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Der endlose Tod

Der endlose Tod

Titel: Der endlose Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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verzehrte, ergriff ich ihr Halfter und beruhigte und streichelte sie, bis sie ganz ruhig wurde.
    Die sanfte Wärme ihres seidenen Fells zeigte an, dass für sie gut gesorgt wurde und sie bei guter Gesundheit war. Das wenige Blut, das ich benötigte, um meine eigene Stärke aufrechtzuerhalten, konnte sie gut entbehren, ohne dass sie davon krank wurde. Ich kniete mich hin und suchte nach einer Vene an der Oberfläche ihres linken Vorderbeines. Mit gierigen Fingern strich ich darüber. Mein Magen drehte sich auf höchst angenehme Weise um, in freudiger Erwartung dessen, was kommen würde. Mein Mund und meine Zunge waren trocken, aber dem würde bald abgeholfen werden.
    Die Eckzähne in meinem Oberkiefer waren länger geworden als die anderen und ragten leicht hervor. Das war ein merkwürdiges Gefühl, aber ich mochte es. Ich mochte es sogar noch mehr, als ich mich über die Vene beugte und die Eckzähne benutzte, um sanft und schnell das dazwischenliegende Fleisch zu durchtrennen.
    Gott, dieser Schwall von roter Hitze war einfach wundervoll. Er rollte durch mich hindurch, sättigte mich, befriedigte mich, beruhigte mich, wusch alle dunklen Zweifel, die ich gehegt hatte, mit einem Schlag fort. Dies war Speise in ihrer einfachsten Form, so grundlegend wie Muttermilch. Und ich fühlte mich auch wie ein saugendes Baby, als ich die unglaublich belebende Nahrung trank, wie ich sie nie zuvor gekannt hatte, das heißt, bewusst gekannt hatte. Es ist unvermeidlich, dass sich unsere Erinnerungen an unsere Säuglingszeit, an das Stillen, an diese letzte physische Verbindung, die wir zu unseren Müttern haben, auflösen, wenn wir älter werden, aber die Sehnsucht und das Bedürfnis nach Erfüllung bleibt uns für immer erhalten. Andere mögen ihr Leben lang danach streben, diesen süßen Zustand auf die eine oder andere Weise wiederherzustellen, aber mein eigenes Bestreben, nach diesem heiteren Genuss zu suchen, war offensichtlich beendet.
    Die Wunde, die ich verursacht hatte, war klein, und der Blutfluss nahm allmählich ab. Ich leckte den Rest ab und zog mich zurück, indem ich Desdemona einen beruhigenden Klaps und einen zweiten Apfel aus einer anderen Tasche gab. Als ob nichts oder nichts Unrechtes geschehen sei, pflückte sie die Frucht mit ihren samtenen Lippen und fraß sie, während ich mich leichter machte und mich von der Weide treiben ließ.
    Auf der anderen Seite des Zaunes materialisierte ich mich wieder, lehnte mich darauf und holte Atem in der frühen Morgenluft. Die Dämmerung war nicht mehr weit entfernt, aber ich hatte noch mehr als genug Zeit, um die alte Scheune zu erreichen, bevor die aufgehende Sonne zu einem Problem werden würde.
    Ich verließ den Zaun und schritt über die Felder. Nicht dass die Neuheit des Fliegens sich schon abgenutzt hätte, aber ich genoss den gleichmäßigen Marsch auf seine Weise. Auch ermöglichte er es mir, meine verbesserten Sinne auszuprobieren, da sie jedes Mal so gedämpft wurden, wenn ich aufhörte, körperlich zu sein. Mit offenen Augen und Ohren sog ich das, was zu sehen und zu hören war, ebenso begierig auf, wie ich Desdemonas Blut getrunken hatte, da ich Nahrung für meinen Verstand ebenso ersehnte wie für meinen Körper.
    Mit feuchtem Gras und Blättern unter meinen Füßen, den Nachtvögeln, die sich ihre letzten Rufe vor dem Schlafengehen zuzwitscherten, und den Tagvögeln, die schläfrig erwachten, sowie dem kühlen Wind auf meinem Gesicht, war es, als ob ich all dieses neu erlebe, wie ein neugeborenes Kind. Aber anders als dieses imaginäre Baby konnte ich alles erkennen und wertschätzen. Wissenschaft, Philosophie oder Magie, welche Macht auch immer mich aus dem Grab zurückgeholt hatte, sie hatte mich gelehrt, die Schönheit der Welt von neuem zu schätzen. Dinge, die ich einst gleichsam als selbstverständlich abgetan hatte, erregten nun meine Aufmerksamkeit, wie die grazile Form eines Astes oder das sanfte Muster von Moos auf einem Stein. Ich wollte alles sehen und berühren, alles wissen und verstehen. Mir war eine zweite Chance gegeben worden, dies zu tun; ich wollte sie nutzen und auf keinen Fall vergeuden.
    Obwohl es unwahrscheinlich war, dass ich hier, auf meinem eigenen Land, auf einen lästigen Wachtposten stoßen würde, achtete ich darauf, nicht zu viel Lärm zu machen. Es würde mir keine Schwierigkeiten bereiten, mit Ärger fertig zu werden, aber es machte keinen Sinn, diesen überhaupt erst hervorzurufen.
    Die Sorgen, die ich Elizabeth zuvor anvertraut

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