Der elektrische Mönch
eigenes verdutztes Gesicht, während er sich Wasser über die Hände laufen ließ. Einen Augenblick lang dachte er an das flackernde, warme Kerzenlicht des ColeridgeDinners, und die Bilder davon stiegen aus der blassen, fernen Vergangenheit des frühen Abends auf. Da war das Leben noch einfach und sorglos gewesen. Der Wein, die Unterhaltung, einfache Zaubertricks. Er stellte sich Sarahs rundes, blasses Gesichtchen vor, die vor Erstaunen aufgerissenen Augen. Er wusch sich das Gesicht.
Er dachte:
» ... Gebt acht! Gebt acht!
Sein glühend Aug, der Haare Pracht!«
Er kämmte sich sein Haar. Er dachte auch an die Bilder, die hoch über ihren Köpfen im Dunkeln gehangen hatten. Er putzte sich die Zähne. Das leise Summen des Neonlichts holte ihn in die Gegenwart zurück, und plötzlich fiel ihm mit Entsetzen wieder ein, daß er hier in seiner Eigenschaft als Einbrecher war.
Etwas zwang ihn, sich im Spiegel direkt ins Gesicht zu sehen, dann schüttelte er den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen.
Wann würde Susan zurück sein? Das hinge natürlich davon ab, was sie tat. Er trocknete sich rasch die Hände und ging zurück zu dem Anrufbeantworter. Er drückte auf die Knöpfe, und sein Gewissen drückte auf ihn zurück. Das Band spulte sich, wie es schien, eine Ewigkeit zurück, und mit einem Schrecken wurde ihm klar, daß es wahrscheinlich daran lag, daß Gordon in voller Fahrt gewesen war.
Er hatte natürlich nicht daran gedacht, daß außer seiner eigenen noch andere Mitteilungen auf dem Band wären, und sich anderer Leute Telefonmitteilungen anzuhören, lief aufs selbe hinaus, wie ihre Post zu öffnen.
Er hielt sich noch einmal vor Augen, daß er nichts weiter versuchte, als einen Fehler auszubügeln, den er gemacht hatte, ehe er irgendeinen irreparablen Schaden anrichtete. Er würde nur die allerwinzigsten Stückchen anspielen, bis er seine eigene Stimme fände. Das wäre nicht allzu schlimm, und er würde auch nicht hören können, was gesagt wurde.
Innerlich knurrte er, knirschte mit den Zähnen und stach so heftig auf den Abspielknopf ein, daß er ihn verfehlte und aus Versehen die Cassette auswarf. Erlegte sie wieder ein und drückte vorsichtiger auf den Abspielknopf.
Piep.
»Oh, Susan, hi, hier ist Gordon«, sagte der Anrufbeantworter. »Eben auf dem Weg zum Landhaus. Es ist, äh ...« Er spulte ein paar Sekunden vor. »...nur wissen, ob Richard an der Sache arbeitet. Ich meine,
wirklich
dran ...« Richard preßte grimmig seinen Mund zusammen und drückte auf Schnellen Vorlauf. Ihm war das wirklich zuwider, daß Gordon über Susan Druck auf ihn auszuüben versuchte, was Gordon immer entschieden abstritt. Richard konnte es Susan nicht übelnehmen, daß sie über seine Arbeit manchmal wütend wurde, wenn so was passierte.
Klick.
»... geschossen< steht. Leg bitte Susan einen Zettel hin, daß sie ein >Es wird sofort geschossen<-Schild besorgt, unten mit einem spitzen Eisendorn in der richtigen Länge dran, damit Kaninchen das Schild lesen können.«
»Was?« murmelte Richard leise vor sich hin, und sein Finger zögerte einen Augenblick über der Schnellen-Vorlauftaste.
Er hatte das Gefühl, Gordon wünsche sich verzweifelt, wie Howard Hughes zu sein, und wenn er nicht hoffen konnte, jemals auch nur entfernt so reich zu werden, so konnte er doch zumindest versuchen, doppelt so exzentrisch zu sein. Eine Maßnahme. Eine deutliche Maßnahme.
»Ich meine die Sekretärin Susan im Büro, nicht dich natürlich«, fuhr Gordons Stimme im Anrufbeantworter fort. »Wo war ich stehengeblieben? Ach ja. Richard und
Anthem
2.00. Susan, das Ding muß in zwei Wochen in den Beta ...« Richard hieb schmallippig auf den Schnellen Vorlauf.
» ... Punkt ist, daß es nur einen einzigen Menschen gibt, der wirklich in der Lage ist rauszubekommen, ob er mit dieser wichtigen Arbeit fertig wird, oder ob er bloß träumt, und dieser einzige Mensch ...« Wieder drückte er wütend auf die Taste. Er hatte vorgehabt, sich nichts davon anzuhören, und nun wurde er auch noch wütend über das, was er hörte. Er sollte wirklich einfach damit aufhören. Na schön, nur noch einen Versuch.
Als er wieder horchte, vernahm er nur Musik. Komisch. Er spulte ein Stück vor, und immer noch kam Musik. Warum rief wohl jemand an, um einem Anrufbeantworter Musik vorzuspielen? fragte er sich.
Das Telefon klingelte. Er hielt das Band an und hob ab, worauf er den Hörer wie einen Zitteraal fast wieder fallen ließ,
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