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Der Elfenpakt

Titel: Der Elfenpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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nach oben und schloss die Tür hinter sich zu.
    Auf seine ganz eigene Art hatte Henrys Zimmer recht viel Ähnlichkeit mit Mr. Fogartys Schuppen, nur dass statt des Werkzeugs bei ihm überall Klamotten verstreut herumlagen, und anstelle der Maschinen standen zahllose Modelle herum. Henry saß auf der Bettkante und dachte darüber nach, wie kindisch diese Modelle wirkten. Mehr als die Hälfte der Schiffe, die er gebaut hatte, waren aus Plastik – nicht zu fassen! Und dann dieses alberne Pappmodell eines fliegenden Schweins. Unvorstellbar, dass es sein letztes Werk gewesen war, nur ein paar Wochen alt. Unvorstellbar, wie stolz er darauf gewesen war.
    Sie klopfte fast sofort an seine Tür.
    »Schieb ab, Mama«, sagte Henry matt.
    »Hier ist nicht Martha«, sagte eine Stimme. »Ich bin’s - Anaïs.«
    Erst nach einer ganzen Weile erhob sich Henry und sperrte die Tür auf.

 
ZWEIUNDZWANZIG
     
    D arf ich reinkommen?«, fragte Anaïs leise. Sie trug Pullover, Jeans und Designerlaufschuhe. Henry zuckte mit den Schultern und wandte sich ab. Er setzte sich wieder aufs Bett, ohne sie anzusehen.
    Anaïs schloss die Tür und blieb einfach so im Zimmer stehen. Aus dem Augenwinkel heraus konnte Henry erkennen, dass sie besorgt wirkte, vielleicht sogar ein bisschen ängstlich. Aber ihre Stimme klang ziemlich fest, als sie sagte: »Henry, wir müssen mal reden.«
    Der Satz hätte genau so von seiner Mutter stammen können. Normalerweise meinte sie damit: Henry, du musst mir zuhören. Dann folgte für gewöhnlich eine Erklärung, was er alles falsch gemacht hatte, warum er es nie wieder tun sollte und was er in Zukunft alles viel, viel besser machen konnte. Aber wer hier vor ihm stand, war natürlich nicht seine Mutter, sondern die zweite Frau im Haus.
    Er zuckte wieder mit den Schultern, starrte auf seine Füße und sagte: »Dann rede doch.«
    »Darf ich mich vielleicht setzen?«, fragte Anaïs ganz locker. Sie bemühte sich zu lächeln.
    »Es gibt hier keinen Sitzplatz«, brummte Henry. Was in etwa stimmte. Die einzige Sitzgelegenheit in seinem Zimmer, ein uralter Sessel mit durchhängenden Polstern, war mit so viel Kram bedeckt, dass man ihn darunter fast nicht mehr erkennen konnte.
    »Ich könnte mich doch zu dir aufs Bett setzen?« Anaïs legte fragend den Kopf schief.
    »Ich möchte aber nicht, dass du neben mir auf dem Bett sitzt!«, erwiderte Henry hitzig. Plötzlich packte ihn eine grenzenlose Wut, und er hatte Mühe, sich zu beherrschen.
    Ihr Lächeln verschwand. »Okay, dann stehe ich eben. Und ich rede, zumindest solange du es nicht tust. Ich wollte dir vor allen Dingen sagen, dass es mir leid tut.«
    Das hatte er am allerwenigsten erwartet. Vor lauter Überraschung legte sich seine Wut wieder, und er sah sie direkt an. Sie fuhr sich mit der Zunge über ihre Lippen und sagte: »Henry, ich weiß, wie schwierig das alles für dich sein muss …«
    »Nein, weißt du nicht«, schnitt er ihr das Wort ab. Seine Wut flammte erneut auf. »Du hast, verdammt noch mal, nicht die geringste Ahnung!« Er starrte wieder auf seine Füße. Wenn er nicht aufpasste, würde er in Tränen ausbrechen.
    »Nein, stimmt«, sagte Anaïs. Ein Teil des Problems war, dass sie so hübsch war. Und so jung. Und wirklich nett war sie auch. Das war das eigentliche Problem. Er wollte sie hassen. Er wollte sie aus tiefster Seele hassen, aber sie war so nett, dass es ihm einfach nicht gelang. Netter als seine Mutter, so viel stand fest. Henry konnte sich einfach nicht vorstellen, was Anaïs an ihr fand.
    »Natürlich hab ich keine Ahnung«, sagte Anaïs. »Aber was ich weiß, ist, dass du dich schrecklich fühlen musst. Ich wünschte, es wäre anders, aber ich kann nicht viel dran ändern. Aber wegzulaufen ist keine Lösung, Henry.«
    »Ich bin nicht weggelaufen«, sagte Henry. »Ich hab bloß bei Charlie übernachtet.« Er blickte sie trotzig an. »Das habe ich ja nicht zum ersten Mal getan.«
    »Henry«, sagte Anaïs geduldig. »Du hast nicht bei Charlie übernachtet. Dort haben wir zuallererst angerufen. Sie hat uns gesagt, dass du dort übernachten wolltest, aber es waren Kusinen oder so zu Besuch, und es gab kein freies Bett. Sie hat sich auch Sorgen um dich gemacht.«
    Das glaub ich gern, dachte Henry. Schließlich hatte er ihr kurz zuvor erzählt, dass ihm Elfen erschienen waren. Was er grässlich fand, war die Art und Weise, wie Anaïs wir sagte, so, als wären Mama und sie ein Paar. Was natürlich stimmte, aber das mussten sie ihm ja nicht auch

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