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Der Elfenthron - Brennan, H: Elfenthron

Der Elfenthron - Brennan, H: Elfenthron

Titel: Der Elfenthron - Brennan, H: Elfenthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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unangenehm, und nach ein paar Schritten wurde er sogar tröstlich, als wären sie selbst Teil einer schützenden Herde geworden. Ein paar der Kreaturen streckten die Köpfe aus, um an ihnen zu schnüffeln. Keine zeigte irgendwelche Anzeichen von Aggression.
    Da sie von Mantikoren umringt waren, konnten sie nichts außer Aboventouns großen schwingenden Skorpionstachel sehen.
    Plötzlich, ganz ohne Vorwarnung, zerstreuten sich die Mantikore und gaben eine große kreisrunde Fläche frei. Mitten darauf stand   …
    Aboventoun senkte den Kopf und beugte dann langsam und vorsichtig seine Vorderbeine. Mella fragte sich, was um der Götter willen er da eigentlich tat, und begriff dann, dass er kniete. Sie starrte mit offenem Mund auf das Ding, vor dem er kniete.
    Mella hatte angenommen, dass der Anführer der Mantikore selbst ein Mantikor war. Oder vielleicht eine Mantikorin. Aber sie hätte sich vielleicht fragen sollen, wie ein stummes Biest, ganz gleich, wie mächtig es war, ein anderes seiner Art davon hätte überzeugen können zu sprechen. Was sie jetzt anblickte, war riesig, stark und wild, aber ganz gewiss kein Mantikor. Es war gewaltig, hatte Fangzähne, einen Elfenleib und war gefiedert, hatte wilde untertassengroße Augen und Würgehände. Es erhob sich und überragte sie, Aboventoun und jede andere Kreatur in der Nähe. Sie konnte es sehen,sie konnte es riechen   – es hatte einen schweren, würzigen Geruch   –, und dennoch schien es auf irgendeine merkwürdige Weise gar nicht ganz da zu sein.
    Es erschnüffelte ihren Geruch durch seine zuckenden Nüstern und lächelte dann ein wissendes Lächeln. »Ich bin einmal deiner Mutter begegnet«, sagte es mit einer Stimme, die in Mellas Kopf widerhallte.
    Mella öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Es schien ihr ganz unmöglich zu sprechen. Wenn die Mantikore erschreckend waren, dann war dieses Ding der blanke Horror. Ich bin einmal deiner Mutter begegnet? Mella versuchte wieder zu sprechen und scheiterte erneut.
    »Ich bin Yidam«, sagte die Kreatur. »Aber du kannst mich auch George nennen.«

Sechsundvierzig
    Es war völlig ausgeschlossen, zu dieser Kreatur George zu sagen. So, wie sie zwischen Existenz und Nichtexistenz zu schimmern schien, fragte Mella sich, ob sie ihnen irgendwie gestattete, sie zu sehen, ob sie den Mantikoren gestattete, sie zu sehen. Sie wirkten respektvoll, aber gelassen, obwohl dieses Ding, dieser Yidam, größer war als sie selbst und eine Aura von Macht ausstrahlte, die beinahe überwältigend war. Mella wusste, auf was sie da blickte, obwohl sie nie zuvor etwas Vergleichbares gesehen oder auch nur den Namen gehört hatte. Ich bin einmal deiner Mutter begegnet. Wenn das stimmte, dann war es etwas, worüber ihre Mutter nie gesprochen hatte.
    Mella spürte, wie Mella II an ihre Seite trat. »Was ist das?«, flüsterte Mella II.
    »Das ist einer der Alten Götter«, flüsterte Mella zurück, ohne den Blick von der Kreatur abzuwenden. »Manchmalmischen sie sich in die Elfenangelegenheiten ein.« Blue hatte ihr oft die Geschichte erzählt, wie Henry sie vor dem Drachen gerettet hatte. Obwohl Mella immer dachte, dass das Ganze reichlich übertrieben sein musste   – ihre Eltern glaubten tatsächlich, dass sie absolut naiv war   –, gab es ein Detail, das sich fest in ihren Gedanken verankert hatte. Ein anderer der Alten Götter   – sein Name war Loki   – hatte in der ganzen Sache erheblichen Einfluss ausgeübt.
    Aber es war nicht diese Einmischung, die Mella beeindruckte. Schließlich gab es haufenweise alte Legenden über Götter, die erschienen, wenn man sie am wenigsten erwartete. Nein, was Mella beeindruckte, war der Grund, den Blue für diese Einmischung angab:
    »Ein Priester hat mir einmal erzählt, dass die Alten Götter glauben, das Leben der Sterblichen diene dazu, bestimmte Geschichten wahr werden zu lassen. Manchmal greifen sie ein, damit die Geschichten auch so ausgehen, wie sie ausgehen sollen   – so, wie das Schicksal sie bestimmt hat.« Dann ein schüchternes kleines
Lächeln. »Also nehme ich an, dass dein Vater und ich vom Schicksal dazu bestimmt waren, zu heiraten und dich zu bekommen.«
    Die Sentimentalität dieses Schicksalsglaubens sorgte normalerweise dafür, dass Mella sich übergeben wollte, aber auch wenn sie lieber gestorben wäre, als es zuzugeben, lag doch etwas Faszinierendes in der Idee, die eigene Geschichte, die eigene heroische Geschichte, mithilfe der Götter zu leben. War auch sie in

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