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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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saß, endlich konnte sie sich mit ihm unterhalten. Allerdings wäre das noch leichter gewesen, wenn Ruang nicht am Radio herumgedreht hätte, lautes Geplapper in Thai quoll heraus. Ricarda musste fast schreien, um sich verständlich zu machen. »Es geht Laona schon viel besser, oder? Ich habe gesehen, dass sie zu den anderen Elefanten darf.«
    Ruang hatte im Radio endlich etwas gefunden, das ihm zusagte. Klang ziemlich schräg. Vielleicht klassische thailändische Musik. Er war der Einzige, der zuhörte – Dejan hatte den Kopf zurückgelehnt und war eingeschlafen. Zum Glück schnarchte er nicht allzu laut.
    »Ja, sie darf«, sagte Ruang schließlich. »Sie interessiert sich ein wenig für die Kälber, vielleicht bietet sie sich bei der nächsten Geburt als Tante an. Aber es kann noch Monate dauern, bis sie in der Herde Anschluss findet. Vielleicht übernachtet sie dann auch draußen im Wald wie die anderen.«
    Sie ist längst nachts im Wald. An einem ganz besonderen Ort. Die ungesprochenen Worte versengten Ricardas Lippen, doch sie schaffte es, den Mund geschlossen zu lassen. Nein, sie konnte und würde es ihm nicht sagen. Das Rätsel des Elefanten-Tempelsgehörte ihr, ihr und Nuan. War das egoistisch? Völlig. War es dumm? Wahrscheinlich auch.
    Jetzt fand sie erst einmal wichtig, mehr zu erfahren. »War Laona schon einmal hier in Lampang? Früher?«
    »Ja«, sagte Ruang sofort. »Sie ist hier in der Nähe ausgebildet worden. Und ich glaube, später war sie noch mal ein halbes Jahr in der Gegend. Aber damals gab es das Refuge noch nicht, deshalb weiß ich nichts Genaueres darüber, okay?«
    Laona war also tatsächlich schon mal hier gewesen! Wie hatte Nuan das wissen können? Was vermutete er? Sie sehnte sich so danach, ihn zu treffen. Bald schon. Heute Nacht …
    Ricarda schrak auf. Das Motorengeräusch des Landrovers klang irgendwie komisch, und die Fahrt war nicht mehr glatt, sondern ein klein bisschen ruckelnd, als ob dem Motor zwischendurch immer wieder die Puste ausging. Ruang drückte versuchsweise das Gaspedal durch. Dejan wachte auf, sein Indianergesicht sah zerknittert aus vom Schlaf. Er murmelte etwas und klopfte mit den Fingerknöcheln aufs Armaturenbrett. Vielleicht ein Segensspruch oder so was, eine Bitte an die Geister.
    Jetzt war es ganz deutlich zu spüren, dass der Motor stockte. Ricarda verkrampfte sich. Immerhin, sie waren jetzt nicht mehr mitten im Wald, sondern schon auf einer richtigen Straße, wenn auch auf einer ziemlich kleinen.
    Ruang hielt am Straßenrand. Er und Dejanverschwanden hinter der offenen Motorhaube. Ricarda kletterte aus dem Auto, streckte sich und wartete, bis die ausführliche Diskussion beendet war und die Herumschraubereien Wirkung zeigten. Dejan knallte die Motorhaube zu und verzog das Gesicht, wahrscheinlich weil er sich an dem heißen Metall die Finger verbrannt hatte. Vorsichtig ließ Ruang den Landrover an, und als Dejan wieder eingestiegen war, gab er Gas. Doch sehr weit kamen sie nicht. Schon ein paar Minuten später hustete der Motor und erstarb.
    » Kie-Nok! «, brummte Ruang, was Ricarda trotz ihrer bescheidenen Thai-Kenntnisse als »Vogelscheiße« übersetzen konnte. »Ich fürchte, das war’s erst mal. Es war unser Fehler. An einem Mittwoch sollte man keine größeren Unternehmungen beginnen, es ist ein schlechter Tag.«
    »Aber … wir müssen doch heute noch ins Refuge zurück!«, stammelte Ricarda.
    »Very sorry!«, sagte Ruang und Dejan lächelte sie entschuldigend an. Dann zückte Ruang erst einmal sein Handy, um Kaeo Bescheid zu geben.

Odyssee
    Alle zusammen marschierten sie ein Stück die Straße entlang, bis sie zu einer Art Gasthaus kamen. Eigentlich war es eher ein aufgemotzter Kiosk mit seinen bunten Werbeschildern, einem chipstütenbestückten Regal, der einfachen Holztheke und einem halben Dutzend Plastikstühlen. Sein Dach war mit Solarzellen gepflastert, wahrscheinlich gab es hier keinen Stromanschluss.
    Ruang bestellte zwei Singha-Bier und eine Cola für Ricarda, dann ließen er und der Tierarzt sich bequem nieder, um auf den Abschleppwagen zu warten. Nur Ricarda blieb stehen. Sie hatte keinerlei Lust, es sich hier gemütlich zu machen. Es war schon fast fünf Uhr nachmittags und sie wollte endlich zurück.
    »Wann kommt denn der Abschleppwagen?«
    »Bestimmt bald«, sagte Ruang gut gelaunt. »Der bringt unseren Landrover in die Werkstatt. Ah, ihr habt viel bessere Autos in Deutschland. Mercedes S-Klasse! BMW!« Er klackte mit der Zunge und

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