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Der endlose Tod

Der endlose Tod

Titel: Der endlose Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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gesamten menschlichen Rasse im Blut.
    Mutter hatte gut ausgesehen – das war einmal – aber sie war nicht besonders klug. Sie kam gut mit den Regeln zurecht, die Gesellschaft und Gebräuche ihr auferlegten, aber ihre Intelligenz war eher eine instinktive Bauernschläue als etwas anderes. Kein Wunder, dass sie sich so viele Sorgen machte, was andere Leute dachten. Ohne es zu wissen, erledigten sie im Grunde genommen das Denken für sie, indem sie ihr sagten, was richtig war und was sie zu tun und zu sagen hatte. Alles, was sie tat und sagte, entsprang nicht ihren eigenen Wünschen, sondern war ein Spiegel der Wünsche anderer.
    Ich konnte meine Mutter nur anstarren; Gefühle wie Schock, Schrecken und Mitleid wirbelten auf unangenehme Weise in mir herum. Dies war schlimm genug, aber Vater anzusehen und das Gleiche zu fühlen, war noch viel schlimmer ... Gott sei uns allen gnädig.
    »Stimmt etwas nicht, Mr. Barrett?«, wollte Beldon wissen, der zurückgekehrt war und nun neben mir stand. Vater war mit Rapelji in die Bibliothek gegangen. »Sie wirken ein wenig ...«
    Gequält?
    »– blass.«
    »Ich glaube, ich brauche etwas frische Luft, Doktor.«
    Er trat einen Schritt zurück, um mir Platz zu machen. »Aber es ist draußen sehr kalt.«
    »Gut.«
    Meine ausgetrunkene Tasse ließ ich mit der Untertasse auf einem Tisch stehen und verschwand leise, da ich nicht den Wunsch hegte, die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Ich verließ das Haus durch die Vordertür und beschleunigte meinen Schritt, bis ich mich hinter einem unserer größeren Bäume befand und damit außer Sichtweite war. Der Schnee war auf dieser Seite nicht so tief und reichte kaum über meine Schuhe. Nicht dass ich mir zur Zeit Gedanken darüber oder über etwas anderes machte. Ich atmete ein und aus, als ob ich mich von dem staubigen Geschmack des plötzlich stickig gewordene« Raums befreien wollte.
    »Mr. Jonathan?«
    Zur Hölle, ich wollte allein sein.
    Jericho tauchte auf und trug ein besorgtes Gesicht zur Schau.
    »Was gibt es?«
    Eine seiner Augenbrauen wölbte sich. »Mir ist bewusst, was zwischen Ihnen und Mr. Barrett vorgefallen ist.«
    Ja, er hatte direkt hinter uns gestanden, wie üblich mit der Punschterrine beschäftigt. Natürlich hatte er alles gehört. Aber konnte er meine Gedanken gehört haben? Bei den Bediensteten hatte er einen entsprechenden Ruf.
    »Ihr Vater ist ein großartiger Mann«, stellte er fest.
    Noch mehr Gedankenleserei? Nein, aber Jericho hatte meine Reaktionen korrekt gedeutet. Da er mich seit meiner Geburt kannte, hatte er sofort verstanden, was durch Vaters beiläufige Bemerkung in mir ausgelöst worden war.
    »Er ist auch ein sehr weiser Mann.«
    »Ich bin froh, dass du das denkst«, sagte ich grob.
    »Aber ein weiser Mann wird dies erst, nachdem er Fehler gemacht hat.«
    »Also war es ein Fehler, dass Vater Mutter geheiratet hat?«
    »Ihr Urteil über ihn ist es.«
    Sobald er seine Worte ausgesprochen hatte, übermannte mich die Scham, und ich ließ den Kopf hängen. »Es tut mir Leid.«
    »Ihr Vater ist ein Mensch, Mr. Jonathan. So wie meiner. So wie alle Väter, alle Eltern.«
    »Ja, ich weiß das. Ich wusste es schon immer, aber heute Abend hat es mich wohl plötzlich völlig überfallen.«
    »Kein Kind ist jemals glücklich darüber, wenn es von der wahren Verletzlichkeit seiner Eltern erfährt. Es erschüttert seine Welt zu sehr.«
    Das ist das, was passiert ist, dachte ich. »Du hast vollkommen Recht. Ich bin sehr dumm mit der ganzen Angelegenheit umgegangen.«
    Dieses Mal wahrte Jericho ein diplomatisches Schweigen. Für einige Zeit.
    »Es ist ziemlich kalt, Sir.«
    »Genau das sagte Beldon vor einem Moment zu mir. Also gut.« Ich ließ ihn den Weg zum Haus vorangehen. Wir stampften uns den Schnee von den Füßen.
    »Ob ich ihn genauso sehen werde wie zuvor, das frage ich mich.«
    Er schüttelte den Kopf. »Niemals. Aber diesmal mit mehr Verständnis.« Er kehrte zu seinen Pflichten zurück, wie ich schließlich zu den meinen. Offensichtlich hatte uns niemand vermisst. Die Party nahm einen guten Verlauf. Beldon war bei Mutter und Lady Caroline und sagte etwas Amüsantes. Beide lächelten, auch wenn Mutters Lächeln wie immer ein wenig spröde wirkte. Ich glaube nicht, dass sie irgendeinen Sinn für Humor hatte, aber zumindest gab Beldon sich Mühe. Elizabeth und Norwood saßen noch immer in der Ecke und diskutierten wahrscheinlich alle möglichen Dinge. Kusine Anne saß alleine am Teetisch. Also ging ich zu

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