Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Elfenhuegel

Der Elfenhuegel

Titel: Der Elfenhuegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
Vom Netzwerk:
es stürzte Gabbie in einen urzeitlichen Gefühlszustand, eine kindliche Bedrohung. Das Mädchen klammerte sich fest an Jack. Er ließ sich nicht erschüttern, war ein Fels, unter dem man Schutz suchen konnte, ihr Beschützer. In diesem Moment geschah etwas in Gabbie, und sie wußte, daß Jack sie verteidigen würde. Und in demselben Moment verschob sie ihre Sorge: Plötzlich hatte sie Angst davor, Jack zu verlieren.
    Das Grauen nahm zu, und Gabbie wußte, daß etwas Kraftvolles und Böses allmählich in greifbare Nähe kam. Was immer es war, es kam in Berührungsnähe. Gabbie vergrub ihr Gesicht an Jacks Brust und hielt den Atem an, überwältigt von der unfaßbaren Angst. Sie spürte, wie sich eine Erscheinung in der Nähe enthüllte, dann um sie herumging, und was immer es war, es wußte, daß sie sich hinter dem Baum versteckten, und war im Begriff, nach ihnen zu greifen, und wenn es sie berührte, wären sie beide verloren. Urzeitliches Erkennen vereinigte sich zu einem Punkt, und ein Schrei entrang sich Gabbies Kehle.
    Dann verschwand die Erscheinung. Gabbie unterdrückte den Drang zu schreien und zu rennen und verschluckte ihre eigene Furcht. Sie spürte, daß Jack vor Spannung steinhart war und in schnellem Rhythmus atmete. Was immer versucht hatte, näher zu kommen, es hatte sich jetzt abgewendet, und auch das Gefühl der Bedrohung war verschwunden. Gabbie vergrub ihre Finger in Jacks T-Shirt und lauschte, doch die böse Erscheinung, das Ding des namenlosen Horrors, war weg.
    In der Dunkelheit hörten sie nur die Geräusche der Nacht, der Wind bewegte die uralten Äste, das Rauschen der Blätter wehte durch die Wälder. Ein Geräusch hier und da ließ die beiden auf der Hut sein vor dem Passieren eines Nachttieres, vielleicht eines Eichhörnchens, das vor einer Eule floh, oder eines Waschbären, der in der Nähe nach Futter suchte.
    Gabbie schnappte tief nach Luft, und ein Gefühl der Erleichterung durchfuhr sie. Sie fühlte, daß Jack sich langsam entspannte. »Bist du okay?« flüsterte er.
    Ihre Antwort kam genauso leise. »Ja. Was zum Teufel war das bloß?«
    »Ich weiß es nicht.« Er führte sie von dem Baumstamm weg und schaute über den Hügel, ohne etwas Auffälliges zu entdecken. Nach einem Moment der Stille fragte Jack: »Was hast du dort gesehen?«
    Gabbie war unentschlossen, sich nicht sicher. »Vage Schatten.
    Vielleicht war es dieses Licht, von dem du mir erzählt hast, als wir ausritten. Weißt du, Sankt-Elms-Feuer. Wie auch immer, es war ziemlich undeutlich.«
    Jack schwieg recht lange. Endlich sagte er: »Ja, das muß es gewesen sein.«
    »Weshalb? Was hast du gesehen?«
    Jack sah sie an, das Gesicht ganz weiß im Mondlicht. »Du denkst wahrscheinlich, ich sei verrückt, aber ich hätte schwören können, daß ich im ersten Moment eine Gruppe Leute gesehen habe, die auf dem Gipfel des Hügels tanzten, sie trugen alle Mäntel und Roben. Dann war es plötzlich, als schaue man durch einen Nebel.«
    »Zuviel Brandy?« fragte Gabbie, aber sie glaubte selbst nicht recht, daß das der Grund sein könnte.
    »Kann sein. Aber eines ist sicher, es war unheimlich.« Er nahm sie bei der Hand und führte sie über den Hügel und hinunter auf den Weg nach Hause. »Von nun an werde ich merkwürdige Geschichten, die mir über diese Wälder zu Ohren kommen, wohl ein bißchen ernster nehmen müssen.«
    Gemeinsam setzten sie ihren Weg fort, und Gabbie überdachte noch einmal, was passiert war. Als sie den Erlkönig-Hügel verließen, wurde die Erinnerung an die Gestalten auf dem Hügel schwächer, weniger deutlich, bis Gabbie schließlich sicher war, nur erkennbare Schatten gesehen zu haben; die Angst, die sie ausgestanden hatte, hielt sie jetzt für eine unbegründete Furcht vor der Dunkelheit.
    Sie überquerten die Troll-Brücke, und je näher sie dem Haus der Eltern kamen, desto mehr festigte sich in Gabbie die Überzeugung, ein Opfer ihrer eigenen Einbildung geworden zu sein.
    »Jack?«
    »Was ist?«
    »Das mag sich dumm anhören, aber… was haben wir dahinten auf dem Hügel gesehen?«
    Jack stolperte, als ob die Frage ihn überraschte, und fiel dann wieder in seinen Schritt zurück. »Was…? Etwas… Ich weiß es nicht. Ich denke, es war ein Spiel des Lichts. Warum?«
    Sie verneinte und fiel dann in Schweigen. Sie konnte sich nicht vorstellen, warum sie diese merkwürdigen Wahrnehmungen jetzt noch beschäftigten. Sie war sich sicher: Was sie und Jack gesehen hatten, war nichts als ein Spiel von Schatten

Weitere Kostenlose Bücher