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Der Elfenthron - Brennan, H: Elfenthron

Der Elfenthron - Brennan, H: Elfenthron

Titel: Der Elfenthron - Brennan, H: Elfenthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbie Brennan
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Bei Mella beginnend, umkreisten die Handschuhe den Tisch, füllten die Gläser und zogen sich dann diskret zurück. Mella, die zu Hause keinen Wein trinken durfte, nahm schnell einen Schluck und fand, dass sie ihn auch jetzt nicht besonders mochte, auch wenn sie das nicht am Trinken hinderte, wo sie einmal die Chance dazu hatte. Aisling leerte ihr Glas zur Hälfte, schloss die Augen und murmelte: »
Göttlich!«
Die weißen Handschuhe eilten herbei, um ihr nachzuschenken.
    Im Purpurpalast folgten die Abendessen einem schlichten, aus der Gegenwelt vertrauten Muster   – Vorspeise, Hauptgericht, Pudding, dann vielleicht Ersatz für Tee oder Kaffee   –, aber man tat das bloß, damit ihr Vater sich ein bisschen wie zu Hause fühlte. Überall sonst im Elfenreich waren die Mahlzeiten üppiger: drei Vorspeisen, ein kleiner Becher Ambrosia, Salatblätter mit Fisch, gebratenes Wild, gekochtes Gemüse, dann eine kleine Verdauungspause und ein herzliches Dankeslied, schließlich Brot und Honig. In Haleklind folgten die Zauberer wiederum einem anderen Ablauf. Jedem wurden von einem uniformierten Lakai zwei fingerhutgroße Becher hingestellt. In dem einen entdeckte Mella Tropfen einer silbernen Flüssigkeit, in dem anderen einer goldenen, beide waren offenkundig alchemistische Destillate. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, was Kameradin Ysabeau tat, die erst das Silber und dann das Gold trank. Sie tat es ihr nach. Vom Silber bekam sie sofort ein Völlegefühl, während das Gold die Wirkung umkehrte, sodass sie wieder Heißhunger verspürte. Sie bemerkte, dass die wenigen Tropfen in den Bechern sich jedes Mal erneuerten, sobald sie getrunken hatte.
    Was nun folgte, war ein Gang nach dem anderen, weder übertrieben großzügig noch übertrieben kleinlich bemessen, wobei Süßes mit Saurem abwechselte. Indem sie ihre Gastgeberin beobachtete, begriff Mella schnell, wie man die alchemistischen Tränke benutzte. Wenn ein bestimmter Gangnicht üppig genug ausfiel und man noch Hunger hatte, dann schlürfte man etwas vom Silber, und sofort war man satt. Wenn man zu viel aufgetischt bekam, trank man vom Gold und war gleich wieder so hungrig, dass man alles aufessen konnte. Wenn man beide Tränke auf einmal nahm, veränderte man seinen Geschmackssinn so, dass einem ein Gericht, das man sonst nicht mochte, plötzlich ganz köstlich erschien. Es gab außerdem alchemistische Feinheiten   – wenn man zum Beispiel drei Sekunden nach dem Silber das Gold trank, machte das einen durstig   –, aber Mella hatte erst einige davon entdeckt, als Kameradin Ysabeau ihre Aufmerksamkeit ablenkte.
    »Vielleicht, Eure Durchlaucht«, sagte Ysabeau beiläufig, »mögen Sie uns erklären, wie wir zu der Ehre Ihres Besuches und desjenigen Ihrer erlauchten Tante kommen?« Sie machte eine winzige Pause und fügte dann hinzu: »Und wie es Ihnen gelungen ist, hier einzureisen   …?«
    Mella setzte vorsichtig eine Gabel voll Seegras ab. Es war eine Frage, die auf der Hand lag, und sie hatte schon mit ihr gerechnet: In Wirklichkeit war sie überrascht, dass sie so lange auf sich hatte warten lassen. In der Zwischenzeit hatte sie angestrengt darüber nachgedacht und konnte keinen Grund dafür erkennen, warum sie nicht die Wahrheit sagen sollte. Passend ausgeschmückt natürlich, um den diplomatischen Gepflogenheiten zu genügen. Sie warf Kameradin Ysabeau ein unergründliches Lächeln zu.
    »Es ist schon lange unser Wunsch«, sagte sie und benutzte dabei kühn das kaiserliche »Wir«, das so effektvoll klang, wenn ihre Mutter es verwendete, »Ihr entzückendes Land zu besuchen und mit eigenen Augen die Frucht Ihrer glorreichen Revolution in Augenschein zu nehmen.«
    »Tatsächlich?«, murmelte Ysabeau gleichermaßen unergründlich.
    »Wir hatten jedoch nicht die Möglichkeit«, fuhr Mella fort, »einen offiziellen Besuch zu arrangieren.« Sie nahm versehentlich einen Schluck vom goldenen Trank und mussteheftig gegen den Drang ankämpfen, noch einen Bissen von dem Seegras zu nehmen. »Und so sind wir sehr erfreut, nun hier zu sein«, fügte sie schnell hinzu. Es war eine nicht ganz so befriedigende Erklärung wie die, die sie eingeübt hatte, aber sie musste jetzt einfach ausreichen. Sie spießte das Seegras auf die Gabel und schob es sich ungeniert in den Mund.
    Kameradin Ysabeau sagte: »Und auf welche Weise sind Sie nun eingereist?«
    Mella spürte, dass sie mit einer verschwommenen Antwort auf diese Frage nicht durchkommen würde: Die Haleklinder waren

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