz, tritt vor Shackleton und salutiert: »Sir! Ich hoffe, mich von dem tiefen Respekt, den ich Ihnen schulde, nicht allzu weit zu entfernen, wenn ich Sie bitte, dies mitzunehmen nach Südgeorgien. Es gehört Ihnen!« Damit holt er Shackletons goldene Uhr hervor und überreicht sie auf der offenen Hand. Shackleton weiß vor Verblüffung nichts zu sagen. Er nimmt die Uhr und führt sie zum Ohr.
    Â»Sie geht noch, Sir!« Orde-Lees bricht in Tränen aus.
    Während das zur Flutlinie hinuntergeschleppte Boot beladen wird, gibt Shackleton im Hauptzelt letzte Anweisungen, »Anweisungen für die Zeit der Abwesenheit«. Er schreibt zwei Verfügungen. In Hurleys Tagebuch notiert er, dass im Falle seines Ablebens alle Rechte an dem während der Expedition aufgenommenen Filmmaterial in Hurleys Besitz übergehen; außerdem vermacht er dem entzückten Prinzen sein großes Fernglas.
    Ins Logbuch schreibt er einen Brief an Frank Wild, der diesem das Kommando über die auf der Insel verbleibenden Männer überträgt; ferner wird Wild ermächtigt, im Falle von Shackletons Tod an dessen Stelle Vorträge über die Expedition zu halten sowie gemeinsam mit Orde-Lees und Hurley ein Buch über die Reise der ENDURANCE zu schreiben.
    Â»Geschätzter Herr«, heißt es am Schluss des Briefs, den jeder von uns lesen darf, »ich habe und ich hatte stets das vollste Vertrauen zu Ihnen. Möge Gott Ihr Werk und Ihr Leben segnen. Sie dürfen meiner Familie meine innigsten Grüße übermitteln und sie versichern, dass ich sie liebe und mein Bestes gegeben habe.«
    Ich begleite Shackleton zu den Männern, die zu schwach sind, um die Abfahrt des Bootes vom Strand aus mitzuverfolgen. Rickenson erholt sich von einer leichten Herzattacke; McIlroy sitzt bei ihm, er legt eine Patience auf Rickensons Bauch und verbietet ihm schon deshalb jede Bewegung. Nebenan liegt Green; er verweigert jede Nahrung, und gerade weil McIlroy offensichtlich beauftragt ist, ihn zu beschwichtigen, gibt sich Green ganz dem Groll hin. Shackleton setzt sich zu ihm auf die Matte. Er fordert Green auf, meinen Nachfolger zu bestimmen.
    Green röchelt. »Nachfolger für den da? So einen faulen Lumpen gibt es nicht noch mal. Proviantmeister!« Er lacht böse, bevor ihn ein ebenso böser Husten schüttelt, an dem er fast erstickt, aber nur fast.
    Â»Komm, Charlie, sag mir: Wen möchtest du zur Schnecke machen? Ich weiß doch, dass du es auf jemanden abgesehen hast.«
    Â»Ich? Die sollen sich alle zum Teufel scheren.«
    Â»Stevenson«, sagt Shackleton. »Wie wäre es mit dem?«
    Â»Gib mir eine Zigarette, Merce«, piepst Mutter Green süß und richtet sich auf.
    Holness ist nicht mehr bei Bewusstsein. Bei ihm hält Doktor Macklin Wache. Er berichtet Shackleton, dass McIlroy vergangene Nacht beim Zusammenstellen des Bootsproviants auf das verloren geglaubte Chloroform gestoßen ist.
    Â»Damit werden wir amputieren können, Sir.«
    Holie atmet ganz ruhig; auf seiner Stirn stehen Schweißperlen, und ab und an überläuft ein sachtes Zucken seinen Körper. Shackleton beugt sich hinunter zu ihm, und während ich dasselbe in Gedanken tue, drückt er Holies zitternde Hand.
    Wild holt uns aus dem Zelt. Denn nun ist das Boot bereit: »Es ist alles verladen, Ernest!« Ich gehe hinter den beiden Männern her und sehe, bei leichtem Schneetreiben über der Bucht sitzen Worsley und Bakewell im vorderen und Vincent und Crean im hinteren Einstieg. Ein Halbkreis aus Männern öffnet sich vor uns, und ein Dutzend anderer steht schon bereit, die CAIRD zu Wasser zu lassen. Hände, ich weiß nicht, welche, helfen mir an Bord, und erst da fällt mir ein, dass ich mich von keinem verabschiedet habe. Ich winke; und ich kann nicht mehr aufhören damit, während Shackleton jedem die Hand schüttelt. Ich winke noch immer, als er Frank Wild in den Arm nimmt und nicht mehr

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