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Der Elbenschlaechter

Der Elbenschlaechter

Titel: Der Elbenschlaechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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Pilzfleisch und einigen Zusätzen jene kautabakähnliche Substanz herstellen ließ, von der heute jedem Angehörigen der Vampyrrasse eine staatlich zugeteilte Monatsration zusteht.«
    »Das Zodiuc-Programm«, brummte Jorge und nickte. »Ich habs kapiert.« Er stieß Hippolit mit dem Ellenbogen an. »Wir Trolle haben übrigens ein Sprichwort, das sich auf die ollen Blutsauger …«
    Mit einer raschen Geste brachte Hippolit seinen Assistenten zum Schweigen. Er hatte während seines Wortwechsels mit der Königin unauffällig den Blick abgewandt, um die Diskrepanz zwischen ihrer wohltönenden Stimme und ihrem grotesk verschrumpelten Leib besser ignorieren zu können. Nun wandte er sich der Monarchin wieder zu, die Brauen von Neuem fragend erhoben. »Sie befürchten, die momentanen Spannungen infolge der Pfuhl-Morde könnten sich zu ähnlichen Unruhen auswachsen wie anno 1983?«
    Noch bevor die Königin antworten konnte, registrierte Hippolit die ernsten Mienen Meister Arnolts sowie der beiden Prinzen, die wenig Zweifel daran ließen, dass genau dies die Angst war, die die Herrscherin und ihre Berater umtrieb.
    Er drehte den Kopf und fixierte Hilfe suchend Prinzgemahl Ericrich. Vielleicht würde der Milde ihm die ungebührliche Aufgabe abnehmen, der Königin zu erklären, dass ihre Befürchtungen, zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt, etwas übertrieben waren?
    Doch der blutarme Affe saß nach wie vor bewegungslos inmitten kostbarer Seide und feinsten Kaschmirs und stierte mit leerem Blick die Wand an. Er würde niemandem widersprechen und nichts erklären.
    Seufzend wandte sich Hippolit in die andere Richtung, um zumindest seinem Assistenten durch eine subtil in die Höhe gezogene Augenbraue seine Skepsis zu signalisieren. Als sein Blick jedoch jene Stelle erreichte, wo der Troll vor wenigen Augenblicken noch gestanden hatte, machte er eine überraschende Entdeckung.
    Jorge war verschwunden.

6
     
     
     
    Obwohl sie in Nophelet nicht allzu weit verbreitet waren und in der Regel nur dem besser situierten Teil der Bevölkerung zur Verfügung standen, hatte Jorge schon Wasserklosetts gesehen. Einmal hatte er sogar eines benutzt, während eines Falles, bei dem er und Hippolit einen verdächtigen Angestellten des Ministeriums für Abgewandelte Theosykratie in dessen Privatpalast zunächst verbal – und schlussendlich im wahrsten Sinne des Wortes – auf den Zahn gefühlt hatten. Er wusste, dass die Dinger über einen direkten Zugang zum Kanalsystem von Nophelet verfügten, ein Areal, über das wilde Gerüchte kursierten. (Eines davon besagte, dass unter der Stadt eine Rasse mutierter, mannsgroßer Egel lebte, die sich ausschließlich von Fäkalien ernährten; aber das war natürlich nur ein städtischer Mythos, wie es sie in jeder größeren Metropole gab.)
    Die Wasserklosetts, die Jorge bisher gesehen hatte, waren nicht sonderlich schmuckvoll gewesen, halbrunde braune Tonovale mit einem Loch in der Mitte, durch die nach Betätigung eines Hebels faulig riechendes Wasser gurgelte und die Bescherung ins Unbekannte beförderte; eine technische Errungenschaft, die Jorge keine übermäßige Bewunderung abrang.
    Was ihm dagegen im königlichen Palast geboten wurde, überraschte ihn.
    Während der Nachhilfestunde in sdoomischer Geschichte, in der sich Hippolit, Meister Arnolt und die Königin ergangen hatten, war sein Blick immer wieder zu einer goldumrahmten Tür auf der rechten Seite des Thronsaals gewandert, hinter der in unregelmäßigen Abständen Bedienstete verschwanden. Blitzgescheit vermutete er einen Personalabort auf der anderen Seite der Tür, und wie aufs Stichwort verspürte er fast augenblicklich ein spontanes Drängen in seinen Därmen. Bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit setzte er sich unauffällig ab – so unauffällig, wie es ein acht Fuß großer, schwarz gekleideter Troll eben vermochte.
    Hinter der Tür lag ein kurzer, von prunkvollen Vasen flankierter Flur und an dessen Ende eine weitere Tür aus dunklem Wurzelholz.
    Hätte ihn die Absurdität dessen, was er dahinter vorfand, nicht für endlose Sekunden sprachlos gemacht, Jorges brüllendes Lachen hätte wahrscheinlich die komplette, bis an die Zähne bewaffnete Leibgarde der Königin dazu veranlasst, die Bedürfnisstätte zu stürmen.
    Der Raum war ganz in hellblauem Kristall gehalten. Warmes Sonnenlicht fiel grün gefiltert durch kunstvoll geschnitzte Läden und eine Wand aus saftigen, urwaldartigen Pflanzen, die vor jedem Fenster aufragte.

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