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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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McDonald’s nennen«, flachste Sofia. »Hm, wie ich wohl heißen würde?«
    Ricarda überlegte. »Vielleicht die Strahlende ? Das würde zu dir passen.«
    »He, gute Idee, das würde mir gefallen.« Sofia zwirbelte sich eine Locke um den Finger.
    Dann waren sie angekommen auf den Feldern, die heute Futter für die Elefantenherde liefern sollten. Sie waren zwar schon abgeernet, doch die Reste reichten aus und vor allem kosteten sie nichts. So kraftvoll sie konnte, hackte Ricarda mit der Machete, einem langen Messer, auf die Stängel ein und half die fertigen Bündel auf die Ladefläche zu werfen. Später fuhren sie noch in den Wald und ernteten Bambus, das war harte Arbeit, die Sofia und Ricarda schon nach kurzer Zeit den Männern überließen.
    »Puh, ich hoffe, das machen wir jetzt nicht jeden Tag«, stöhnte Sofia und betrachtete ihre wunden Hände. »Ich glaube, ich kriege eine Blase, siehst du, da!«
    »Tja, ist halt richtige Arbeit«, meinte Ricarda und hielt erschrocken inne. Was für ein blöder Spruch – Sofia wusste ziemlich gut, was richtige Arbeit war. Im Januar war ihre alleinerziehende Mutter mit einer schweren Gelbsucht ins Krankenhaus eingeliefert worden und hatte, weil Komplikationen aufgetreten waren, mehrere Monate Klinikaufenthalt verordnet bekommen. In dieser Zeit mussten die drei Kinder nicht nur die Schule, sondern auch noch den Haushalt stemmen. Nur leider war Sofias älterer BruderClemens gerade in einer Prüfungsphase und der kleine Bruder Alex noch zu jung, um viel übernehmen zu können, deshalb blieb das meiste an Sofia hängen. Putzen, kochen, waschen, einkaufen und die Mutter besuchen – da blieb nicht mehr viel Freizeit übrig, und auch Sofias Schulnoten gingen in den freien Fall über. Sie war zu stolz gewesen, um den Lehrern zu sagen, warum sie immer öfter ohne Hausaufgaben in die Schule kam. Lilly und Ricarda hatten geholfen, so gut sie konnten, und Sofias Vater hatte für einmal die Woche eine Putzfrau spendiert, trotzdem war es eine harte Zeit gewesen. Ricarda wusste, dass Sofia ihrem Vater die kaum vorhandene Unterstützung noch immer übel nahm. Einen wichtigen Auftrag hatte er zu der Zeit gehabt, na toll.
    »Schon ein bisschen bescheuert, dass wir in den Ferien schuften, was?« Sofia lächelte schief.
    Ricarda strich sich die Haare zurück. Sie spürte, wie das schlechte Gewissen sich in ihr ausbreitete wie eine giftige Lache Öl. Eigentlich hätte Sofia einen Strand, ein paar Palmen und viel Erholung besser gebrauchen können als die Plackerei hier. »Tut mir leid, dass ich dich dazu überredet habe.«
    »Ach, hör auf, du weißt genau, dass mir das Spaß macht.« Energisch stand Sofia auf und scheuchte dabei ein paar gelbe und weiße Schmetterlinge auf, die am Rand einer Pfütze hockten und wahrscheinlich mit ihren winzigen Rüsseln daraus tranken. »Ich glaube, es gibt heute kein Gewitter. Cool, was?«Beim Training am Nachmittag lernte Ricarda wieder neue Kommandos. Es war ein tolles Gefühl, als sie es zum ersten Mal schaffte, Daeng nach rechts und links zu dirigieren. Das Geheimnis war der Befehl baen – ausgesprochen bän – und ein Zehenschubs hinter das entgegengesetzte Ohr. Als Nächstes zeigte ihr Kaeo, wie sich Daeng auf das Kommando non long seitlich hinlegen konnte. Daeng gehorchte brav und schielte dann auf dem Boden liegend verschmitzt zu ihnen hoch. Sie schien es ganz bequem zu finden, ein kleines Päuschen auf dem Boden einzulegen, ihr Rüssel lag schlaff auf dem Boden wie ein Stück Feuerwehrschlauch. Doch als Kaeo luk rief, kam sie erstaunlich rasch und geschickt wieder auf die Füße.
    Am Ende des Trainings gab Ricarda ihrer riesigen Freundin einen Kuss auf die grau-rosa Stirn und war glücklich. Es fühlte sich heute schon viel weniger ungewohnt an, mit Daeng zusammen zu sein, mit ihr zu arbeiten. Ricarda konnte kaum glauben, dass sie in ihren allerersten Tagen hier schon so viel gelernt hatte. Trotzdem, noch war so vieles neu und fremd und anders.
    Anscheinend hatte sie dadurch, dass das Training heute so geklappt hatte, vor Kaeo eine Art Probe bestanden. Er reichte ihr einen Metallstab mit Dorn an der Spitze, wie auch er einen trug. »Hier, das ist ein Ankush für dich. Trag ihn im Gürtel, so! Ist Tradition.«
    Ricarda zögerte, griff noch nicht zu. »Aber … ich soll Daeng doch damit nicht schlagen, oder?«
    »Nein, nein! Manche Mahouts benutzen Ankush ,um zu zeigen, wer der Boss ist, aber hier machen wir das nicht.«
    Es schien zu stimmen, Daeng

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