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Der Engel mit den Eisaugen

Der Engel mit den Eisaugen

Titel: Der Engel mit den Eisaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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Patrick Lumumba verhaftet wurde, dachte sich Frank: »Die haben wirklich überhaupt nichts kapiert.«
    Der Kongolese und Besitzer des
Le Chic
war einer seiner besten Freunde, mit dem er schon viele angenehme Abende verbracht hatte. Frank wusste genau, dass Patrick nie zu einer solchen Tat fähig wäre. Es erschien ihm völlig abwegig, das Verbrechen als sadistische Orgie und satanischen Ritus darzustellen. Dies konnte nur die Tat eines Verbrechers sein, wenn auch eines recht laienhaften.
    Mit Blick auf sein Berufsethos und in der Hoffnung, von den amerikanischen Medien wahrgenommen zu werden, entschied sich Frank für einen sachlichen, fast schon angelsächsischen Stil. Schließlich konnte man nie wissen.
    Nach Amandas »Geständnis«, das man ihr in einem Verhör abgerungen hatte und von dem die Aufzeichnung verlorenging, erhielten die Journalisten dieses entscheidende Dokument seltsamerweise lediglich in einer gekürzten, von der Polizei transkribierten Version. Frank rümpfte die Nase. Als er erfuhr, dass Amanda am 15 . Dezember noch einmal um ein Gespräch mit dem Staatsanwalt ersucht hatte, ging er am nächsten Tag zu Mignini, um zu erfahren, was ihr Anliegen gewesen sei.
    »Nichts«, antwortete der Staatsanwalt. »Sie hat nur zu weinen angefangen und wollte wieder in ihre Zelle gebracht werden.«
    Eine Antwort, die den Blogger überhaupt nicht überzeugte. Am Vortag hatte er beobachtet, wie der Staatsanwalt, die übrigen Anwälte und eine Übersetzerin gegen 10.00  Uhr zu der Vernehmung gegangen und erst gegen 17.00  Uhr wieder herausgekommen waren. Viel zu lang, als dass nur ein paar Tränen hätten vergossen werden können.
    Wieder ging Frank zu Mignini und bat um die Mitschrift des neuerlichen Verhörs.
    »Aber das bringt doch sowieso nichts«, lautete die Antwort diesmal, und Mignini verweigerte ihm endgültig jeden Zugriff auf das Dokument.
    Der Fall war inzwischen »abgeschlossen«, wie der Polizeipräsident in einer Pressekonferenz sagte. Nachdem die Journalisten der nationalen Zeitungen Perugia verlassen hatten, hatte Frank freie Bahn. In den ersten Januartagen gelang es ihm dank einer gut plazierten »Quelle« und einiger journalistischer Tricks, Amandas Aussagen zu lesen, die inzwischen zur »Geheimsache« erklärt worden waren – was schlicht hieß, dass sie nicht an die Presse weitergegeben werden durften. »Wunderbar«, dachte Frank, »wenn sie sie zur Geheimsache erklärt haben, kann das nur bedeuten, dass sie wichtig sind. Ein paar Tränen macht man nicht zur Geheimsache …«
    Er hatte recht. Amandas Widerruf war endlich die klare, kohärente und komplette Rekonstruktion dessen, was in der Nacht des Verbrechens geschehen war. Amanda sollte sie später im Gerichtssaal wiederholen.
    Zu diesem Zeitpunkt war sich Frank sicher: »Das Mädchen hat nichts mit der Sache zu tun.«
    Der Ton seines Blogs begann sich zu ändern.
    Den ersten Angriff auf die Polizei von Perugia lancierte er, als man Amandas Sweatshirt eineinhalb Jahre nach dem Mord in ihrem Zimmer fand. Der Anklage zufolge war es weggeworfen worden, weil sich Blutflecke darauf befunden hätten. Ein Anwalt hatte die Polizei darauf hingewiesen, dass es sich im Wäschekorb befunden habe. Angeblich sei es immer dort gewesen.
    Trotz der zahlreichen – der zu zahlreichen – Durchsuchungen des Landhauses in der Via della Pergola war das Sweatshirt von keinem Polizisten je entdeckt worden.
    Sfarzo war überzeugt, dass jemand ein schmutziges Spiel spielte. Auf
perugia-shock
erschienen entrüstete Artikel, aber auch solche voller Sarkasmus:
    »Mignini glaubt, die Polizei sagt immer die Wahrheit (ich weiß nicht, ob er auch an den Weihnachtsmann glaubt).«
    »Für die Anklage ist DNA dasselbe wie Pasta all’Amatriciana.«
    »Werfen wir doch mal einen Blick auf die Beweise, die in den Händen dieser Typen gelandet sind:
    Der simple 112 -Notruf zweier junger Leute, die ein Problem hatten, wurde zu einem ›Anruf, den sie nach dem Eintreffen der Polizei getätigt hatten‹. Aber bestimmt war das nur ein Versehen …
    Ein wichtiges Sweatshirt ist verschwunden. Natürlich nur ein Versehen …
    Ein Schuhabdruck neben Merediths Leiche sollte angeblich von Raffaele stammen. Sicher nur ein Versehen …
    Das Band mit der Aufzeichnung eines Jahrhundertverhörs ging verloren. Bestimmt nur ein Versehen …
    Vier Festplatten wurden zerstört. Bestimmt vier Unfälle …
    Auf einem BH -Verschluss und einem Messer wurden DNA -Spuren entdeckt, die durch

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