Der Elfenpakt
steuern. Bis hin zum Mord. Blue rückte unruhig hin und her. Sie hatte immer noch das Gefühl, dass Henry ihr irgendetwas verschwieg.
»Warum haben sie dich ausgesucht, Henry?«, fragte sie noch einmal.
Henrys Gesicht lief knallrot an. Er schlug die Augen nieder und rückte linkisch ein wenig von ihr ab. Einen Moment lang dachte sie, dass er nicht antworten würde, dann aber murmelte er leise: »Sie denken, dass du vielleicht in mich verliebt bist…«
Blue hätte es ihm am liebsten gesagt, doch es war nicht der richtige Zeitpunkt. Außerdem konnte sie gerade an nichts anderes denken als an ihre Wut auf die Dämonen. »Sie denken, sie brauchen uns nur zusammen in ein Zimmer zu stecken, und schon machen wir ein Kind, nur weil ich in dich verliebt bin?«
Henry bedachte sie mit einem merkwürdigen Blick. Nach einer Weile sagte er: »Sie verstehen nicht sehr viel von Gefühlen.«
»Nein, in der Tat.« Es war fast zum Lachen.
»Natürlich …«, begann Henry und unterbrach sich.
Irgendetwas in seinem Tonfall schürte erneut ihr Misstrauen. »Was? Komm schon, Henry, ich muss alles wissen, ehe sie dich wieder in einen Dämon verwandeln. Das ist unsere einzige Möglichkeit, lebend aus dieser Sache rauszukommen.«
Henry sagte stockend: »Wenn wir nicht … Wenn wir nicht … also … wenn wir nicht, ich meine, freiwillig, dann werden sie … werden sie …« Er schluckte. »Dann werden sie dich zwingen. Sie werden dich festhalten.«
Sie brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, was er da sagte. »Und du würdest …?«, fragte sie schockiert.
»Sie werden mich wieder in einen Dämon verwandeln!«, jammerte er.
Und plötzlich, ganz plötzlich, wurde ihr klar, was er durchmachen musste. Ihr Tonfall wurde versöhnlicher. »Also werden sie das auf jeden Fall versuchen, wenn wir … es nicht freiwillig tun?« Fast hätte sie hinzugefügt: weil ich dich liebe.
Henry nickte. »Ja.«
Sie erhob sich seufzend und schritt zum Bildschirm hinüber. »Dazu ist der hier da, nicht wahr? Um zu sehen, was wir tun?«
»Ja.«
Blue gelang es unter größter Willensanstrengung, sich zusammenzureißen und eine Gelassenheit zur Schau zu stellen, die sie nicht empfand. Sie musste stark genug für sie beide sein, für Henry und für sich selbst.
»Was geschieht, wenn ich nicht schwanger werde?«
»Das spielt keine Rolle«, sagte Henry. »Sie werden es sofort wissen – sie stellen es mit irgendeiner Untersuchungsmethode fest. Wenn du nicht schwanger wirst, werden sie das Elfenreich angreifen.«
Blue starrte ihn an. »Sämtliche Portale sind doch geschlossen«, sagte sie begriffsstutzig.
»Sie haben neue geöffnet«, erklärte Henry.
SECHSUNDSECHZIG
U m zum Eingang des Rohrpostschachts zu gelangen, musste man eine ganze Reihe strengstens bewachter Kontrollen passieren. Fogarty, Madame Cardui und Pyrgus wurden natürlich erkannt, so dass sich die Formalitäten auf ein Minimum beschränkten. Dennoch konnten sie sich nur streckenweise frei unterhalten.
»Die Sache ist die«, sagte Fogarty zu Madame Cardui, »dass wir mit der Waldelfen-Zaubertechnologie unentdeckt aufs Ogyris-Grundstück gelangen könnten. Sie könnten sich von Baum zu Baum fortbewegen. Gibt es in der Nähe der Kristallblumen irgendwelche Bäume?«, fragte er Pyrgus.
»Es wäre vielleicht sinnvoller, wenn ich das Kommando leiten würde«, seufzte Pyrgus. »Ich kenne das Grundstück. Ich bin dort gewesen. Und ich weiß, wo die Blumen sind. Sie sind nicht leicht zu finden, wissen Sie.«
»Und selbst wenn sie es nicht können«, sagte Fogarty, der keine Miene verzog, »wissen wir, dass sie auch durch feste Oberflächen viel besser durchkommen als wir.«
»Das mag ja alles stimmen, mein Lieber«, antwortete Madame Cardui vage. »Nur ist Kleo vielleicht gar nicht einverstanden.«
»Und ich bin der Einzige, der so eine Zeitblume schon mal berührt hat«, sagte Pyrgus. Abgesehen von Henry, der gerade nicht da war und ihnen sowieso mindestens die Hälfte des ganzen Schlamassels eingebrockt hatte.
»Sie wird schon einverstanden sein«, sagte Fogarty vollkommen überzeugt. Er senkte seine Stimme, als sie eine weitere Kontrolle passierten.
»Und ich bin der Einzige, der weiß, wie man sie zerstört«, sagte Pyrgus und fragte sich im Stillen, ob sie darauf wohl hereinfallen würden.
Madame Cardui überging Pyrgus’ Bemerkung und fragte Fogarty: »Was hast du denn vor?«
»Sie bezirzen«, erwiderte Fogarty bloß.
Sie traten aus dem Kontrollgang in den riesigen
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