Der elektrische Mönch
Dirk schließlich.
»Und die wäre?«
»Daß ich kein Hellseher bin.«
»Tatsächlich«, sagte Richard. »Und was war mit den Examensfragen?«
Dirk Gentlys Blick verfinsterte sich bei der Erwähnung dieses Themas.
»Ein Zufall«, sagte er mit leiser, ungehaltener Stimme, »ein merkwürdiger und bedrückender Zufall, aber nichtsdestoweniger ein Zufall. Einer, könnte ich hinzufügen, der mir eine beträchtliche Zeit im Gefängnis eingebracht hat. Zufälle können schrecklich und gefährlich sein.«
Dirk warf Richard wieder einen seiner langen, abschätzenden Blicke zu.
»Ich beobachte dich die ganze Zeit genau«, sagte er. »Für einen Mann in deiner Lage scheinst du äußerst gelassen zu sein.«
Das hielt Richard für eine sonderbare Bemerkung, und er versuchte einen Augenblick lang, klug daraus zu werden. Dann ging ihm ein Licht auf, und das war ein unangenehmes Licht.
»Du meine Güte«, sagte er, »er hat sich nicht auch noch an dich rangemacht, oder?«
Diese Bemerkung schien nun wiederum Dirk vor ein Rätsel zu stellen.
»Wer hat sich nicht an mich rangemacht?« fragte er.
»Gordon. Nein, offenbar nicht. Gordon Way. Er hat die Angewohnheit, daß er andere Leute dazu zu bringen versucht, Druck auf mich auszuüben, damit ich mit dem weiterkomme, was er für eine wichtige Arbeit hält. Ich dachte einen Moment - ach, vergiß es. Aber was hast du wirklich gemeint?«
»Aha. Gordon Way
hat
die Angewohnheit, oder?«
»Ja. Ich mag sie nicht. Warum?«
Dirk sah Richard lange und fest an, während er mit dem Bleistift auf den Schreibtisch tippte.
Dann lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und sagte folgendes: »Die Leiche Gordon Ways wurde heute früh vor Morgengrauen gefunden. Er wurde erschossen und erwügt, und dann ist sein Haus angezündet worden. Die Polizei hat die Theorie, daß er eigentlich nicht in dem Haus erschossen wurde, weil dort keine Schrotkugeln gefunden wurden, abgesehen von denen in der Leiche.
Aber Schrot wurde in der Nähe von Mr. Ways Mercedes 500 SEC entdeckt, der ungefähr drei Meilen von seinem Haus entfernt verlassen aufgefunden wurde. Das legt den Gedanken nahe, daß die Leiche nach dem Mord transportiert wurde. Außerdem ist der Arzt, der den Leichnam untersucht hat, der Meinung, daß Mr. Way tatsächlich gewürgt wurde, nachdem er erschossen worden war, was auf eine gewisse Verwirrung im Geist des Mörders schließen läßt.
Aufgrund eines verblüffenden Zufalls hatte die Polizei, scheint's, letzte Nacht Gelegenheit, einen sehr konfus wirkenden Herrn zu interviewen, der sagte, er leide an so etwas wie einem Schuldkomplex, weil er gerade seinen Chef überfahren habe.
Dieser Mann war ein gewisser Mr. Richard MacDuff, und sein Arbeitgeber der verstorbene Mr. Gordon Way. Des weiteren wurde darauf hingewiesen, daß Mr. Richard MacDuff eine der beiden Personen ist, die höchstwahrscheinlich einen Nutzen aus Mr. Ways Tod ziehen, weil WayForward Technologies fast sicher zumindest teilweise in seine Hände übergeht. Die andere Person ist seine einzige lebende Verwandte, Miss Susan Way, in deren Wohnung man Mr. Richard MacDuff in der vergangenen Nacht hat einbrechen sehen. Dieses Detail kennt die Polizei natürlich nicht. Auch wird sie es, wenn wir es verhindern können, nicht erfahren. Aber jede Beziehung zwischen den beiden wird natürlich genauestens unter die Lupe genommen werden. In den Nachrichten im Radio heißt es, daß die Polizei dringend nach Mr. MacDuff sucht, von dem sie glaubt, daß er ihr bei ihren Ermittlungen behilflich sein kann, aber der Tonfall verrät, daß er zweifellos bis über den Hals in der Patsche sitzt.
Meine Gebührenordnung sieht folgendermaßen aus: zweihundert Pfund pro Tag, plus Spesen. Über die Spesen wird nicht diskutiert, und sie machen manchmal auf Leute Eindruck, die diese Dinge nicht als was Nebensächliches ansehen. Sie sind alle notwendig und, wie schon gesagt, kein Gegenstand von Diskussionen. Bin ich engagiert?»
»Entschuldige«, sagte Richard und nickte leicht mit dem Kopf, »würdest du nochmal von vorn anfangen?«
17. Kapitel
Der Elektrische Mönch wußte kaum noch, was er glauben sollte. Er hatte die letzten paar Stunden eine verwirrende Anzahl von Glaubenssystemen durchgemacht, von denen es den meisten nicht gelungen war, ihm den langfristigen geistigen Trost zu spenden, auf dessen ewige Suche er verbindlich programmiert war.
Er hatte die Nase voll. Offen gesagt. Und war müde.
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