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Der Elefanten-Tempel

Der Elefanten-Tempel

Titel: Der Elefanten-Tempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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seine Augen bekamen einen träumerischen Ausdruck.
    Ricarda ließ nicht locker. »Und dann? Wenn unser Wagen in der Werkstatt ist?«
    Dejan wirkte nicht so, als interessiere ihn das besonders. Er stellte sein Bier ab und reckte neugierig den Hals. Wahrscheinlich deshalb, weil irgendwo im Kiosk ein Fernseher lief und die Geräuschkulisse eines Thaibox-Events nach draußen wabern ließ.
    »Wir übernachten irgendwo in der Nähe und morgen können wir zurückfahren.«
    Panik stieg in Ricarda auf. Morgen?! Das geht nicht! Heute um zehn wartet Nuan auf mich. Und was dann? Ich bin nicht da. Weil ich gerade an irgendeinem blödsinnigen Dschungelkiosk festsitze.
    »Ich muss zurück«, sagte Ricarda tonlos. Niemand hörte es. Oder jedenfalls reagierte keiner.
    Jetzt setzte sich Ricarda doch noch. Sie fühlte sich hilflos und in ihrem Kopf liefen die Gedanken Amok. Ihre Cola blieb unbeachtet auf dem Plastiktischchen stehen. Ruang und Dejan unterhielten sich eine Weile in einem Gemisch aus Thai und Englisch, dann stand Dejan auf und ging, vermutlich nachschauen, ob er das Kickboxen mitgucken konnte.
    Ein kleiner silberfarbener Mietwagen bog auf den Parkplatz des Gasthauses ein. Ricarda beobachtete das Touristen-Pärchen, das daraus zum Vorschein kam. Er – graue Schläfen, sportliche Figur, weiß-grün gemustertes Freizeithemd – versuchte mit säuerlicher Miene, auf dem Fahrersitz eine riesige Landkarte auseinanderzufalten. Sie – munter, etwas rundlich, graublonde Kringellocken – machte sich mit gezücktem Portemonnaie auf den Weg zur Süßigkeiten-und-Chips-Front. »Magst du auch was, Bärchen?«
    »Frag mal, ob wir hier richtig sind auf dem Weg nach Doi Suithep!«
    »Vielleicht haben sie sogar Kaffee. Aber ich weiß nicht, ob der so gut ist. Der in Bangkok schmeckte jawie schwarzes Wasser! Was meinst du, soll ich noch einen Liter Sprudel kaufen für die Fahrt?«
    »Ich glaube, wir hätten vorhin anders abbiegen müssen. Diese Karte ist völlig veraltet, da steht ja nicht mal ein Datum drauf. Die werden schon wissen, warum sie das nicht draufgeschrieben haben, so ein Mist!«
    Doi Suithep. Irgendwie kam der Name Ricarda bekannt vor. »Ist das nicht in der Nähe von Chiang Mai?«, fragte sie Ruang und der nickte: »Ja, das ist ein Berg dort. Man kann über eine gepflasterte Straße oder mit einer Seilbahn hoch zum Tempel …«
    Vielleicht konnte sie mitfahren! Bei diesen Leuten. Von Chiang Mai aus würde sie schon irgendwie nach Lampang kommen. Und von dort aus zum Tempel. Neue Hoffnung durchflutete Ricarda. Sie stand auf, wand sich zwischen den blauen Plastikstühlen hindurch und stellte sich neben die Frau an die Theke. Oje. Und was jetzt? Ihre Zunge lag in ihrem Mund wie festgenäht. Die Frau beachtete sie gar nicht, bezahlte ihre fettige Beute und machte sich daran, sie zum Auto zurückzutragen. Ricarda riss sich zusammen.
    »Äh, ich habe gehört, Sie fahren Richtung Chiang Mai«, sagte sie in Richtung des sich entfernenden Rückens. Viel zu spät. Viel zu leise. O Mann, wie peinlich. Ricarda fühlte, wie ihr Gesicht heiß wurde.
    Verwirrt wandte sich die Frau um, erblickte Ricarda. »Hast du etwas gesagt?«
    »Fahren Sie in Richtung Chiang Mai?« Ricarda sah sich selbst wie auf einem Foto, gnadenlos mit Blitzlicht ausgeleuchtet. Ein Mädchen mit langem dunklem Haar, verschwitzt von der Fahrt. Das Gesicht mit der Farbe einer Erdbeere. Auf dem T-Shirt und den Jeans Dreckspuren, Elefantenspucke und Reste von Bananenmatsch. Wahrscheinlich roch sie auch ein bisschen eigenartig. Nur die Götter allein wussten, ob diese Leute eine solche Gestalt wie sie überhaupt in ihrem Auto haben wollten.
    »Äh, ja …« Die Frau zögerte. »Ach, du bist ja auch aus Deutschland. Wo ist denn euer Wagen?«
    »Wir hatten eine Panne.« Ricarda schöpfte Hoffnung. Das Gespräch lief besser, als sie erwartet hatte. Gleich konnte sie dazu überleiten, dass sie eine Mitfahrgelegenheit brauchte. Jetzt war ganz klar, es handelte sich um einen Notfall, da mussten sie doch eigentlich helfen. Doch nun rief der Mann etwas aus dem Auto, was mit »Schatzi« endete, und zack, hatte Ricarda die Aufmerksamkeit der Frau wieder verloren. Zum zweiten Mal sprach sie gegen einen Rücken an. »Ich wollte fragen, ob Sie … äh, ich müsste dringend nach Chiang Mai … vielleicht könnten Sie …? Könnte ich mitfahren, meine ich.«
    Unglaublich, aber die Frau hatte es gehört. Sie zögerte und warf einen Blick auf den Mietwagen, einen VW Polo. »Na ja, ich

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