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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Brun
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anderen Ende des Flurs, wo sie weder von der Tür des Felsensaals noch von der Treppe her gesehen werden konnten.
    »Vor ungefähr zwei Wochen warst du in einem Haus nahe der Cestius-Pyramide, das der Sybille gehört. Ich war dort mit einem süßen Engel namens Antonia«, flüsterte Jakob und achtete auf jede Regung in Carlos' Gesicht. »Mein Engel«, fuhr Jakob fort und zwang sich zu jener derben Sprache, die er bei Serena vernommen hatte, »besaß einen Knabenarsch und süße Brüste; du erinnerst dich an sie?«
    »Sie kochte über vor Lust«, erwiderte Carlos und lächelte bei der Erinnerung.
    »Was hast du mit ihr gemacht, nachdem ich gegangen war?«
    »Oh, wir haben uns ein wenig erhitzt, bis wir uns fast die Kleider vom Leib rissen; aber jenes Haus verfügt über mehr Moral, als man annehmen möchte, und diesen Bischof, der hier im Felsensaal auf dem Diwan liegt, hatten wir auch am Tisch; jedenfalls mochte ich mir im Kreise dieser Leute zwar gern Appetit holen, aber es reizte mich nicht, dort den Hunger zu stillen. Daher verließ ich das Haus irgendwann mit der Kleinen. Doch sie drückte sich so aufreizend an mich und packte mich mitten auf der Straße so ungeniert an den Oliven, daß wir nicht weiter als bis Santa Maria del Priorato kamen; dort gibt es einen kleinen Park; wir schlugen uns in die Büsche und fielen übereinander her …« Der Jüngling verstummte abrupt.
    »Sprich weiter!« forderte Jakob ihn auf. »Was geschah dann?«
    »Ich hatte gerade mein Werk vollbracht, als sich hinter mir ein Schatten aus dem Gebüsch löste. Ich erschrak. Der Schatten kam näher. Hastig schlüpfte ich in meine Hosen. Ich hatte weder Schwert noch Messer bei mir. Also warf ich mir mein Wams über und lief davon. Nach zwei Dutzend Schritten verharrte ich kurz und drehte mich noch einmal um. Ich sah, wie der Schatten sich dem armen Mädchen näherte, dann hörte ich einen Klagelaut. Ich wollte schon umkehren, doch dann, ich gestehe es, trieb mich meine Angst davon. Ich rannte zum Tiber hinüber und am Ufer entlang, bis ich am Marcellus-Theater auf eine Gruppe Spanier traf, wo bereits der Weinschlauch kreiste.« Er hielt inne; seine Mundwinkel zuckten. »Ich weiß, ich habe mich nicht besonders galant verhalten. – Ist der Kleinen etwas geschehen?«
    »Beschwörst du, was du mir eben erzählt?«
    »Mein Gott, ja, ich beschwöre es.«
    »Wo finde ich dich, wenn ich dich brauche?«
    »Im Palazzo Colonna; ich bin Offizier der Palastwache.«
    »Wie lautet dein ganzer Name?«
    »Carlos Nunez.«
    »Gut. – Über unser Gespräch kein Wort. Die Ermittlungen der Inquisitio haereticae pravitatis sind streng geheim. Wer sich falsch verhält, der lernt die Casa Santa kennen.«
    »Ich bin schweigsam wie ein Grab«, flüsterte Carlos erschrocken; die Spanier kannten die Inquisition genau und fürchteten sie mehr als alles andere.
    Jakob verspürte eine Art Hochstimmung, als er in den Felsensaal zurückkehrte. Er hatte bei Garilliati schon mehr erfahren, als er sich erhofft hatte. Nun fühlte er sich sogar der Herausforderung gewachsen, die in Gestalt der rothaarigen Flaminia auf ihn warten mochte. Das alles, dachte er und sprach sich Mut zu, dient ausschließlich der Wahrheitsfindung; der höhere Zweck entschuldigt die niederen Mittel. Lächelnd trat er auf die Hure zu, umarmte sie und suchte, ohne zu zögern, ihre Lippen.
    »Bravo!« Frangipane lachte lauthals. »Komm, laß uns von den Köstlichkeiten naschen und dabei plaudern; ich dachte schon, du hättest wieder einmal das Weite gesucht.«
    Jakob wandte sich dem Bischof zu.
    »Ja, ich habe gar nicht gewußt, was ich von dir halten soll. Ihr Dominikaner seid ziemlich dogmatisch, wenn ich das so sagen darf, vor allem ihr Deutschen – obwohl uns ein Franziskaner die meisten Schwierigkeiten bereitet.« Frangipane lachte erneut. »Wenn du wieder geflohen wärst, hätte ich dir nicht mehr glauben können, daß du Interesse an Engeln hast. Das sähest du genauso, habe ich recht?«
    »Nun«, Jakob rang die Hände, »im Gegensatz zu Euch bin ich ungeübt bei den Hetären, Exzellenz. Nichts wäre mir willkommener als Eure wohlwollende Führung.«
    Statt einer Antwort faßte Frangipane Jakob an der Schulter und zog ihn zurück auf den Diwan; in dieser väterlichen Geste lag etwas Verschwörerisches. Jakob wurde die bedrückende Nähe zum Bischof unangenehm, doch nun hatte er den Vorsatz gefaßt, auf diese verdeckte Weise der Wahrheit ans Licht zu verhelfen. Der Bischof roch aus dem Mund

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