Der Elfenhuegel
Bedürfnis stieg in ihm auf, teils Lust, teils Hunger. Es wurde sowohl von Schönheit als auch von Jugend angezogen. Aber seine Wünsche waren andere, denn während der Spaß die treibende Motivation des Jugendlichen war, war für das schwarze Ding unter den Baumästen Schönheit nur ein Anfang, sozusagen der Ausgangspunkt. Und nur die Zerstörung der Schönheit erlaubte einem, sie zu verstehen. Der Reichtum von Gabbies Schönheit konnte nur durch eine langsame Reise durch Schmerz und Qual, Pein und Hoffnungslosigkeit, die mit Blut und Tod endeten, erkannt werden. Und wenn der Schmerz kunstvoll ausgeführt wurde, so wie der Meister es gelehrt hat, konnte man diese Pein Generationen dauern lassen.
Als es seine fremden, dunklen Gedanken betrachtete und über das einfache Wunder des Leidens nachdachte, erkannte das schwarze Etwas eine Wahrheit. Welche Freude die Zerstörung des Mädchens auch hervorrufen würde, sie wäre nichts im Vergleich zu der Begeisterung, die aus der Zerstörung der beiden Jungs resultieren würde. So wundervolle Kinder, unschuldig noch und rein. Sie wären der Preis.
Schleichender Terror und Schmerz, so wie sie würden…
Die Kreatur erschauerte in dunkler Erwartung des Bildes, beruhigte sich dann selbst, damit der andere da unten ihn nicht bemerke und das schwarze Ding denselben Schmerz als Gegenleistung fühlen ließe. Der Jugendliche blieb noch einen Moment stehen, eine Hand am Baum, die andere abwesend an seiner Leiste, während er das Bild des lieblichen Menschenmädchens, das vorbeigeritten war, festhielt. Dann, mit der Bewegung eines Spinnentanzes, hüpfte der Mann-Junge zurück in die grüne Vegetation, verschwand aus dem Sichtfeld der Sterblichen, ließ die kleine Lichtung leer zurück, sicher für den Widerhall des schelmischen Gelächters.
Das schwarze Etwas verharrte bewegungslos, bis der Junge in den Wäldern verschwunden war, denn trotz seiner jugendlichen Erscheinung war er einer, den man fürchtete, einer, der großes Leid hervorrufen konnte. Als es befriedigt feststellte, daß er fort war, sprang es mit einem kraftvollen Satz vom Baum. Seine Bewegungen zwischen den Ästen waren fremd, sie hatten nichts Weltliches; es eilte weiter auf einem Botengang der dunklen Absichten.
8
»Was macht deine Mutter?« fragte Jack.
»Weiß ich nicht. Das letzte, was ich gehört habe, war, daß sie irgendwo in Zentral- oder Südafrika steckt und über einen weiteren Bürgerkrieg oder eine Revolution schreibt.« Gabbie seufzte. »Ich höre nicht sehr viel von ihr, vielleicht drei Briefe in den letzten fünf Jahren.
Sie und mein Vater haben sich getrennt, als ich noch keine fünf war.
Damals hatte sie gerade mit dem Buch über den Untergang von Saigon angefangen.«
»Ich las es. Es war brillant.«
Gabbie nickte. »Mom ist eine großartige Schriftstellerin. Aber als Mutter ist sie ein vollkommen hoffnungsloser Fall.«
»Wenn du lieber nicht darüber reden willst…«
»Ist schon in Ordnung. Das meiste ist eh jedem bekannt. Mom versuchte ein paar Romane zu schreiben, bevor sie und mein Vater nach Kalifornien zogen. Sie war sauer, weil Dad von den Kritikern beachtet wurde, während sie Zurückweisungen erhielt. Dad sagte, sie habe nie viel Groll gezeigt, aber es muß eine der ersten Spannungen in ihrer Ehe gewesen sein. Dann bekam Dad das Filmangebot für sein zweites Buch, All the Fine Promises, und sie gingen nach Hollywood. Dad schrieb Drehbücher und verdiente gutes Geld, und Mom hatte mich.
Dann wurde sie politisch aktiv, in der Antikriegsbewegung ’68, direkt nach der Tet-Offensive. Sie schrieb Artikel und Pamphlete, und dann sagte ein Verleger, sie solle doch ein Buch schreiben, weißt du, Why We Resist.«
»Es war ziemlich gut, wenn auch ein bißchen polemisch.«
Gabbie lenkte ihr Pferd um einen von Buschwerk umstandenen, umgefallenen toten Baum. »Ja, sie mag schlechte Romane geschrieben haben, aber ihre Sachbücher waren Dynamit. Sie brachten ihr die Aufmerksamkeit der Kritiker ein – und viel Geld. Die Dinge standen nie sehr gut für die beiden, aber zu dem Zeitpunkt hat der Ärger wirklich angefangen, und es wurde schlimmer, und zwar schnell. Sie war so sehr damit beschäftigt, über die Antikriegsbewegung, dann später über das Ende des Krieges zu schreiben, daß sie ihn die ganze Zeit hängenließ.
Armer Dad, er mußte im Studio essen, und sie kam nicht nach Hause oder zeigte sich auf einem offiziellen Empfang in Flanellhemd und Jeans, diese Sachen halt. Sie wurde ganz
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