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Der Eisvogel - Roman

Der Eisvogel - Roman

Titel: Der Eisvogel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Tellkamp
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Wenn ich, sagen wir, von Wiggo, die bedingungslose Unterordnung unter meine Befehle verlange, bin ich dann böse – weil ich dich auslösche, das, was du warst? Und ist es nicht ein wenig so auch in der Liebe? Wer sich verliebt, ist nicht mehr der, der er vorher war ... Ist das böse? Hm, was meinst du, Wiggo, ist nicht auch die Liebe im Grunde eine bösartige Angelegenheit ... Oder bin ich gut, dennwie du mir zu verstehen gegeben hast, kommst du mit deinem Leben nur schwer klar, und wäre es da nicht eine Erleichterung für dich, die Verantwortung für dein Leben abzugeben, es in die Hände eines Freundes zu legen? Nämlich in meine ... Tue ich dir damit nicht einen Gefallen, ist es nicht etwas, das du dir insgeheim wünschst? – Nein, das wünsche ich mir nicht, entgegnete ich ruhig und, das erstaunte mich selbst, beinahe heiter. Ich bin kein Sklave, und solltest du das von mir fordern ..., – Oho! Er ist stolz, unser Philosoph, sehr stolz, findet ihr nicht? Nein, Wiggo, Sklaven nützen mir nichts, jedenfalls vorläufig nicht. Partner, die nützen der Organisation. Partner, die aufgrund freier Willensentscheidung ein Stück von sich abgeben, etwas opfern im Dienst der Aufgabe ... Das ist es, woran es uns in dieser Zeit mangelt, etwas opfern zu können, von seinem Glück (er lachte), seinen Wünschen, für ein übergeordnetes Ziel ... Glaubst du, dein Vater hat ein übergeordnetes Ziel? – Hör auf damit. – Wollte dich nur mal ein bißchen provozieren. Wollte sehen, wie du reagierst, was du taugst. Er lachte hämisch. – Ich finde das nicht lustig. – Soll’s auch nicht sein. Vielleicht bist du nur eins der üblichen Großmäuler. Vielleicht taugst du nichts? Hm, Wiggo? Große Pläne, kleine Ergebnisse? Der Berg hat gekreißt – und hat eine Maus geboren ... – Halt deinen Mund, das sage ich dir, halt deinen Mund! Diese Sprache kenne ich ... – Von deinem Vater? – Woher weißt du das? Was hast du mit meinem Vater zu schaffen? – Er ist ein potenter Geldgeber der Usar-Holding ... Und damit auch unserer Organisation, haha; man interessiert sich halt, woher das Geld kommt, das uns helfen soll, das Großkapital anzugreifen ... – Mein Vater ist bei euch? – Wo denkst du hin. Das hättest du wohl gerne. Nein. Dein Vater ist ein vernünftiger, allen umstürzlerischen Ideen abholder, praktisch gesinnter Mann, kurz: eins von den typischen kapitalistischenArschlöchern, wie sie nicht nur in diesem Land häufig vorkommen. – Das nimmst du zurück! – Ein Geldsack. Konservativ bis auf die Knochen. Einer, der mit dem üblichen Leben dealt. Ein Alltagsdealer. Ein Scheißehändler. – Mauritz, hör auf! rief Manuela. – Er liebt dich, weißt du das? Mauritz lachte. Ja, er ist ein wenig in dich verknallt, unser Philosoph. Kein Wunder. Eine Frau wie dich trifft man nicht oft. – Sie sind betrunken, Herr Kaltmeister, und wenn Sie betrunken sind, werden Sie zu allem Überfluß auch noch geschmacklos. Edgar stand auf und ging ein paar Schritte in den Garten. Er hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt, wippte auf den Fußspitzen, ruckte mit den Schultern, um der Erregung Herr zu werden. – Betrunken? Wo denken Sie hin! Und schon gar nicht von den hervorragenden Erzeugnissen Ihrer kapitalistischen Destille, Herr Lothmann! Übrigens meinte ich eigentlich deinen Vater, Wiggo. Mit dem: Er liebt dich. – Du kotzt mich an. Laß mich in Ruhe. Davon stimmt kein Wort. Du hast keine Ahnung von ihm, von uns, von mir. Du kennst ihn nicht. Du kennst mich nicht. – Soso. Vielleicht besser als du denkst. Du glaubst also, daß dein Alter dich haßt. Wie ist das eigentlich so, mit Vater? Ich meine: aufzuwachsen? Hat er dir Märchenbücher vorgelesen? Oder Kontoauszüge? Hat er dich verdroschen? Seid ihr zusammen wandern gegangen oder in die Pilze? Mauritz prustete vergnügt. Hat er dir was über Frauen erzählt, ja? Hat er? Ich sah an seinem hellen Gesicht vorbei. Ich war auf einmal sehr müde.
    – möchten Sie Kinder haben, Herr Kaltmeister? Edgar hatte sich wieder hingesetzt und trank sein Whiskeyglas in großen Zügen leer. – Kinder? – Ja, wie ich sagte. Finden Sie nicht, daß das, was Sie postulieren, jeder Mensch befolgt, der ein Kind in die Welt setzt? Verkörpern Kinder nicht die natürliche Form von Zukunft und damit ... Hoffnung? – Haben Sieüberhaupt begriffen, was ich will? Ich spreche von radikaler Umwälzung und von der Beseitigung der Demokratie, und Sie ... kommen mir mit Kindern! Mit Familie gar,

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