Der Engel Der Kurie
Denker.«
Jakob verneigte sich leicht.
»Keineswegs will ich Euch heute auf die Probe stellen«, fuhr Farnese fort, »sondern einen ersten Eindruck von Euch in heiterer Stimmung gewinnen. Gleichwohl würde es mich erfreuen, wenn Ihr nach einer ersten Erfrischung noch ein wenig mit mir plaudern würdet.«
»Mit dem größten Vergnügen«, erwiderte Jakob, und er meinte es ernst, denn Ambrogio Farnese gefiel ihm. Sein ebenmäßiges Gesicht mit den dunklen Augen und ein kräftiges, bereits ergrautes Haupthaar verliehen ihm ein aristokratisches Aussehen; er nahm den Blick seines Gegenübers auf, maß sich aber nicht an ihm, sondern blieb im Augenkontakt natürlich und offen.
Farnese gab einem Diener einen Wink, woraufhin Jakob auf die andere Seite des Hofes in einen Wandelgang geführt wurde, wo auf einem langen Tisch vielerlei Köstlichkeiten aufgeboten waren. Erstaunt sah Jakob die geschmackvoll drapierten Platten. Da gab es in Öl gebratene Paprikaschoten, Auberginen und Zucchini, dort einen Teller mit gebratenen Sardinen, Schüsseln mit Scampi und Oktopus, Platten mit Krebsen und Hummern, auf Salatblätter gelegten Kaviar, Büffelkäse an Tomaten und gewürzte Pilze in fein geschnittenen Scheiben; alles in allem eine überreiche Auswahl an Köstlichkeiten. Jakob wußte, daß es nach diesen Vorspeisen in einem innen gelegenen Speisesaal noch warme Gerichte in Hülle und Fülle geben würde. Er nahm von dem Gemüse, gönnte sich einen kleinen Hummer und weidete sich am Büffelkäse, während er die Abendgesellschaft musterte, die sich nach und nach im Innenhof versammelte. Soweit er es einschätzen konnte, gehörten die Gäste sowohl zum Geldadel als auch zur Aristokratie; fein herausgeputzt jedenfalls waren sie alle.
Er betrachtete eine Schönheit, die mit rauschendem Rock um den Brunnen schritt. Das Kleid war oberhalb der Hüften so eng geschnitten, daß man befürchten mußte, die Dame könne ohnmächtig werden, aber mitnichten: Quicklebendig kam sie mit wiegenden Schritten auf ihn zu. Ihr offenes Haar wurde an der Stirn durch einen edelsteingeschmückten Reif zurückgehalten. Jakob schluckte, so beeindruckt war er von der Schönheit der Frau.
»Seid gegrüßt, Dominikaner«, sagte sie mit bezaubernder Stimme. »Mein Bruder Flavio hat mir berichtet, wie feinsinnig Ihr über die Fragen der Jurisprudenz zu reden wißt, so daß er beinahe gern in den Palazzo della Sapienza geht. – Aber sagt«, sie beugte sich vor und flüsterte Jakob ins Ohr, »sind die römischen Scholaren Eures Intellektes überhaupt würdig?«
Jakob lachte. »Wollt Ihr eine ehrliche Antwort?«
»Nein, bei Gott, ich möchte, daß Ihr uns Römer lobt, und bete um Vergebung für Eure Notlüge. – Ich bin Margherita, die Tochter von Ambrogio Farnese.«
»Mich kennt Ihr ja schon, wenngleich nicht ganz. Eure Scholaren zu Rom, edle Dame, sind eine Schande für jeden Gelehrten. Auch wenn Euer Bruder zu den besseren zählt, ist er, verzeiht, nur ein Einäugiger unter Blinden.«
Margherita lächelte, und ihre grünen Augen funkelten dabei.
»Als Mönch muß ich nicht galant sein«, fuhr Jakob schmunzelnd fort, »und ich glaube, es ist besser, Ihr hebt Euch Eure Gebete für Wichtigeres auf als meine Notlügen.«
»Ihr überrascht mich; nirgends fand ich bisher mehr honigsüße Reden als bei Klerikern; je feiner das Tuch, desto schmeichelnder die Worte.«
»So hoffe ich für Euch, daß sich mancher Purpur unter den Gästen finde«, erwiderte Jakob und brachte dazu ein so breites Grinsen zustande, daß Margherita in ein heiteres Lachen ausbrach. »Ich pflege wie Ihr lieber die direkte Sprache und bleibe, wo ich kann, bei der Wahrheit.«
»Ich bin froh«, antwortete sie immer noch lachend, »Euch heute abend hier zu wissen; wenn mir von den Firlefanzereien der Laffen übel ist, komme ich zu Euch. Übrigens hat sich nur ein Purpurträger angekündigt: Bischof Frangipane. Ihr kennt ihn gewiß.«
Jakob versuchte seine Überraschung zu verbergen und blickte Margherita unverwandt in die Augen.
»Gefallen Euch meine Augen? Ihr könnt ja gar nicht von meinem Blick lassen.«
»Solltet Ihr so klug sein wie Eure Augen geheimnisvoll, würdet Ihr manchen Doktor schlagen«, erwiderte Jakob und rieb sich das Kinn.
»Wenn das Eure direkte Sprache ist, Mönch, dann wollte ich gerne hören, wie Ihr schmeichelt.«
»Dann zitierte ich das Hohe Lied des Salomo«, entgegnete Jakob treuherzig und atmete tief durch. Zum Glück traten nun einige Aristokraten an
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