Der Elbenschlaechter
Vampyren zur Folge gehabt.
»Es war dieser historische Zwischenfall, der vor über tausendzweihundert Jahren zur Einführung des Zodiuc-Programms führte«, erklärte Hippolit seinem Assistenten, nachdem er ein zustimmendes Kopfnicken der Königin abgewartet hatte. »Und dazu, dass die Vampyre eigens für sie angelegte Katakombensysteme am Stadtrand beziehen durften.«
»Das Flatulgetto«, warf Jorge mit wissendem Blick ein.
Hippolit sah davon ab, den Troll darauf hinzuweisen, dass das Viertel seine umgangssprachliche, auf den Stammvater der Vampyrrasse verweisende Bezeichnung erst viele Jahre später erhalten hatte. Stattdessen fuhr er fort: »Der damalige König, Kraninger III., verfügte, dass die Vampyrpopulation, die seit den Zeiten Flatuls in Sdoom überdauert hatte – schätzungsweise vier-bis fünftausend an der Zahl – einen eigenen Stadtteil zugewiesen bekam. Dort sollte es ihnen gestattet sein weiterzuexistieren, frei und unter ihresgleichen, sofern sie sich im Gegenzug verpflichten, nie wieder menschliches Blut zu konsumieren und sich stattdessen von Tierblut zu ernähren.«
Jorge machte ein verständnisloses Gesicht. »Und wo lag das Problem? Das tun die Blutsauger doch bis heute. Sie züchten sogar ihr eigenes Vieh, um ihren Bedarf zu decken, in riesigen unterirdischen Korralen.«
»Das Problem bestand darin«, mischte sich Meister Arnolt ein, der das bisherige Gespräch aus dem Schatten einer Säule neben der Thronempore verfolgt hatte, »dass man zu diesem Zeitpunkt noch nichts über die schmerzstillende Wirkung des Zodiuc-Pilzes auf den Organismus der Vampyre wusste.«
Als der kleine Mann mit dem pechschwarzen Seitenscheitel Jorges ratlose Miene bemerkte, fuhr er rasch fort: »Wie Sie bestimmt wissen, Agent Jorge, verursacht der Genuss tierischen Blutes einem Vampyr unerträgliche muskuläre Schmerzen. Unvorteilhafterweise wirkt keines der Medikamente, die man Menschen oder Elben zur Linderung körperlicher Pein verordnet, bei den Kindern Flatuls, weswegen …«
»Die Verordnung Kraningers III. führte folglich zu einem Aufstand unter den Vampyren«, ergriff Hippolit wieder das Wort. »Sie sahen sich vor die Wahl gestellt, ihr Leben entweder in unbeschreiblicher Qual zu verbringen oder zu verhungern. Tausende von ihnen gingen auf die Straßen und protestierten gegen den Erlass. Und wie immer bei Aufmärschen dieser Größenordnung ging die Sache nicht gerade glimpflich aus.«
»Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen den Protestierenden und anderen in Nophelet ansässigen Volksgruppen«, verkündete die Königin mit heller Stimme. »Ausschreitungen, umgestürzte Droschken, brennende Vulwoogs, Plünderungen und so fort. Rasch gab es erste Todesopfer zu beklagen.«
»Zumeist Menschen, die von Gruppen marodierender, vor Hunger wahnsinniger Vampyre regelrecht geschlachtet wurden«, warf Meister Arnolt mit unverhohlenem Abscheu ein. »Geschlachtet und geschachtet!«
»Bei Batardos«, murmelte Jorge beeindruckt. »Das waren Zeiten. Damals war noch was los in Nophelet!«
»Von diesem Punkt an schaukelten sich die Ereignisse mit beunruhigender Geschwindigkeit auf«, ignorierte Lislott II. die Unterbrechung. »In der nächsten Nacht – der Nacht zum Born des einundzwanzigsten Zenits des Jahre 1983 – trafen Tausende Menschen und Vampyre auf dem Platz der Göttin Vamba aufeinander und bekämpften sich mit äußerster Heftigkeit. Die Kanäle unter dem Stadtzentrum quollen über vor Menschenblut, der Gestank schwarzer Wundjauche, die bei der Pfählung aus ungezählten Vampyrleibern schoss, verpestete auf Tage die Luft der Innenstadt.« Die greise Königin holte tief Luft. »Allein dem jüngsten Sohn des Königs, Prinz Hydrolph, war es zu verdanken, dass die Kämpfe noch vor dem Ende jenes schicksalhaften Tages eingedämmt werden konnten – Lorgon sei Dank! Wer weiß, was sonst mit dieser Stadt geschehen wäre?«
»Der junge Thronerbe war seit Kindertagen fasziniert von den Wissenschaften, allen voran Medizin und Alchemie«, brachte Meister Arnolt den geschichtlichen Rückblick zu einem Abschluss. »In seinem reichhaltig ausgestatteten Labor im Keller des königlichen Palasts hatte er seit Längerem mit dem Zodiuc experimentiert, einem wenig ansehnlichen, für Menschen ungenießbaren Schwammpilz, der in den sumpfig-feuchten Regionen im Südosten des Landes wächst. Allein der Gnade Vambas ist es zu verdanken, dass der halbwüchsige Prinz rechtzeitig herausfand, wie sich aus getrocknetem
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