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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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betrafen.
    Es klopfte und Chanidas Gesicht lugte durch die Tür ihrer Hütte. »Der Bus fährt bald, wollen wir los?« Ricarda folgte ihr nach draußen, blickte sich um … und bemerkte sofort, wer fehlte.
    »Wo ist eigentlich Nuan, der wollte doch mitkommen?« Ricarda strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Ihr Herz klopfte.
    »Ich habe ihn heute noch nicht gesehen. Vielleicht ist er erst zum Haupthaus gegangen … ich fürchte, ich habe vergessen ihm einen Treffpunkt zu sagen.«
    Ricarda stöhnte. Sie teilten sich auf, um Nuan zu suchen. Chanida übernahm es, bei den Mahouts herumzufragen, Ricarda schaute sich auf den Übungsplätzen um und Sofia lief den Weg zum Fluss ein Stück weit hinab.
    Ricarda ging rasch, ihr Atem kam in kurzen Stößen. Ihre Hoffnung auf einen schönen Tag bröckelte, zerfiel langsam. Sie ahnte schon, dass sie Nuan nicht finden würden. Es wäre ja nicht das erste Mal. Die waren einfach weg. Wie Geister.
    Aber warum? Er hätte doch einfach sagen können, dass er nicht mitwollte. Oder hatte er das sogar und sie hatten ihn nicht richtig verstanden? Was waren seine Worte noch mal gewesen: At least I’d like to . Moment mal, das war eigentlich gar kein Ja, sondern nur ein Vielleicht. »Eigentlich würde ich gerne« konnte man es übersetzen. Doch das »Eigentlich« hatte sie lieber von ihren Ohren abprallen lassen und nur den Rest »Ich möchte gerne, es würde mir Spaß machen« durchgelassen. Ricarda ärgerte sich über sich selbst.
    Sie fanden Nuan nicht und schließlich mussten sie ohne ihn losziehen.
    »Was für ein Blödmann! Der hat uns richtig sitzen lassen«, ärgerte sich Sofia, als sie am Straßenrand auf ihren Rucksäcken hockten und auf den Bus warteten. Es gab zwar einen Fahrplan, aber Chanida hatte sie gewarnt, dass man den nicht zu ernst nehmen sollte und der Bus einfach irgendwann kam. Sie hatten jedoch Glück, schon nach zehn Minuten kam er angebraust und bremste neben ihnen.
    Apathisch blickte Ricarda aus dem Fenster desReisebusses und versuchte die laute Musik zu ignorieren, die aus den Lautsprechern dröhnte. Klimatisierte Luft strich wie ein Eishauch über ihre Arme – kaum zu glauben, ein tropisches Land mitten im Sommer und sie wünschte sich sehnlich ein Sweatshirt!
    Sofia hatte sich neben sie gesetzt, aber jetzt hing sie halb über der Lehne, um sich mit Chanida zu unterhalten, die einen Platz hinter ihnen hatte. Nuan war dabei kein Thema, sie hatten ihn wohl schon vergessen. Stattdessen ging es um Chanidas Schule, das Basketballtraining und den Computerraum dort, wie viel Schulgeld sie bezahlen musste und dass Gulap erst der Meinung gewesen war, ein höherer Schulabschluss sei für Mädchen eigentlich unnötig und vom Lernen bekomme man doch nur Kopfweh.
    »Also, so was würdest du von deinen Eltern nicht zu hören kriegen, oder?«, grinste Sofia und Ricarda nickte mit verzogenem Gesicht. Ihre Eltern legten großen Wert auf gute Noten und einen Schulabschluss, der richtig viel hermachte. Bei Sofia daheim ging es lockerer zu und keiner sorgte sich, wenn sie oder ihr zehnjähriger Bruder, wegen seiner Nervereien auch »das Monster« genannt, sich ab und zu mit einem Lehrer anlegten.
    Erst als das große, aus rötlichen Steinen gemauerte Stadttor von Chiang Mai hinter ihnen lag und sie über den Warorot-Markt schlenderten, fühlte sich Ricarda wieder besser. Sofia kaufte eine große Tüte Bananenchips, aus der natürlich alle mitfuttern durften,Chanida und Ricarda entschieden sich für ungeröstete Erdnüsse. Frisch und ohne Salz schmeckten sie eher wie Kartoffeln, ungewohnt, aber lecker.
    Sie schlürften Kokosmilch direkt aus der Nuss und ließen sich dabei von einem dicken englischen Touristen knipsen – drei Mädchen mit lila Blüten im Haar, Strohhalmen zwischen den Lippen und wahrscheinlich total albernem Grinsen.
    Ricarda hielt die Augen nach Souvenirs offen, und schließlich erspähte sie eine kleine Elefantenstatue aus schwarzem Holz, die ihr gefiel, und einen geschnitzten Drachen für Severin. »Cool. Die nehme ich mit nach Deutschland. Mein Bruder mag Drachen.«
    »Eigentlich ist das kein Drache, sondern eine Naga , eine Art Schlange aus unseren Sagen – sie schützen Orte vor bösen Geistern«, erklärte Chanida. »Soll ich die beiden Sachen für dich kaufen? Sonst bekommst du wahrscheinlich einen Farang -Preis, das heißt, du zahlst das Doppelte!«
    Ricarda nickte, das war wirklich nett von Chanida. Erstaunlicherweise verhandelte sie nur ganz kurz,

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