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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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wichtig die Antwort für sie war.
    »Geht so.« Sofia wischte sich den Schweiß von der Stirn und schlug eine Mücke tot, die sich in unlauterer Absicht auf ihr Handgelenk gesetzt hatte. »Ich fand es cool, wie er dir geholfen hat, auf den Baum zu klettern. Seven ist da gerade erst aufgewacht.«
    Gulap tauchte wieder auf und bat sie um Hilfe für die weitere Papierherstellung. Kurz darauf steckten Sofias Arme bis zum Ellenbogen in einer Pampe, die aus Elefantendung bestand. Zum Glück war es der von gestern, er war schon gebleicht und gewaschen. Gut gelaunt zeigte ihnen Gulap, wie sie das Ganze zu basketballgroßen Kugeln formen sollten, die dann weiterverarbeitet werden sollten. Noi schaute neugierig zu und schnupperte mit der Rüsselspitze.
    Die Arbeit war so hirnlos, dass man dabei wunderbar nachdenken konnte. Cool, hatte Sofia gesagt.Hm. Ja, das passte zu Nuan. Er war cool – und wusste es wahrscheinlich nicht mal. Oder es interessierte ihn nicht, weil er gerade ganz andere Probleme hatte.
    »Eins ist klar, Mist zu verarbeiten ist nicht besonders cool«, murmelte Ricarda und zog eine triefende Handvoll Pflanzenfasern aus dem Bottich. Sie war froh, dass Nuan sie dabei nicht sehen konnte. Kein Wunder, dass Chanida sich weigerte beim Papiermachen zu helfen.
    »Cool? Wie kommst du denn jetzt darauf?« Sofia lachte.
    Als Nächstes wurde der Dung mit Wasser, Kleister und Farben vermischt und dünn auf Trockenrahmen gestrichen. Jetzt sah es schon aus wie Papier. Und es war ein hübscher Anblick, wie überall um das Haupthaus herum große pastellfarbene Bogen in der Sonne leuchteten. Zum Glück ließ Noi die Bogen in Ruhe, anscheinend gefiel ihr der Geruch nicht. Stattdessen schlich sie um den Gemüsegarten herum, kniete sich auf den Boden und versuchte mit dem Rüssel unter dem Elektrozaun durchzuangeln. Doch eine mickrige Karotte war ihre ganze Beute.
    »Ach, übrigens habe ich herausgefunden, warum Chanida später nicht mehr mit den Elefanten arbeiten will«, meinte Sofia und warf einen Blick auf Noi. »Vor zwei Jahren hat sie mal ein krankes Elefantenkind mit der Flasche aufgezogen, aber es ist nach ein paar Wochen gestorben. Das hat ihr wohl das Herz gebrochen und danach wollte sie sich nicht wieder mit Haut und Haaren in die Arbeit hier stürzen.«
    Betroffen wollte Ricarda etwas erwidern, doch das dumpfe Brummen eines Motors unterbrach sie – aha, endlich kam Ruang mit dem Landrover zurück. Sofort eilte Kaeo auf ihn zu, berichtete wahrscheinlich, was in seiner Abwesenheit alles passiert war. Ruang nickte ein paarmal, ließ sich aber nicht anmerken, was er dachte, und ging erst einmal zu Khanom und Laona. Später am Tag sah Ricarda ihn noch im Gespräch mit den Mahouts .
    Das tägliche Leben im Refuge ging weiter wie gewohnt, und doch war etwas anders als sonst. Es fühlte sich an wie die letzten Minuten vor einem Gewitter, ging es Ricarda durch den Kopf. Der Himmel ist schwarzgrau, der Wind fegt Blätter vor sich her und alle warten darauf, dass es losgeht …
    Am frühen Abend, noch vor Sonnenuntergang, entstand eine plötzliche Unruhe im Camp, sie hörten die Elefanten schnauben, einer trompetete sogar. Ricarda und Sofia waren gerade in ihrer Hütte, sofort schauten sie aus dem Fenster und sahen, wie Devi und Mae Jai Di sich mit verschlungenen Rüsseln begrüßten. Aufgeregt hielt Ricarda nach Nuan Ausschau, und ja, da war er, ernst und konzentriert saß er auf dem Rücken seiner Elefantin. Als er Ruang sah, kletterte er leichtfüßig und geschickt auf den Boden.
    Es war klar, was das alles bedeutete. Nuan war bereit, seine Geschichte zu erzählen.
    Er ist nicht geflohen, dachte Ricarda, und auf einmal fühlte sie sich leicht wie eine Daune, die in einemwarmen Luftstrom nach oben schwebt. Einen Wimpernschlag lang. Dann kehrte die Angst zurück. Vor dem, was er zu gestehen hatte und was dann folgen würde.
    Ruang ging Nuan entgegen, berührte ihn leicht am Arm und forderte ihn auf, ihm zu folgen. Sie gingen zum Haupthaus, neben dem der breite, verschlungene Stamm des Feigenbaums aufragte. Ricarda und Sofia folgten ihnen in respektvollem Abstand.
    Wenige Minuten später waren alle Mahouts , insgesamt fünfzehn, am Treffpunkt und warteten scheinbar unbeteiligt; manche unterhielten sich leise. Ein älterer Mahout mit wettergegerbtem Gesicht rauchte genüsslich eine Zigarre und grinste Ricarda mit gelben Zahnstummeln an, als er ihren Blick bemerkte. Ruang, Kaeo und ein paar Männer, die besonderen Respekt

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