Der Elfenpakt
Als die Bemalte Dame Sie beide vorhin angerufen hat, sprach sie in das Ohr eines Kollegen von mir, Weiskei heißt er.«
Pyrgus blieb wie angewurzelt stehen. Sie hatten eine Gegend mit verstreut herumliegenden Felsbrocken erreicht, und er war überzeugt, dass sich hinter einem der Felsen irgendetwas bewegt hatte.
»Pscht!«, zischte er.
Nymph reagierte sofort und nahm ihren Bogen von der Schulter. Schweigend deutete Pyrgus auf den Felsen, und sie begann ihn weiträumig zu umkreisen. Pyrgus, dem die Ablenkung mehr als gelegen kam, sagte: »Gehen Sie besser in Deckung, Mr. Woodfordi.«
»Sir!«, bestätigte Woodfordi wie aus der Pistole geschossen.
Pyrgus wurde sich jäh bewusst, dass Nymph sich möglicherweise in Gefahr begab. Eilig lief er auf den Felsen zu und zog sein vertrautes Halekmesser.
Und dann, unfassbar, waren sie plötzlich umzingelt!
ZWEIUNDACHTZIG
B lue schreckte aus dem Schlaf hoch. Für einen ganz kurzen Moment wusste sie nicht, wo sie war, dann sah sie, dass sie sich in den Kaiserlichen Gemächern befand, in einem bequemen Sessel, in dem sie eingeschlafen sein musste. Wie lange war das her? Minuten? Stunden?
Sie fühlte sich besser. Von den Schmerzen, die allesamt aus ihrem Körper gewichen waren, war nur noch eine gewisse Steifheit übrig, und ihr Kopf war jetzt auch viel klarer. Während sie versuchte, sich in ihrem Sessel hochzustemmen, kehrte die Erinnerung mit aller Macht zurück. Der Krieg. Sicher erwartete man sie dringend in der Kommandozentrale.
Als es erneut klopfte, wurde ihr klar, dass dieses Geräusch sie geweckt hatte. »Herein!«, rief sie, und ihr Stimmmuster deaktivierte den Schutzzauber.
Es war Torhüter Fogarty, zusammen mit Madame Cynthia und …
»Was macht er denn hier?«, fragte Blue. Ihr Herz begann zu klopfen. Für einen kurzen verrückten Moment überlegte sie, ob er vielleicht ein Kriegsgefangener war.
»Liebes«, sagte Madame Cynthia zögerlich. »Dein Onkel hat dir etwas mitzuteilen.«
Lord Hairstreak lief ihr bereits entgegen, überheblich wie immer, in seiner geliebten schwarzen Kleidung. »Eure Majestät …«, begann er förmlich.
Was zum Hael hatte er hier zu suchen? Ohne Leibwache. Ohne Uniform. Er wirkte wie auf einem privaten Besuch.
»Ich bin hier, um einen sofortigen Waffenstillstand anzubieten«, sagte er.
Blue starrte ihn an. Sie musste sich verhört haben. Niemand würde nach so kurzer Zeit einen Waffenstillstand anbieten. Es war bestimmt eine Finte.
»Warum?«, fragte sie bloß.
Hairstreaks Miene blieb undurchschaubar. »Weil das Elfenreich verloren ist, wenn wir nicht sofort sämtliche Kampfhandlungen einstellen«, sagte er.
DREIUNDACHTZIG
P yrgus schob das Messer in die Scheide zurück. Aus dem Augenwinkel heraus konnte er sehen, wie Nymph ihren Bogen und die Pfeile vorsichtig auf den Boden legte. Dann hob sie beide Hände, um zu zeigen, dass sie leer waren. Zu seiner Rechten stand in einiger Entfernung Woodfordi, der den Rat, in Deckung zu gehen, offenbar ignoriert hatte, ebenfalls mit erhobenen Händen.
»Wir kommen in friedlicher Absicht«, sagte Pyrgus und kam sich dabei ziemlich albern vor.
Es waren allein an die fünfundzwanzig trinianische Nomaden, die man sah, und hinter den Felsen konnten sich noch einmal wer weiß wie viele verstecken. Wegen der Hitze trugen sie nur einen Lendenschurz, und es waren Vertreter von allen drei Trinianerarten dabei. Die violetten bildeten die Mehrheit, was in so einer lebensfeindlichen Umgebung nicht weiter verwunderte, aber hier und da tauchten auch orangefarbene auf und sogar ein oder zwei grüne. Keiner von ihnen trug eine Waffe – was sie auch nicht mussten, denn alle drei Arten waren giftig. Der Biss eines Trinianers wirkte fast immer tödlich, und selbst wenn sie ihr Gift nur spuckten, konnte einen das für mehrere Monate lahm legen. Pyrgus stellte erleichtert fest, dass ihr Anführer – erkennbar an seinem Federschmuck – ein orangefarbener Trinianer war.
»Eyre ning?«, fragte er feierlich. Sein Gesicht war mit weißen und roten Streifen bemalt.
Pyrgus starrte ihn verständnislos an. Trinianer – selbst die Nomaden – mussten eigentlich die elfische Hochsprache sprechen. Vielleicht tat dieser Trinianer das ja, doch wenn es so war, dann besaß er einen so starken Akzent, dass man es ebenso gut für Hochhalek hätte halten können, eine Klicklautsprache.
»Nach Nordosten, Flachländer«, antwortete Nymph und deutete in die Richtung. Flachländer war eine
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