Der Eisplanet
noch vor der Aufgabe, vielen argwöhnischen Leuten – vornehmlich der TT-Partei – zu beweisen, daß die Methode auch psychisch Erfolg hat. Wir müssen ihnen beweisen, daß Sie eine dauerhaft stabilisierte Persönlichkeit besitzen.«
»Mit anderen Worten«, sagte Idris, »wenn ich mich nach minervischen Vorstellungen normal verhalte, wird man das Unsterblichkeitsprojekt akzeptieren.«
»So ist es.« Manfrius de Skun seufzte. »Ich wünschte, Sie wären weniger intelligent. Es würde uns manches erleichtern ... Ich hätte dafür sorgen können, Kapitän Hamilton, daß Sie jetzt weniger intelligent wären. Wir haben Ihr Gehirn jahrelang sorgfältig studiert. Bestimmte Hirnzonen hätten sich modifizieren lassen.«
»Ich bin dankbar, daß Sie es nicht getan haben.«
»Nach ethischen Gesichtspunkten besaß ich dazu kein Recht. Aber es wäre leicht gewesen. Sehr leicht.«
»Ich bin Ihnen dankbar. Ich bewundere Ihre Redlichkeit.«
Manfrius de Skun lachte grimmig. »Vielleicht werde ich es einmal bereuen. Die TT-Partei hält Sie bereits für eine Art kultureller Zeitbombe.«
Idris schwieg einige Augenblicke. »Dr. de Skun«, sagte er schließlich, »ich schulde Ihnen viel. Nein, sogar alles – mein Leben. Sie hätten diese ärgerniserregenden Hirnzonen in der Tat ausbrennen sollen. Aber ich bin meiner Verpflichtung bewußt. Für eine Zeitlang werde ich mich wie ein minervischer Musterbürger benehmen.«
»Für eine Zeitlang? Wie lange ist das?«
»Bis das Unsterblichkeitsprojekt absolut gesichert ist.«
»Und dann?«
»Dann werde ich mir eine Mannschaft für die Amazonia suchen und zur Erde starten.«
»Sie sind wahnsinnig.«
»Machen Sie sich keine Sorgen, Dr. de Skun. Es handelt sich um eine Form kontrollierten Wahnsinns.«
»Ich könnte den Hohen Rat über Ihre Absichten informieren.«
»Aber Sie werden es nicht tun. Es würde als Bestätigung dafür ausgelegt, daß ich unzurechnungsfähig bin. Daraus ergäbe sich der Abbruch des Unsterblichkeitsprojekts, das weitere Absinken der Lebenserwartung, schließlich das Ende des Lebens auf Minerva ... Wieso ist Zylonia Ihre Tochter? Sie trägt einen anderen Namen.«
»Wir kennen keine Dauerehen, Kapitän Hamilton. Deshalb verläuft die Abstammungslinie mütterlicherseits. Das ist einfacher.«
»Natürlich. Hätte ich mir denken sollen.« Idris grinste. »Womöglich haben Sie doch ein paar Zellen aus meinem Hirn gebrannt, Dr. de Skun.«
Geräuschlos hielt der Lift. Die Türen öffneten sich. Idris trat hinaus unter die Kuppel, deren transparente Wände Leuchtstreifen durchliefen. Er starrte durch die dreifache Plastikglaswand nach draußen und sah – gar nichts. Seine Enttäuschung war bitter.
Zylonia zitterte und fürchtete sich anscheinend.
»Frierst du?«
»Nur psychisch. Wenige Minervier kommen hier hinauf. Die Welt, die sie geschaffen haben – Wärme und Sicherheit –, liegt in der Tiefe. Hier oben spürt man davon nichts, man wird auf die Öde außerhalb aufmerksam.«
»Ich vermag nichts zu sehen.«
»Du kannst.« Sie drückte einen Kontakt neben dem Lift, und die Kuppel verdunkelte sich.
Als sein Augenlicht sich den neuen Lichtverhältnissen angepaßt hatte, sah Idris das zeitlose, unveränderliche Blinken der Sterne. Ihr Anblick hob seine Stimmung. Es war lange her, seit er sie zuletzt gesehen hatte. Fünf Jahrtausende. Er trat dicht vor die Transparentwand und spähte nach unten. Im Sternenlicht konnte er einige verwaschene Umrisse ausmachen – offensichtlich Felsen. Er glaubte eine Spiegelung der Sterne zu erkennen, wie auf einer Wasserfläche. Er blickte wieder auf und hatte den Eindruck, daß Wolken die Sterne verdeckten. Aber das konnte Täuschung sein. Wahrscheinlich handelte es sich lediglich um irgendeinen dünnen Niederschlag auf der Außenseite der Transparentwand.
Idris lachte nervös. »Ich glaube, ich sehe Wahnbilder. Wasser und Wolken ... Gäbe es nur mehr Licht.«
»Dann machen wir welches«, sagte Zylonia. Sie drückte einen anderen Kontakt. Plötzlich war das Gelände rings um die Kuppel in einem Radius von etwa einem Kilometer strahlend hell erleuchtet. Fasziniert starrte Idris hinaus. Es gab tatsächlich Wolken – groß, fließend, flockig, ähnlich wie die Wolken der Erde – an dem dunklen Himmel. Und es gab wirklich Seen, manche ausgedehnt, manche waren nur große Pfützen. Kristallische Felsen glitzerten wie riesige Diamanten. Er blickte aufwärts und wurde sofort von der künstlichen Lichtquelle
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