Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Engel mit den Eisaugen

Der Engel mit den Eisaugen

Titel: Der Engel mit den Eisaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
Vom Netzwerk:
ein Gerichtsverfahren gegen ihn eingeleitet. Besagter Artikel hatte sich kritisch über die von Mignini geführten Ermittlungen zum Fall des Monsters von Florenz geäußert und auch die damit zusammenhängende Verurteilung des Staatsanwalts wegen Amtsmissbrauchs erwähnt. Umberto Brindani, der Direktor des Wochenblatts
Oggi,
erhielt im Jahr 2010 zwei Mitteilungen: einen auf den 24 . Juli datierten Ermittlungsbescheid und eine »Ladung zur Beschuldigtenvernehmung«.
    Am 19 . April 2010 schickte das CPJ , eine Organisation, die sich weltweit für die Rechte von Journalisten einsetzt, einen vom Generaldirektor Joel Simon unterzeichneten Brief an den italienischen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano und an Justizminister Angelino Alfano, um gegen »Schikanen der Obrigkeit« zu protestieren, die nach Ansicht der bedeutenden Organisation »Journalisten und Zeitungsredaktionen zu erdulden hatten, sobald sie Kritik an den Ermittlungen im Fall des grausamen Mordes an der britischen Studentin Meredith Kercher üben, der sich im November 2007 während eines kulturellen Austausches in Perugia abgespielt hatte«. Weiter heißt es: »Besonders beunruhigt ist das CPJ über die Intoleranz des Staatsanwalts von Perugia, Giuliano Mignini, gegenüber Kritik. Sowohl im Zusammenhang mit den Untersuchungen des Mordfalls Kercher als auch in Bezug auf die Serienmorde des Monsters von Florenz hat Mignini Strafverfahren gegen einzelne Reporter, Schriftsteller und Zeitungen aus Italien und den USA eingeleitet – oder zumindest gedroht, dies zu tun.
    Während die amerikanische Studentin Amanda Knox und der italienische Student Raffaele Sollecito in Perugia in zweiter Instanz in Berufung gehen, wenden wir uns an Sie, um sicherzustellen, dass Journalisten, Autoren und Blogger die Möglichkeit erhalten, das Verfahren völlig frei und ohne Angst vor Repressalien zu kommentieren.«
    Als wär’s ein Widerhall des Protestschreibens aus New York, erreichte den Präsidenten Napolitano ein weiteres Schreiben aus Rom. Verfasser war Rocco Girlanda, ein Mitglied der Justizkommission der Abgeordnetenkammer und Präsident der
Fondazione Italia USA,
einer gemeinnützigen Stiftung zum Erhalt der italienisch-amerikanischen Freundschaft. Zu dem Prozess gegen Amanda und Raffaele stellte er fest: »Die Beweise und Zeugenaussagen haben sich als bestenfalls widersprüchlich und unglaubwürdig erwiesen. In den USA wurde über alle kritischen Punkte der verschiedenen Prozessphasen und über die unangebrachten Äußerungen der Kriminalpolizei ausführlich berichtet, und dies auch in Talkshows mit mehr als zehn Millionen Zuschauern, was die Fassungslosigkeit über das Justizsystem unseres Landes – nicht ohne Grund – weiter wachsen ließ.«
    Der brutale Mord an Meredith Kercher wurde zum Thema leidenschaftlicher Surfer und Fans des virtuellen Facebook-Forums. Im Web entstanden immer mehr Seiten, die Amanda und Raffaele unterstützten. Zu den bekanntesten gehörten
Free Amanda and Raffaele
und
AKRS
,
ein Name, der sich aus den Initialen der beiden Inhaftierten zusammensetzte.
    Eine Äußerung des Staatssekretärs von Hillary Clinton rief offenen Protest hervor. Der amerikanischen Außenministerin war zu Ohren gekommen, was eine ihrer Mitbürgerinnen, die gerade zu 26  Jahren Gefängnis verurteilt worden war, im Ausland durchmachte. Tatsächlich jedoch hatte sie nichts weiter gesagt als: »Ich werde jeden, der Zweifel hat, anhören.« Nach Angaben der
Washington Post
hatte die Chefin des diplomatischen Korps ihre Bereitschaft ausgedrückt, mit jedem zu reden, der Bedenken zur Handhabung des Falls äußerte. Überhaupt erst in die Sache involviert wurde die ehemalige First Lady durch die demokratische Senatorin Maria Cantwell, die mitteilte, sie habe den Staatssekretär beauftragt zu überprüfen, ob die Entscheidung der italienischen Richter von »antiamerikanischen Ressentiments« beeinflusst worden sei.
    Die Presse begann daraufhin, von einem »Krieg« zwischen Staatsanwalt Mignini und den amerikanischen Medien zu sprechen, ja mehr noch, zwischen ihm und Amerika, das, so sagte der Staatsanwalt selbst, Amanda »zu schützen scheint«. Den Beweis dafür sah die Lokalpresse in den ständigen Einmischungsversuchen aus Übersee, aufgrund deren die Richter aus Perugia sich bereits an den Obersten Gerichtsrat ( CSM ) gewandt hätten.
    Andere Medien reagierten weniger zurückhaltend und betonten, dass die Vereinigten Staaten ihrer Ansicht nach niemandem Lektionen

Weitere Kostenlose Bücher