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Der Engel mit den Eisaugen

Der Engel mit den Eisaugen

Titel: Der Engel mit den Eisaugen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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Auf dem Boden lagen jede Menge Kleidungsstücke verstreut, das typische Szenario eben, wenn ein Haus von Einbrechern heimgesucht wird. Amanda und Raffaele entdeckten einen großen Stein auf dem Boden, mit dem das Fenster eingeschlagen worden war. Die kalte Luft des Totengedenktags drang herein.
    Ein Haus, in das Einbrecher eingedrungen sind, das von fremden Händen durchwühlt wurde, dessen Intimsphäre verletzt und von fremden Blicken geschändet worden ist: All das hinterlässt eine tiefe Wunde. Mehr noch als die Gegenstände, die eventuell gestohlen wurden, ist es die gewaltsame Entweihung, die das eigene Leben erlitten zu haben scheint. Doch in einigen Fällen sitzt die Verletzung noch tiefer, dann nämlich, wenn die Einbrecher das Haus verwüstet haben und der Besitzer merkt, dass nichts mitgenommen wurde. Dann gesellt sich die Unbegreiflichkeit hinzu, das Irrationale, das völlig Fremde, diese eine Frage, auf die es keine Antwort gibt: Warum? Kurz gesagt, es kommt Angst hinzu.
    Filomenas Computer stand auf dem Schreibtisch, wo er immer gestanden hatte. Das Zimmer der anderen Italienerin, das Amanda und Raffaele nun sofort kontrollierten, war in tadellosem Zustand, als wäre nichts angefasst worden. Auch im Zimmer der Amerikanerin fehlte nichts.
    Die Antwort auf das »Warum?« musste sich in Merediths Zimmer befinden, dem einzigen, in dem sie noch nicht nachgesehen hatten. Amanda hämmerte immer heftiger gegen die Tür, aber es rührte sich nichts. Raffaele beschloss, die Tür gewaltsam zu öffnen. Er machte einen Versuch, doch die Tür gab nicht nach. Die Angst der beiden jungen Leute wuchs.
    Obwohl es bei ihr daheim in Seattle, auf der anderen Seite des Ozeans auf einem anderen Kontinent, erst 4.45  Uhr war, rief Amanda ihre Mutter an. »Es geht mir gut, ich bin okay. Ich rufe dich vom Haus aus an, weil ich glaube, dass jemand hier eingebrochen ist.« Sie berichtete Edda von der offenen Tür, dem WC , das nicht gespült worden war, und vor allem davon, dass sie Meredith nicht finden konnte.
    Edda befahl ihr, sofort aufzulegen und die Polizei zu rufen. Amanda gab dies an Raffaele weiter. Der junge Mann nickte und erklärte, seine Schwester Vanessa sei Offizierin bei den Carabinieri in Rom und es sei das Beste, sie um Rat zu fragen. Natürlich wies auch Vanessa ihren Bruder an, sofort die 112 zu wählen, was Raffaele umgehend tat.
    »Hallo? Hören Sie, äh … Jemand hat unser Fenster eingeschlagen und ist bei uns eingebrochen. Er hat eine riesige Verwüstung angerichtet … Eine Tür ist abgeschlossen …«
    »Das heißt also, es sind Leute eingedrungen und haben eine Scheibe kaputt gemacht? Aber woher wollen Sie denn wissen, dass sie überhaupt ins Haus gekommen sind?«, antwortete der Carabiniere.
    »Das sieht man an den Spuren. Und im Bad sind Blutflecke. Sie haben nichts mitgenommen. Aber das Problem ist, dass die Tür abgeschlossen ist. Und dass da Blutflecke sind.«
    »Eine Tür ist abgeschlossen? Welche denn?«
    »Die einer Mitbewohnerin. Sie ist nicht da, und wir wissen nicht, wo sie sich aufhält. Ja, ja, wir haben versucht, sie anzurufen, aber sie antwortet nicht.«
    »Okay, in Ordnung, wir schicken Ihnen eine Streife und überprüfen die Lage.«
    Man könnte dies für die Abschrift einer normalen Unterhaltung zwischen einem Bürger und einem Telefonisten der Carabinieri halten – so normal solche tragischen Telefonate eben sein können. Doch in dieser Geschichte durfte nichts so sein, wie es wirklich war, und so wurde aus dem besorgten Hilferuf zweier verängstigter, ratloser junger Leute ein gravierendes Verdachtsmoment.
    Nichts, was von oder mit Amanda getan worden war, konnte unschuldig sein.
    Wenige Minuten nachdem Raffaele die 112 angerufen hatte, trafen zwei Polizeibeamte in Zivil bei dem Häuschen ein. Dabei handelte es sich nicht etwa um die Streife der Carabinieri, dafür waren die Beamten viel zu schnell vor Ort, sondern um zwei Männer von der Polizia Postale, alarmiert von den Biscarinis, nachdem diese die zwei Handys in ihrem Park gefunden hatten. In kurzer Zeit war es den Männern gelungen, herauszufinden, dass eins der beiden Handys einer gewissen Meredith Kercher gehörte und für deren Gespräche mit England benutzt wurde. Das andere gehörte Filomena Romanelli, wurde jedoch ebenfalls von der Engländerin für ihre Anrufe innerhalb Italiens genutzt. Ab da hatte die Polizei nicht mehr lange gebraucht, um herauszufinden, dass die italienische Handybesitzerin in der Via della
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