Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
ihr, dass er längst ein anderes Thema begonnen hatte. „Was ist los, Lance?“
„Ich verliebe mich allmählich in dich.“
Einfach so, dachte sie. Einfach so fasste er in Worte, was sich zwischen ihnen anbahnte. Was sollte sie dazu sagen? Wie fühlte sie sich? Erleichtert. Entsetzt. Hoffnungsvoll. Zuversichtlich. Verwundbar.
„Was denkst du jetzt gerade?“
„Dass du verrückt sein musst“, erwiderte sie.
„Weil ich mich in dich verliebe? Oder meinst du das eher generell?“
Sie lächelte. „Weil du dich in mich verliebst.“
„Dann bist du diejenige, die verrückt sein muss.“
Stimmte das? Ja, dachte sie. Ganz sicher sogar.
„Könnte sein, dass ich mich auch in dich verliebe.“
Ein Lächeln umspielte seinen Mund. Lance stand auf und hielt ihr seine Hand hin. Sie nahm sie und ließ sich von ihm ins Schlafzimmer führen, wo sie sich liebten.
Später lagen sie schweigend und eng umschlungen im Bett. M.C. dachte an all die Dinge, die sie den Tag über erlebt hatte: Kitts Reaktion darauf, dass Joe zum Verhör geholt worden war und man ihr vorläufig den Fall entzogen hatte; die möglichen Beweisstücke im Büro, mit denen sie sich beschäftigen wollte; ihr Streit mit Brian und seine Drohung.
Als ihr das in Erinnerung kam, versteifte sie sich unwillkürlich. Dass er seine Drohung wahr machen würde, wusstesie. Doch sie verstand nicht, warum er sich nach so langer Zeit plötzlich so seltsam verhielt. Es kam ihr vor, als habe Brian sich völlig verändert.
„Was ist los?“ Lance strich über ihren Rücken. „Du bist so angespannt.“
„Erinnerst du dich an den Kerl aus der Bar, vor dem du mich gerettet hattest?“
„Der dich so bedrängt hat?“
„Genau der. Er verfolgt mich plötzlich.“
Lance stützte sich auf einen Ellbogen und machte eine besorgte Miene. „Wann hat er damit angefangen?“
„Vor ein paar Tagen. Letzte Woche kam er bei mir zu Hause vorbei. Er war betrunken und wollte sich an mich ranmachen. Als ich ihn aus meinem Haus warf, stellte er mir nach.“
„Was hat er für ein Problem?“
„Keine Ahnung. Das macht das Ganze ja so sonderbar. Heute habe ich ihn zur Rede gestellt und ihm gesagt, er soll damit aufhören.“
„Sonst würde er Ärger mit dir bekommen?“
„So in etwa.“
Er sah ihr tief in die Augen. „Und das hat ihm gar nicht gefallen?“
„Nein.“ M.C. drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. „Er drohte mir tatsächlich damit, im Büro das Gerücht zu verbreiten, ich hätte mich im Department nach oben geschlafen.“
„Mit ihm.“
„Ja.“
„Auf die Weise kann er dich anschwärzen und gleichzeitig vor den anderen prahlen. So ein Mistkerl.“
„Er ist mein Vorgesetzter, er wurde ausgezeichnet, er genießt hohes Ansehen. Die Leute werden eher ihm glauben als mir.“
„Vielleicht sollte ich mal ein paar Takte mit ihm reden.“
Sie stellte sich unwillkürlich vor, wie diese Konfrontation ausgehen würde. Am Ende fand sich Lance im Gefängnis wieder, nach einem langen Aufenthalt in der Notaufnahme. „Danke, mein Held. Aber ich glaube, ich bekomme das schon allein geregelt.“
„Ich möchte dein Held sein, Mary Catherine Riggio. Du musst es mir nur sagen.“
Es gefiel ihr, ihn so reden zu hören. Sie beugte sich vor und küsste ihn, löste sich dann aber wieder voller Bedauern von ihm. „Ich kann nicht bleiben“, murmelte sie. „Ich wünschte, es wäre anders.“
„Die Arbeit ruft?“
„Leider ja.“
„Dann soll es so sein. Du isst schnell und verschwindest wieder.“
Er neckte sie, und sie gab ihm Kontra: „Es war mehr als nur essen, oder hast du das schon vergessen?“
„Niemals könnte ich das vergessen. Bloß ist mein Appetit unstillbar.“
Sie lächelte und küsste ihn abermals. „Ich muss los.“
Als sie vom Bett aufstand, nahm er ihre Hand. „Wann sehe ich dich wieder? Heute Abend?“
„Ich weiß nicht, wie spät es wird. Rufst du mich an?“
„Ruf du mich an. Ich gehe nicht noch mal weg.“
M.C. versprach, sie werde es auf jeden Fall versuchen, dann zog sie sich rasch an.
51. KAPITEL
Montag, 20. März 2006
18:30 Uhr
Die Asservatenkammer des Rockford Police Departments befand sich im Keller des Gebäudes. Kitt hatte fast den ganzen Tag dort verbracht und sich mit den Objekten aus dem Lager befasst, zu dem Peanut sie geschickt hatte.
Seine Bemerkung Sie müssen Vertrauen haben konnte bedeuten, dass sie zu schnell aufgegeben hatte. Aber vielleicht war es auch nur ein weiterer Trick, um sie
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