Der endlose Tod
Winternacht, bis meine Finger steif und blau wurden; dann ging ich hinein, um sie am Feuer in der Bibliothek aufzutauen. Um mich herum beruhigte sich das Haus allmählich für den Abend. In der Küche kümmerte man sich um die letzten Reinigungsarbeiten sowie um die Vorbereitungen für das Kochen am morgigen Tag. Ich hörte Archimedes gemessenen Schrittes die Treppe hinaufsteigen, um nachzusehen, ob Vater noch etwas benötigte, bevor er zu Bett ging. Jericho machte eine letzte Runde, um sich darum zu kümmern, dass die Türen und Fenster verschlossen waren, und ging dann hinauf in mein Zimmer, um wie üblich meine Sachen vorzubereiten. Er und sein Vater kamen, in ein Gespräch vertieft, zusammen herunter, ihre Stimmen weich in dem flüssigen Klang einer afrikanischen Sprache. Jericho verstand die Sprache seines Vaters, sprach sie aber selten, wenn eine weiße Person sie hören konnte. Er sagte, das mache sie nervös.
Die Musik hatte aufgehört, und die Unterhaltung war beendet. Norwood begleitete seine Schwester zu ihrem Zimmer. Beldon kümmerte sich um die anderen Damen und kam dann in die Bibliothek.
Er sah mich nicht, als er nach einem Buch für seine abendliche Lektüre suchte. Dafür hatte ich gesorgt. Erst als er gegangen war, erschien ich wieder. Es war nicht üblich, dass ich mich auflöste, um andere Menschen zu meiden, doch heute Abend fühlte ich mich nicht in der Stimmung für weitere Konversation.
Beldon trottete zu seinem Zimmer hinauf, und nach und nach gingen die Leute oben und unten zu Bett. Wenn ich ganz genau hinhörte, konnte ich sogar Mrs. Hardinbrooks erste Schnarcher wahrnehmen.
Abgesehen davon und dem Wind draußen war alles ruhig. Wenn ich mit Schreibarbeiten für Vater beschäftigt oder in ein Buch vertieft war, achtete ich kaum darauf, doch nun schien alles mir zuzurufen: »Du bist allein, allein, allein.«
Und das war ich, in der Tat. Mehr als die meisten. Sogar mehr als Mutter.
Als die Stille eine Stunde fortdauerte, erhob ich mich von dem ersterbenden Feuer und tappte leise nach oben, in der Hand eine Kerze. Meine Schuhe standen am Kamin und trockneten noch von meinem Schneeausflug, aber ich hätte sie ohnehin zurückgelassen.
Auf dem Treppenabsatz wandte ich mich nach links statt nach rechts und hielt vor Mutters Tür an, um zu lauschen. Sie schlief. Meine Hand drückte sanft auf die Türklinke und gegen die Tür, und ich schlüpfte hinein.
Während ihrer ganzen Zeit hier war ich niemals in ihrem Zimmer gewesen.
Ich hatte niemals Interesse daran gehabt, es zu sehen, seit sie zu uns zurückgezogen war, und sie hatte ihre Kinder auch noch nie eingeladen, sie dort zu besuchen. Nur Mrs. Hardinbrook war hierher gebeten worden, und auch Beldon, wenn ein Arzt gebraucht wurde. Es gab hier die übliche Möblierung einschließlich eines sehr großen Spiegels. Diesen konnte ich vorerst ignorieren. Sie lag unter einer dicken Schicht von Decken begraben, die Laken waren durch eine Wärmflasche, die eins der Dienstmädchen zuvor hineingelegt hatte, angenehm angewärmt worden. Mutter lag auf dem Rücken, ihr sorgfältig frisiertes Haar war umhüllt, um sie davor zu schützen, dass sie im Schlaf zerzausten. Auf ihr Gesicht war eine dicke Schicht Puder und Farbe aufgetragen, in einem schwachen Versuch, eine Erinnerung an ihre frühere Schönheit zu bewahren. Sie sah aus wie ein Geist, ein sehr stiller, mit leicht geöffnetem Mund.
Mein Hals war staubtrocken, und ich wusste, ich hatte Angst. Ich konnte auch jetzt noch verschwinden, und niemand hätte etwas bemerkt.
Mutter murrte unbehaglich und drehte sich ein wenig. Die Falten in ihrem Gesicht, die sich durch den Schlaf hätten glätten sollen, vertieften sich zu einer finsteren Miene. Wenn sie träumte, so war es ein unangenehmer Traum.
Elizabeth hatte Recht, es gab Hass in dieser Frau, aber genug, um sie dazu zu bringen, ihren Ehemann zu vergiften, den zu lieben sie vor Jahrzehnten aufgehört hatte? Je länger ich sie ansah, desto wahrscheinlicher schien es mir. Und desto dringender wurde mein Bedürfnis, etwas dagegen zu tun.
Ich glitt zu einem Nachttisch und zündete die Kerze darauf mit derjenigen in meiner Hand an. Das Zimmer war zu dunkel gewesen für das, was ich tun musste. Ich fand eine weitere Kerze und brachte sie ebenfalls herüber. Ihre drei Flammen schienen immer noch zu schwach zu sein. Entweder war das der Fall, oder meine Furcht ließ sie so erscheinen. Es war wieder diese verzerrte Wahrnehmung.
Unglücklich gab ich ihr
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