Der elektrische Mönch
Spezielles, woran er glauben konnte, und so kehrte er zu seiner Innenschau zurück.
Er hatte, erinnerte er sich, in der letzten Nacht einen merkwürdigen Funktionsbefehl erhalten, wie ihm noch nie einer untergekommen war, aber er hatte das Gefühl, es könnte sowas sein, was er mal hatte Gewissensbisse nennen hören. Ihm war alles andere als behaglich gewesen wegen der Art, wie die Person, auf die er geschossen hatte, dagelegen hatte, und nachdem er zuerst das Weite gesucht, war er wieder zurückgekehrt, um nochmal nachzusehen. Die Person hatte ganz entschieden einen Ausdruck im Gesicht, der darauf hindeutete, daß irgendwas nicht in Ordnung war, daß dies nicht ins Programm paßte. Der Mönch fürchtete, daß er ihr den Abend kräftig verdorben haben könnte.
Trotzdem, überlegte er, solange man tat, woran man fest glaubte, war das die Hauptsache.
Das nächste, woran er fest glaubte, war, wenn er dieser Person schon den Abend verdorben habe, dann sollte er sie wenigstens zu ihrem Haus schaffen, und eine rasche Suche in ihren Taschen hatte eine Adresse, einige Landkarten und Schlüssel zu Tage gefördert. Der Weg war mühsam gewesen, aber sein Glaube hatte ihn unterwegs aufrecht gehalten.
Das Wort »Badezimmer« schwebte unerwartet über die Wiese.
Er blickte wieder auf und zu dem Lastwagen auf der anderen Seite hinüber. Er sah einen Mann in dunkelblauer Uniform, der einem Mann in ruppigen Arbeitsklamottem irgendwas erklärte, der etwas verärgert darüber schien, was immer es auch war. Die Worte »bis wir den Besitzer ausfindig machen« und »total bekloppt natürlich« kamen mit dem Wind herübergeweht. Der Mann in Arbeitskleidung war offensichtlich bereit, die Umstände gelten zu lassen, wenn auch widerwillig.
Einige Momente später wurde von der Ladefläche des Lastwagens ein Pferd auf die Wiese geführt. Der Mönch zwinkerte mit den Augen. Seine Schaltkreise zitterten und schwankten vor Überraschung. Endlich gab's wieder etwas, woran er glauben konnte, ein wirklich wundersames Ereignis, ein Lohn zumindest für seinen grenzenlosen, wenn auch ziemlich wahllosen Glaubenseifer.
Das Pferd trottete in einer geduldigen, klaglosen Gangart los. Es war längst daran gewöhnt, zu sein, wo man es hintat, aber diesmal hatte es das Gefühl, es war ihm nicht egal. Das hier, dachte es, war eine angenehme Wiese. Hier gab es Gras. Hier gab es eine Hecke, die es sich ansehen würde. Hier gab es genügend Platz, so daß es später einen Trab einlegen konnte, falls es den Drang dazu verspürte. Die Menschen fuhren weg und überließen es seinen eigenen Neigungen, denen es sich sehr gern überlassen fühlte. Es legte einen kleinen Paßgang ein, und dann hörte es einfach aus Spaß an der Freude wieder mit dem Paßgang auf. Es konnte tun, was ihm gefiel. Was für ein Vergnügen.
Was für ein großes und ungewohntes Vergnügen.
Es überblickte gemächlich die ganze Wiese und dann beschloß es, sich Pläne für einen schönen, erholsamen Tag zurechtzulegen. Ein kleiner Trab später, dachte es, vielleicht so um drei. Danach ein bißchen Ruhen drüben an der Ostseite der Wiese, wo das Gras üppiger war. Dort sah es ganz nach der geeigneten Stelle aus, wo man über das Abendessen nachdenken konnte.
Das Mittagessen, meinte es, könnte dagegen vielleicht am Südende der Wiese eingenommen werden, wo ein kleiner Bach floß. Mittagessen am Bach, du meine Güte. Das war ein Glück.
Ihm gefiel auch der Gedanke recht gut, eine halbe Stunde damit zu verbringen, abwechselnd mal ein Stückchen nach links und dann ein Stückchen nach rechts zu trotten, und das aus keinem erkennbaren Grund. Es wußte nicht, ob die Zeit zwischen zwei und drei am besten damit zu verbringen wäre, den Schwanz hin und her schwirren zu lassen oder über Dinge nachzugrübeln.
Natürlich konnte es immer beides tun, wenn es das wollte, und den kleinen Trab ein bißchen später einlegen. Und gerade hatte es etwas erspäht, das wie eine hübsche Hecke aussah, über die hinweg man Dinge beobachten konnte, und damit würde es sich mit Leichtigkeit ein, zwei angenehme Stündchen vor Tisch vertreiben können.
Wunderbar.
Ein großartiger Plan.
Und das beste daran war, daß, nachdem das Pferd ihn sich zurechtgelegt hatte, es ihn nun vollkommen und total ignorieren konnte. Es trottete statt dessen zu einem gemütlichen Plätzchen unter dem einzigen Baum auf der Wiese.
Aus dessen Zweigen fiel der Elektrische Mönch auf den Rücken
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