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Der elektrische Mönch

Der elektrische Mönch

Titel: Der elektrische Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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auf, sich Staub ins Gesicht zu reiben, erhob sich, streckte ihre Glieder und ging zurück zu der Tür, während sie sich die Kleider abklopfte.
     
     
    6. Kapitel
     
    »In Xanadu schuf Kubla Khan
    Einst einen Prachtbau, hoch und her:«
     
    Der Vorleser gehörte deutlich der Denkschule an, die der Meinung ist, daß ein Gefühl für den Ernst oder die Größe ei­nes Gedichts am besten vermittelt wird, wenn es in einem al­bernen Singsang vorgetragen wird. Er schraubte die Stimme in die höchsten Höhen und ließ sie dann auf die Worte nie­dersausen, daß man den Eindruck hatte, sie duckten sich und flüchteten sich in Sicherheit.
     
    »Wo Alph, der heilige Fluß, einst rann
    Durch unzählbare Schluchten,
    dann In sonnenloses Meer.«
     
    Richard lehnte sich behaglich in seinem Stuhl zurück. Die Worte waren ihm sehr, sehr vertraut, wie es bei jedem Eng­lischstudenten des St. Cedd's Colleges gar nicht anders sein konnte, und sie strömten mühelos in sein Inneres.
    Die Beziehung des Colleges zu Coleridge wurde wirk­lich sehr ernst genommen, und das trotz des Mannes allseits bekannter Vorliebe für gewisse Entspannungs­Pharmazeutika, unter deren Einfluß dieses, sein bedeu­tendstes Werk, in einem Traum verfaßt worden war.
    Das ganze Originalmanuskript befand sich im siche­ren Gewahrsam der Collegebibliothek, und eben hieraus wurde zu den regelmäßig wiederkehrenden Anlässen des Coleridge-Dinners das Gedicht vorgelesen.
     
    »Zehn Meilen Fruchtlands auf und ab
    Bald Turm und Mauer rings umgab:
    Gärten gabs hier; von Bächen rings durchwallt,
    Drin blühte mancher weihrauchträchtiger Baum;
    Und Wälder gab es, wie Gebirg uralt,
    Die bargen sonnenstrahlend grünen Raum.«
     
    Richard fragte sich, wie lange es dauern würde. Er schielte seitwärts zu seinem früheren Studienleiter hinüber und fühlte sich durch die massive Entschlossenheit von des­sen Vorlesepose gestört. Die leiernde Stimme irritierte ihn zunächst, aber nach einer Weile begann sie ihn einzulul­len, und er sah einem Wachsrinnsal zu, das langsam über den Rand einer Kerze sickerte, die inzwischen herabge­brannt war und ihr tröpfelndes Licht auf das Gemetzel des Essens warf.
     
    »Doch oh! Der tiefe Abgrund dort, sich neigend
    Im Grün, bis wo das Zederdickicht schauert!
    Bezirk der Wildnis! heilig, zaubrisch, schweigend,
    Wie nur ein Ort, auf dem, im Monde reigend,
    Laut eine Frau um den Geliebten trauert!«
     
    Die wenigen Schlucke Rotwein, die er sich im Lauf des Es­sens gestattet hatte, durchströmten warm seine Adern, und bald begannen seine Gedanken zu wandern, und durch Regs zuvor während des Essens geäußerte Frage darauf gebracht, überlegte er, was eigentlich in letzter Zeit aus ihm geworden sei, seinem ehemaligen ... ja, war Freund das richtige Wort? Er schien eher eine Folge ungewöhn­licher Ereignisse als ein Mensch zu sein. Die Vorstellung, daß er tatsächlich Freunde haben könne, erschien als solche nicht so unwahrscheinlich, eher wie eine Art Unvereinbar­keit von Begriffen, wie die Idee, die Suezkrise sei wegen eines Korinthenbrötchens ausgebrochen.
    Svlad Cjelli. Allseits als Dirk bekannt, obwohl wiederum »allseits bekannt« kaum richtig war. Verschrien, das be­stimmt; gesucht, endlosen Spekulationen ausgesetzt, auch das war richtig. Aber allseits bekannt? Nur in dem Sinn, wie ein schwerer Unfall auf der Autobahn allseits bekannt sein könnte - alle fahren langsamer, um sich die Sache ausführ­lich anzusehen, aber keiner fährt zu nahe an die Flammen heran. Berüchtigt kam dem schon näher. Svlad Cjelli, be­rüchtigterweise als Dirk bekannt.
    Er war dicker als der Durchschnittsstudent und trug mehr Hüte. Das heißt, es gab nur den einen Hut, den er üb­licherweise trug, aber er trug ihn mit einer Hingabe, die bei einem so jungen Menschen selten war. Der Hut war dun­kelrot und rund, hatte eine sehr flache Krempe und schien sich wie auf Kardanringen zu bewegen, die stets und stän­dig seine vollkommene Waagerechte garantierten, ganz gleich, wie sein Besitzer auch den Kopf drehte. Als Hut war er ein eher bemerkenswertes als ein durchweg gelun­genes Accessoir menschlicher Verschönerung. Er wäre eine elegante Zierde gewesen, flott, formvollendet und schmei­chelhaft, wenn der Träger eine kleine Nachttischlampe gewesen wäre, aber nicht andersrum.
    Ihn umkreisten Leute, die durch die Geschichten über ihn angezogen wurden, die er stets bestritt, aber was der Ur­sprung all dieser Geschichten sein

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