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Der Engel mit den Eisaugen

Der Engel mit den Eisaugen

Titel: Der Engel mit den Eisaugen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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passiert ist, wusste ich, dass sie die Schuldige ist!«
    Erschüttert beendete Paul Ciolino seinen Beitrag für die CBS -Sendung
48 Hours
mit dem Resümee: »Dies ist ein Feldzug gegen Amanda Knox!«
    Wenn schon einer Pizza eine so gravierende Bedeutung beigemessen wurde, als es darum ging, Amanda Knox als die Schuldige in einem Verbrechen mit sexuellem Hintergrund zu entlarven, dann kann man sich leicht vorstellen, welche Relevanz die Aussage von Carlo Maria Scotto di Rinaldi für die Ermittler hatte. Scotto ist der Besitzer des Kleidergeschäfts, in dem Amanda und Raffaele am 3 . November, einen Tag nach dem Verbrechen, ein Unterhemd und ein paar Slips kauften. Der Mann berichtete, er habe gesehen, wie sich Raffaele mit einem Lächeln an die junge Amerikanerin gewandt und auf Englisch gesagt habe: »Nachher zu Hause ziehst du dir das an, und dann haben wir wilden Sex.«
    Nicht einmal die Tatsache, dass die kleine Villa, in der Amanda lebte, ja immer noch beschlagnahmt war und sie deshalb keine Möglichkeit hatte, hineinzugelangen und ihre Kleider zu holen, wurde als mildernder Umstand in Erwägung gezogen.
    Lumumba, »der schwarze Mann«, die zu freizügige Amerikanerin und ihr »Handlanger« Raffaele, dem die nicht klar definierte Rolle des Helfers zukam, waren das perfekte Trio. Mignini etablierte es kurzerhand am Tatort und postulierte einen rituell-satanischen Hintergrund. Während der ersten Sitzung im Ermittlungsverfahren scheute der Staatsanwalt nicht davor zurück, von einem Mord zu sprechen, der »eigentlich ein Ritual hätte sein sollen, das man traditionell in der Nacht von Halloween abhält. Ein Sex- und Opferritus also, der schon 24  Stunden zuvor in dem Landhaus in der Via della Pergola hätte stattfinden sollen, dann aber aufgrund eines unvorhergesehenen Zwischenfalls, den die beiden italienischen Mitbewohnerinnen verursacht haben, verschoben wurde.«
    Dies nun war die erträumte Revanche gegen all jene, die ihn verleumdet hatten, vor allem aber gegen die Staatsanwaltschaft Florenz, die ihn auf die Anklagebank gebracht und seine satanischen Theorien zum Monster von Florenz als »Makulatur« behandelt hatte. In gerade mal vier Tagen hatte er einen überaus gravierenden Mordfall gelöst und zudem noch beweisen können, dass es Ritualdelikte eben doch gab.
    Aufgrund der heftigen Kritik, der sich Mignini daraufhin ausgesetzt sah, dementierte er später, die Theorie eines rituell-satanischen Motivs in der ersten Vernehmung vertreten zu haben. Die Vernehmung hatte hinter verschlossenen Türen und daher in Abwesenheit von Journalisten stattgefunden. Ein Dementi, auf das nun wieder ein weiteres, sehr glaubwürdiges und auch sarkastisches Dementi des Richters im Zwischenverfahren folgte. In der Darstellung der Gründe, die ihn bewogen hatten, lediglich den übrigen Anträgen der Staatsanwaltschaft stattzugeben, bezeichnete er Migninis Theorie als »gelinde gesagt, phantasievoll«.
    Am Morgen des 6 . November, vier Tage nachdem das Verbrechen aufgedeckt worden war, rief der Polizeipräsident eine triumphale Pressekonferenz ein. Dazu autorisiert hatte ihn Staatsanwalt Mignini. Mit all den Daten im Rücken, die der Polizei als hieb- und stichfest galten, war man stolz auf das kognitiv-komportamentale Untersuchungsverfahren. Vor allem aber war man stolz auf Amandas Aussagen während des Verhörs, das die ganze Nacht gedauert und in dem sie sich selbst und Patrick Lumumba belastet hatte – ein Verhör, von dem jede Tonbandaufzeichnung fehlt.
    Am nächsten Tag gaben sämtliche italienische Tageszeitungen die Erklärungen des Polizeipräsidenten enthusiastisch wieder. »In den Ermittlungen zum Mord an Meredith Kercher, der englischen Studentin, die in der Nacht vom 1 . auf den 2 . November umgebracht worden ist, zeichnet sich eine Wende ab. Heute Morgen bei Tagesanbruch wurden drei Personen ins Polizeipräsidium gebracht und verhaftet. Es handelt sich um die amerikanische Mitbewohnerin des Opfers, eine zwanzigjährige Studentin namens Amanda Knox, ihren Freund aus Bari, Raffaele Sollecito, 24  Jahre alt, und den kongolesischen Staatsbürger Patrick Diya Lumumba, 37  Jahre alt. Knox sei es gewesen, die in das Haus eindrang und den Ermittlern Hinweise zum Tathergang in jener Nacht gab. Sie sei außerdem für die Änderung des Tatorts verantwortlich. Für alle drei lautet die Anklage auf Beihilfe zu vorsätzlicher Tötung und Beihilfe zu sexueller Gewalt.«
    »Wahrscheinlich gibt es ein sexuelles Motiv«,
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