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Der Engel mit den Eisaugen

Der Engel mit den Eisaugen

Titel: Der Engel mit den Eisaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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erteilen sollten, zumal sie selbst immer noch der Todesstrafe anhingen und in Afghanistan das Waterboarding als Foltermethode einsetzten.
    Die vielen kritischen Stimmen in der amerikanischen Presse und auch die Stellungnahmen vom CPJ und von italienischen Abgeordneten konnten Migninis Selbstsicherheit im Hinblick auf seine geleistete Arbeit nicht im Geringsten erschüttern. Seiner Ansicht nach war die Kritik nicht nur ungerecht, sie war auch wieder einmal das Ergebnis eines gigantischen internationalen Komplotts, das ihm Schaden zufügen sollte. Barbie Nadeau schrieb in ihrem E-Book: »Mignini schwört, dass Douglas Preston eine amerikanische Pressekampagne gegen ihn auf die Beine gestellt habe, um den Fall Knox zu steuern. ›Das ist alles auf Prestons Mist gewachsen‹, meinte er.«
    »Aber«, erklärte Mignini gegenüber Barbie Nadeau und schrieb mir damit eine immense Macht zu, »der Drahtzieher dieses Komplotts sitzt in Italien.«

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    Kapitel 9
    A m 28 . September 2010 klingelte gegen drei Uhr das Telefon in Frank Sfarzos Wohnung im dritten Stock eines alten Wohnhauses. Am anderen Ende eine männliche Stimme, alles andere als freundlich: »Hier spricht die Polizei.«
    Frank, 38  Jahre alt, was man ihm jedoch nicht ansah, war von schlanker, wenn nicht gar schmächtiger Statur, höflich, aber von Nervosität und innerer Angst getrieben, die ihn zum Kettenraucher werden ließ und seinen dunklen Augen einen traurigen Ausdruck verlieh. Vor etwa zwei Jahren war er in Amerika unter Journalisten und Amanda-Knox-Anhängern bekannt geworden. In Perugia hingegen kannte ihn vor allem die Polizei. Und die mochte ihn überhaupt nicht.
    Als Frank vor etwa zwanzig Jahren aus Pietrabbonadante, einer kleinen Gemeinde in der Molise an der südlichen Adriaseite, mit seiner Familie – allesamt Ärzte und Apotheker – nach Perugia gekommen war, hatte er, wie es seiner rastlosen Art entsprach, schon manches angefangen, doch nichts je zu Ende gebracht. In der umbrischen Stadt hatte er Wissenschaftstheorie studiert, war dann aber – plötzlich von der Welt des Theaters fasziniert – nach Turin gezogen. Von dort hatte er den großen Sprung nach New York versucht, wo er sich in einen Anthropologie-Kurs einschrieb. Er wurde zwar kein Anthropologe, erwarb sich aber perfekte Englischkenntnisse. Zurück in Europa, studierte er in Paris Filmkunst und arbeitete als Regieassistent an einem monumentalen Kinoprojekt über Dschingis Khan mit. Der Film bestand fast ausschließlich aus kolossalen Kampf- und Schlachtszenen mit Tausenden von Komparsen, ganze Städte wurden nachgebaut, Milliarden Lire ausgegeben. Doch aus irgendeinem mysteriösen Grund wurde das Projekt nie fertiggestellt. Also versuchte sich der rastlose Frank am investigativen Journalismus, der auf viele junge Leute große Anziehung ausübte. Aber er hatte den falschen Zeitpunkt gewählt, denn in Italien wurden bei den Zeitungen eher Leute entlassen als neue eingestellt. Also wieder Fehlanzeige.
    Doch der Virus hatte ihn bereits infiziert: Er musste Journalist werden.
    Zurück in Perugia, sagte er sich: »Sobald hier ein schöner Mord verübt wird, richte ich einen Blog ein. Alle wichtigen Zeitungen, die hier vor Ort keinen Korrespondenten haben, werden mich brauchen.«
    Frank war wachsam, immer auf dem Sprung, um sich »sein« Verbrechen nicht entgehen zu lassen. Und er musste tatsächlich nicht allzu lange warten. Als er erfuhr, dass in der Via della Pergola eine junge Engländerin ermordet worden war, sah er seine große Stunde gekommen. Am frühen Nachmittag nach der Mordnacht begab er sich zu dem kleinen Landhaus, in dem noch immer Merediths Leiche lag, und brachte in Erfahrung, was passiert war. Er war enttäuscht.
    »Diese ganze Sache«, sagte er sich, »bringt gerade mal Stoff für drei, vier Tage. Das ist alles viel zu banal: Irgendein Idiot ist in das Haus der Mädchen eingedrungen, um etwas zu klauen, wurde aber von einer überrascht, die früher zurückgekommen war. Der Kerl, der wahrscheinlich völlig zugekifft war, hat noch versucht, sie zu vögeln, sie hat sich gewehrt und ihn vielleicht sogar erkannt. Da hat er ihr die Kehle durchgeschnitten. Totaler Mist. In ein paar Tagen schnappen sie ihn.«
    Zu diesem Zeitpunkt konnte er sich noch nicht vorstellen, dass er tatsächlich auf »sein« Verbrechen gestoßen war, das die nächsten vier Jahre seinen Blog
perugia-shock
beherrschen würde. Nach nur wenigen Tagen, als neben Amanda und Raffaele auch noch

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