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Der endlose Tod

Der endlose Tod

Titel: Der endlose Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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nach und besorgte noch eine Kerze, nur um sicherzugehen. Nun gab es viel Licht, keine Möglichkeit, dass es nicht funktionierte ... wenn nicht jemand im Vorübergehen den goldenen Schein unter der Tür sah und ...
    Nein. Nichts davon. Ich würde es zuerst hören, wenn jemand vorbeiging. Mit meinem Gehör würde ich es wissen, sobald sie den ersten Fuß auf den Boden vor ihren Betten setzten.
    Fang' schon an.
    Ich musste zuerst genug Speichel in meinen Mund bekommen, um überhaupt sprechen zu können. Dann schwankte ich und verfluchte mich zugleich für mein Zögern.
    Ich holte tief Luft, lehnte mich über Mutter und rüttelte sie sanft an der Schulter. Es fühlte sich merkwürdig an, sie zu berühren. Sie hatte niemals dazu ermutigt. Zuletzt hatte ich sie bei meiner Heimkehr von England umarmt. Es war eine sehr flüchtige Umarmung gewesen, kein Bisschen mehr, als der Schau wegen nötig war. Danach hatte es keine mehr gegeben.
    Ich erwartete Eisen oder etwas ähnlich Hartes und Kaltes, doch diese Schulter war weich und schlaff unter meinen Fingern, und ich zog sie sogleich zurück, als sie sich bewegte. Sie murmelte etwas und drehte sich um.
    »Wachen Sie auf!«, flüsterte ich. Ich konnte mich selbst kaum hören.
    Du musst es besser machen.
    Ich schüttelte sie noch einmal, diesmal fester. »Wachen Sie jetzt auf!«
    Ihr Murmeln verwandelte sich in ein Wimmern. Ich machte mir Sorgen, dass sie einen von Beldons Schlaftrünken genommen haben könnte. Verdammt, wenn dem so war, was dann?
    »Wachen Sie auf!« Ein eindringlicheres Flüstern.
    »Nein«, stöhnte sie, wobei sie dies ausdehnte, bis es fast zu einem Wimmern wurde. »Nein, Papa.«
    »Kommen Sie schon!« Ich schüttelte sie wieder und versuchte, sie aus ihrem Traum zu wecken.
    »Bitte, nein, Papa. Bitte nicht.«
    »Mutter ... wachen Sie auf!«
    Sie riss die Augen auf, keuchte und schreckte vor mir zurück. Ich hatte nicht gewusst, was zu erwarten gewesen war, wenn ich sie weckte, doch dies jedenfalls nicht. Nicht diese Art von Schrecken, nicht diese Art von nackter Angst. Mein Gott, wovon hatte sie geträumt?
    »Was?« Die letzten Reste ihres Schlafes verschwanden aus ihren verschwollenen Augen. Diese fokussierten sich und brannten sich in die meinen. »Was machst du hier?«
    Ihre Frage war so scharf, und meine Gewohnheit, ihr zu gehorchen, so tief eingebrannt, dass ich mir kaum Zeit ließ, ihr zu antworten. Doch ich fing mich wieder und sagte: »Still. Sie werden still sein, Mutter!«
    Unsere Blicke verschmolzen miteinander. Das war das Wichtige.
    »Du ...«
    »Still ... und hören Sie mir zu! Sie werden mir zuhören ...«
    Furcht, Ärger, Hass, Empörung – was auch immer es war, das sie antrieb – verschwanden augenblicklich. Es war erschreckend, zu sehen, wie rasch die Veränderung sie ergriff, fast so schnell wie einer ihrer Anfälle, aber umgekehrt. Kein Wunder, dass Vater dieses erworbene Talent sowohl als Gabe als auch als Fluch betrachtet und mich gebeten hatte, es sparsam einzusetzen, und das hatte ich getan. Meistens. Nora hatte es oft eingesetzt, um sich selbst zu schützen, wobei sie sich von ihrem Gewissen leiten ließ, und ich hatte dies als weises Beispiel gesehen, dem ich folgen wollte. Nash einzuschüchtern, damit er mehr Mitgefühl zeigte, schien schließlich kein Missbrauch meiner Macht zu sein, aber was ich nun versuchen wollte, könnte als solcher angesehen werden...
    Nein. Ich würde nicht damit anfangen, mir darüber Sorgen zu machen, was andere Leute denken könnten. Wenn ich das täte, würde ich enden wie Mutter.
    Einst hatte ich Vater zugestimmt, dass es nicht nur ungalant, sondern auch unehrenhaft sei, meinen Willen und meine Gedanken anderen aufzuzwingen.
    Damals schien es einfach zu sein, dies zu tun. Das Richtige. Einer der ersten Gedanken, der ihm gekommen war, war der gewesen, dass ich versucht sein könnte, Mutter zu einem besseren Benehmen zu beeinflussen, und ich hatte ihm mein ausdrückliches Wort gegeben, dass ich keine solche Aktion unternehmen würde. Als ich nun hier stand und in ihre leeren Augen starrte, fühlte ich Scham darüber, dass ich sein Vertrauen verraten musste.
    Aber was ich tat, war richtig. Es musste einfach richtig sein.
    Die Übereinkunft, die wir letzten Sommer so einfach getroffen hatten, umfasste diese Bedrohung nicht, hatte eine solche niemals auch nur in Betracht gezogen. Ich tat dies zu keinem anderen Zweck, als ihn zu beschützen, aber andererseits plante ich auch nicht, ihm davon zu erzählen.

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