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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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weiß nicht, ob wir noch Platz im Auto haben.« Tatsächlich, der Rücksitz war vollgemüllt mit bunten thailändischen Liegematten ausbesticktem Stoff, Holzschnitzereien und einem bunt bemalten Schirm aus Seide, der selbst eingeklappt ziemlich sperrig wirkte. Die meinten es wirklich ernst, was Souvenirs anging!
    Mit großem Geraschel schaffte es der Mann, seine Straßenkarte wieder zusammenzufalten. »Na also, wir sind richtig«, schnaufte er. »Nur viel zu spät dran. Was will denn das Mädel?«
    Ricarda dachte an Nuan. Sie setzte ihr bestes Lächeln auf, das Gleich-wird-ein-Porträtfoto-von-mir-geschossen-Lächeln. »Bei Ihnen mitfahren«, rief sie in Richtung des Autos. »Wenn das ginge.«
    »Na, warum nicht. Schatzi, räum doch mal den Krempel von der Rückbank und stopf ihn in den Kofferraum. Ich verstehe immer noch nicht, was du mit dem ganzen Zeug willst.«
    Als Ricarda ihrem Chef eröffnete, dass sie sich alleine zum Refuge durchschlagen würde, sah er völlig verdutzt aus. »Du willst …?«, fragte er verwirrt.
    »Zurück. Jetzt. Ich fahre mit den Leuten da mit.« Ricarda musste lächeln. » Mai mii panhaa. Kein Problem. Ich schaffe das schon.«
    Jetzt sah Ruang erst recht erstaunt aus, aber er nickte und hob die Hand zum Abschied. » Chook dii na khrap! Viel Glück! Pass auf dich auf. Wenn irgendwas schiefläuft, ruf im Refuge an und Kaeo holt dich.«
    Ricarda fand es angenehm, dass Ruang ihr vertraute. Am Anfang war es ihr so vorgekommen, als sei er ein Mann vom Typ ihres Vaters, aber das warBlödsinn. Und jetzt gerade ein ganz schönes Glück. Ihr Vater hätte in dieser Situation einen schweren Tobsuchtsanfall bekommen. Stärke 10 auf der Richter-Skala. Per Anhalter zu fahren war ja auch gefährlich. Aber diese Leute wirkten nicht gerade wie blutdurstige Psychopathen.
    Es war ein komisches Gefühl, plötzlich ganz auf sich gestellt zu sein. Aber auch gut, ja, richtig gut. War es das, was Sofia gemeint hatte? Sie hatte sich überwunden, die Dinge in die Hand genommen – und jetzt fühlte Ricarda sich … anders. Ein ganz klein wenig stärker. Und am allerwichtigsten: Sie hatte wieder eine Chance, rechtzeitig beim Tempel und bei Nuan zu sein!
    Der Preis dafür war, den Urlaubserlebnissen und Verwandtschaftsanekdoten von Karlheinz und Heidemarie Niederegger aus Mönchengladbach zu lauschen. Aber Zuhören, das konnte Ricarda. Auch wenn die Gallenoperation von Tante Katharina selbst für ihre Geduld eine harte Prüfung war.
    Zum Glück fragte Heidemarie auch irgendwann, was denn das für eine Autopanne gewesen war und was Ricarda überhaupt in Thailand machte. Jetzt war Ricarda dran. Pflichtschuldig wurden ihre Elefantengeschichten mit »Ja, tatsächlich!«, »Das gibt’s?« und »Na, so was!« kommentiert.
    Ab Doi Suthep war Ricarda dann wieder auf sich gestellt. Leider war niemand in Sicht, bei dem sie eine Mitfahrgelegenheit schnorren konnte, und schließlichmusste sie ein paar Baht für ein Songthaew opfern, eine Art Sammeltaxi, das sie in die Innenstadt von Chiang Mai brachte. Besorgt warf Ricarda einen Blick in ihr Portemonnaie. Da war ja nicht mehr gerade viel drin. Genauer gesagt nur eine Handvoll Baht. Wie hätte sie auch ahnen sollen, welche Tour ihr bevorstand? Ob das da überhaupt für die Fahrt nach Lampang reichte?
    Nein, tat es nicht, wie Ricarda eine halbe Stunde später feststellen musste. Das beruhigende Gefühl, voranzukommen, verdunstete. Was jetzt? Im Refuge anrufen? Aber bis Kaeo hier war, konnte es eine Ewigkeit dauern. Sollte sie noch einmal per Anhalter fahren? Lieber nicht. Schon jetzt wurde sie ständig angequatscht, wahrscheinlich war ein allein reisendes Mädchen hier genauso auffällig wie ein lila Elefant.
    Und Freiwild für thailändische Machos. Da kam schon wieder ein freundlich lächelnder Mann auf sie zu und wurde seinen Standard-Anmachsatz für Ausländer los: »Hi! Where do you come from?«
    Reflexartig antwortete Ricarda »Germany«, doch als der Typ sie in ein Gespräch verwickelt hatte und versuchte sie in irgendeine Bar abzuschleppen, rettete sie sich in ein T-Shirt-Geschäft. Es roch nach Räucherstäbchen und ein bisschen chemisch nach neuen Klamotten. Sofia hätte sich sofort zu Hause gefühlt; sie jobbte ab und zu in einem Second-Hand-Klamottenladen, der von einer Hobby-Astrologin geführt wurde. Dort duftete es auch jeden Tag anders undmanchmal richtig widerlich nach künstlicher Orangenblüte oder Patschuli.
    Entmutigt setzte Ricarda sich auf einen bunt

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