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Der Elfenpakt

Titel: Der Elfenpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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Gewänder sind schon schlimm genug. Aber ich hielt es für das Beste, hier im Palast zu schlafen, bis der Ausnahmezustand vorüber ist.«
    »Sie stehen dir«, sagte Madame Cardui mit einem breiten, warmen Lächeln. »Kaiser Alan, das klingt hübsch.«
    Fogarty schnaubte. »Ich sehe darin aus wie ein Idiot. Aber sie bewirken, dass die Leute tun, was man ihnen sagt.«
    Das Zimmer, das er verlangt hatte, war spartanisch: von der Sorte, mit der ungeliebte Gäste für gewöhnlich Vorlieb nehmen mussten. Aber es war wenigstens warm. Fogarty zog die Gewänder über den Kopf, streckte sich auf der Tagesdecke seines Bettes aus und klopfte auf den leeren Platz neben sich.
    Madame Cardui durchschritt langsam den Raum, während er sie keine Sekunde aus den Augen ließ. Seltsam, wo er hier gelandet war. Er lebte tatsächlich in einer anderen Dimension der Realität – das, worüber man immer nur spekuliert hatte, als sein Beruf noch die Quantenphysik gewesen war. Allerdings auch nicht viel seltsamer, als dieser wunderbaren Frau zu begegnen. In seinem Alter!
    Sie legte sich neben ihn und griff nach seiner Hand. Zum ersten Mal tat es ihm nicht weh. Die Verjüngungsmittel hatten seine Arthritis in allen fünf Fingern vollkommen beseitigt und begannen inzwischen auch in der anderen Hand zu wirken. Sogar einige seiner Altersflecken schienen zu verblassen, und gerade an diesem Morgen war es ihm beim Kämmen seiner wenigen noch verbliebenen grauen Strähnen so vorgekommen, als würden neue Haare sprießen. Wenn er den Zauberern und ihren Mittelchen noch ein wenig Zeit ließ, würde er irgendwann aussehen wie Robert Redford.
    »Du wirkst nachdenklich«, bemerkte Cynthia.
    »Ich habe über den Krieg nachgedacht«, sagte Fogarty.
    »Und was sind das für Gedanken?«
    »Dass Kriege immer so unvermeidlich scheinen«, sagte Fogarty mit einem Blick an die Decke. »Als ich zur Schule ging, hatte ich einen Lehrer, der uns sagte, man müsste sich den Lauf der Geschichte nicht als eine Friedensperiode, unterbrochen von kurzen Kriegen, vorstellen, sondern als einen langen Krieg, unterbrochen von kurzen Zeiten des Friedens. Ich denke, damit hatte er wohl gar nicht so Unrecht.« Fogarty rollte sich auf die Seite, um ihr ins Gesicht zu schauen. »Mein Vater war von 1914 bis 1918 mit dabei.«
    »Was war ›1914 bis 1918‹?«, fragte sie.
    »Der Erste Weltkrieg«, erklärte Fogarty. »Der erste Krieg in meiner Welt, an dem fast alle Länder unseres Planeten beteiligt waren – zumindest alle wichtigen. Acht Millionen Soldaten verloren wir in diesem Krieg. Sie wurden niedergemetzelt – dazu noch viel mehr Zivilisten. Man nannte es den Krieg, der alle Kriege beenden sollte. Für meinen Vater war es in der Tat das Ende – er wurde in der Schlacht an der Somme von einer Kugel erwischt. Aber die Kriege wurden dadurch keinesfalls beendet. Zwanzig Jahre später haben wir das Ganze gleich noch mal wiederholt. Bei diesem Krieg war ich auch mit dabei.«
    »Das hast du mir erzählt«, sagte Madame Cardui und streichelte zärtlich seine Hand.
    »Vielleicht hätte ich es toller gefunden, wenn ich gewusst hätte, dass ich überleben würde. Ich hatte die ganze Zeit über Angst, war meistens erschöpft und hatte nach meiner Verwundung häufig Schmerzen. – Wusstest du, dass mir die Wunde bei feuchtem Wetter immer noch zu schaffen macht? – In diesem Krieg haben wir ganze Städte zerstört, sogar ganze Länder.«
    »Wir haben dafür einen Zauber«, sagte Madame Cardui leise. »Aber niemand hat sich je getraut, ihn einzusetzen.«
    »Das Schlimme ist«, erzählte Fogarty weiter, »dass auch dieser Krieg die Kriege nicht beendet hat. Fünf Jahre später gab es einen neuen Krieg in Asien, in einem Land namens Korea. Dann begannen wir in der Nähe einen weiteren, in Vietnam. Der dauerte zwanzig Jahre. Es folgten der Afghanistan-Krieg, der Sechs-Tage-Krieg zwischen Arabern und Israelis, der Irak-Iran-Krieg, zwei weitere Golfkriege, der Falklandkrieg, die Kriege in Angola und Gott weiß wie viele andere Bürgerkriege, von denen nicht mal groß die Rede war. Jetzt verstehst du bestimmt, was mein alter Geschichtslehrer gemeint hat.«
    »Ganz so schlimm ist es im Elfenreich nicht gewesen«, sagte Madame Cardui. »Aber fast.«
    »Was mich so aufregt«, sagte Fogarty, »ist, dass wenn die Dinge langsam auf einen Krieg zusteuern, anscheinend niemand mehr in der Lage ist, ihn aufzuhalten. Wer seine Soldaten einmal mobilisiert hat, scheint sie auch in den Krieg zu schicken,

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