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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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genossen, beanspruchten die angerosteten Gartenstühle, die anderen Elefantenführer hockten auf dem staubigen hellen Lehmboden, der hier unter dem Stelzenhaus immer trocken war. Da und dort waren ein paar dürre Grasbüschel zu sehen. Ricarda und Sofia ließen sich ebenfalls auf dem Boden nieder und warteten schweigend darauf, dass das Tribunal beginnen würde.
    Nuan verbeugte sich vor Ruang und Kaeo und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden.
    Dann begann er zu sprechen.

Zeit der Wahrheit
    Erst sprach Nuan in Thai, doch nach einem kurzen Seitenblick auf Ricarda begann er seine Worte auf Englisch zu wiederholen. »Devi ist in meiner Familie, seit ich mich erinnern kann«, erzählte Nuan, und Ricarda war ihm dankbar dafür, dass er sich die Mühe mit dem Übersetzen machte. »Ich saß schon auf ihrem Rücken, als ich keine zwei Jahre alt war. Sie und mein Vater gehörten zusammen, ein Leben lang, so ist es in Surin zwischen dem Mahout und seinem Elefanten. Zusammen arbeiteten wir im Wald und ich lernte von Por alles, was ein Mahout wissen muss. Ebenso mein jüngerer Bruder. Doch als das Holzfällen verboten wurde, gab es keine Aufträge mehr. Wir hatten nicht genug Futter für Devi.«
    Ruang nickte geduldig, all das wussten er und die anderen Mahouts schon.
    »Mein Vater liebt das Glücksspiel bei Beerdigungen. Auf diese Weise hat er schon viel Geld verloren. Auch das war ein Grund, warum wir Devi schließlich verkaufen mussten.« Obwohl Nuan sich nichts anmerken ließ, spürte Ricarda die Wut in ihm, sie sprach aus jeder Linie seines Körpers. »Wir dachten, der Käufer sei ein guter Mahout . An Wissen war er selbst meinem Vater ebenbürtig. Erst als es zu spät war, merkten wir, dass er trank. Jedes Mal, wenn ich sie besuchte, sah Devi schlechter aus. Sie war sehrnervös und eingeschüchtert. Ich entdeckte Wunden von einem Ankush an ihr. Außerdem waren ihre Füße völlig vernachlässigt und entzündet.«
    Ein Murmeln der Empörung unter den Mahouts .
    »Mein Vater versuchte sie zurückzubekommen«, fuhr Nuan fort. »Vergebens. Da entschied ich mich. Ich fragte im Tempel nach Rat, welcher Tag Glück verheißend für ein Vorhaben sei, und in dieser Nacht holte ich Devi, um mit ihr fortzugehen. Mein Vater hatte sicher viel Ärger deswegen, ich habe es an Respekt fehlen lassen, und eines Tages will ich ihn um Verzeihung bitten. Bitte verzeiht auch ihr mir, dass ich euch getäuscht habe.«
    Nuan hatte den Kopf gesenkt. Seine Entschuldigung kam gut an, das merkte Ricarda. Jetzt waren die Sympathien auf seiner Seite. Und am wichtigsten war, dass Ruang wieder lächelte.
    »Wir verzeihen dir«, sagte er feierlich.
    »Ich danke euch, Khun Ruang.« Nuan zögerte kurz, fuhr dann fort: »Seit drei Monaten sind wir schon unterwegs. Ich habe versucht sie im Khao-Yai-Nationalpark freizulassen, aber es hat nicht funktioniert, die wilden Elefanten haben sie nicht akzeptiert. Also sind wir weiter nach Norden gezogen. Ich dachte, ich könnte mit Devi Arbeit finden im Trekking. Aber das war ziemlich naiv; die Leute wollten mich nicht mit ihr zusammen anstellen, sondern Devi einfach kaufen. Schließlich sind wir zu euch gekommen, weil ihr eine Zuflucht seid.«
    Ja, eine Zuflucht. Ricarda war beruhigt. Einen Elefanten zurückzustehlen war kein schweres Verbrechen. Hier würde Nuan Schutz finden, und vielleicht fiel ihnen ein Weg ein, wie sie Devi retten konnten. Am besten war, sie sammelten Geld, um seine Elefantin zurückzukaufen!
    »Wieso hast du nicht gleich die Wahrheit gesagt uns?«, fragte Kaeo, er schien nicht gerade begeistert von der neuesten Wendung der Dinge.
    Stolz begegnete Nuan seinem Blick. »Vertrauen ist ein Geschenk, das Zeit braucht.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wie du es geschafft hast, der Polizei auf dem Weg nach Norden zu entkommen.« Chanida klang neugierig.
    Nuan zögerte, sprach dann doch weiter. »Ich habe mir falsche Papiere für Devi beschafft, aber am wichtigsten war, sie aus allem Ärger rauszuhalten. Wir sind durch Gegenden gewandert, in denen nicht viele Menschen leben. Fern der großen Straßen. Auf den Dörfern sind die Menschen freundlich, manche verehren Chang wie in den alten Zeiten. Oft haben sie uns Obst und Wasser gegeben.«
    Die anderen Mahouts stellten Fragen in Thai und Nuan antwortete geduldig. Und doch wartete jeder nur darauf, dass Ruang das Wort ergriff. Er war es, der hier die Entscheidungen traf. Nach scheinbar endlos langer Zeit räusperte er sich und sofort wandten sich

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