Der Elfenthron - Brennan, H: Elfenthron
Augenblick später sagte Pyrgus: »Vielleicht sollten Sie versuchen, eine Verbindung zu Henry herzustellen.«
Madame Cardui wandte sich wortlos wieder den Knöpfen zu. Beinahe sofort formte sich auf dem Schirm ein Bild. Es zeigte die übliche Vogelperspektive und führte dann einen schwungvollen Zoom aus. Pyrgus beugte sich vor und seine Schulter berührte beinahe die Madame Carduis. Gemeinsam starrten sie auf die Szene.
»Oh ihr Götter!«, schrie Madame Cardui voller Schrecken.
Zweiunddreißig
»Warum haben Sie uns eingesperrt?«, fragte Mella. Sie wurde immer rot, wenn sie sich richtig aufregte, was absolut ärgerlich war, wenn man eigentlich cool, erwachsen und abgeklärt erscheinen wollte. Und genauso wollte sie jetzt erscheinen, besonders weil Tante Aisling sie die ganzeZeit wie ein richtiges
Kind
behandelt hatte und lauter blöde Kommentare abgegeben hatte, die sie beruhigen sollten, aber einfach nur
blöde
waren und dem, was da wirklich los war, nicht einmal ansatzweise gerecht wurden. Wahrscheinlich.
Kameradin Ysabeau hatte ihr Kapuzenkleid abgelegt und trug jetzt eine ziemlich attraktive festliche Robe. Sie sah Mella milde überrascht an. »Zur Sicherheit«, sagte sie. »Werden Sie im Palast nicht eingeschlossen?«
»Das werde ich ganz gewiss nicht«, sagte Mella streng.
»Es ist, fürchte ich, hier Routine. Sogar automatisch.«
»Ich wette, Sie werden nicht eingeschlossen, wenn Sie in Ihr Zimmer gehen«, sagte Mella säuerlich.
»Aber natürlich werde ich das, meine Liebe.« Ysabeau warf ihr ein strahlendes Lächeln zu. »Das gilt für alle von uns aus der Tafel der Sieben. Das ist eine Standard-Sicherheitsmaßnahme.«
Sicherheitsmaßnahme gegen
was
? Gegen
wen
? Wie konnten die Haleklinder so leben? Immer hinter Schloss und Riegel, immer unter magischem Schutz gegen Eindringlinge. Das war wie im Gefängnis. Obwohl das vielleicht gar nicht für
alle
Haleklinder galt, sondern nur für die Herrschenden. Mella war sich nicht ganz sicher, aber sie dachte, die Tafel der Sieben regierte noch nicht lange in Haleklind. Waren sie nicht erst seit letztem Jahr an der Macht? Oder vielleicht seit vorletztem? Vielleicht lag es ja daran. Vielleicht hatten sie sich noch nicht ans Regieren gewöhnt. Das musste sie ja nervös machen. Es musste grässlich sein, ohne jede Ausbildung ein Land zu regieren. Im Elfenreich regierte die Kaiserliche Familie schon seit Jahrhunderten. Man wurde von klein auf an die Pflichten und an sein Schicksal herangeführt. Was ja
wirklich
einen Unterschied machte.
Tante Aisling grinste auf diese echt unerträgliche Art, die sie sich angewöhnt hatte. Sie bestand darauf, dass es für alles eine absolut harmlose Erklärung gab, und nun drückte ihr ganzer Gesichtsausdruck ein:
Ich hab’s dir doch gesagt!
aus. Als ob man den Zauberern tatsächlich trauen könnte. Jederwusste doch, wie aalglatt die waren. Mella machte noch einen Versuch.
»Was passiert denn, wenn man rauswill? Was passiert, wenn man mal …«, sie wollte gerade sagen,
auf die Toilette muss
, bemerkte aber im letzten Augenblick, dass es in ihrer Suite ein prächtiges Badezimmer gab. Stattdessen sagte sie vage: »… irgendwohin muss?«
»Sie klopfen einfach an die Tür«, sagte Ysabeau, als wäre es das Offensichtlichste von der Welt. »Alle Sicherheitszauber sind für die zu schützende Person maßgeschneidert. Sie sind jederzeit Herrin der Lage.«
»Oh«, sagte Mella.
»Siehst du?«, warf Aisling heiter ein. »Habe ich dir nicht gesagt, dass es eine vollkommen vernünftige Erklärung für das alles gibt?« Sie wandte sich mit einem vollkommen unerträglichen, affektierten Lächeln an Ysabeau. »Ich fürchte, meine Nichte ist noch ein bisschen zu jung, um all die Feinheiten der Etikette zu verstehen. Bitte gestatten Sie mir, Ihnen unseren Dank für Ihre außergewöhnliche Gastfreundschaft auszusprechen. Unsere Räumlichkeiten sind absolut
entzückend
, und die Kleidung und die Betreuung, die Sie uns haben zukommen lassen … also, ich weiß gar nicht mehr, wie ich ohne das alles auskommen soll, wenn wir Sie wieder verlassen.«
Ysabeau machte eine bescheidene Geste. »Die Schuhe und die Kleidung sind ein kleines Geschenk«, sagte sie. »Sie müssen einfach mitnehmen, was Ihnen gefällt, wenn Sie abreisen. Wir werden Sie natürlich mit Faserkoffern ausstatten. Nun«, fügte sie knapp hinzu, »wir veranstalten einen kleinen Staatsempfang und ein Bankett zu Ihren Ehren.« Sie warf Mella einen abschätzigen Blick
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