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Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder

Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder

Titel: Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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Schwächling, der sich nur an Kinder und Großmütter heranwagt?“
    „Vorsicht …“
    „Warum sollte ich vorsichtig sein? Es hört doch niemand zu.“ Sie drehte sich herum, bis sie auf die dunkle Straße sah. Ihre freie Hand streckte sie aus. „Kommen Sie doch her zu mir. Hier bin ich, Arschloch!“
    „Sie sind völlig hysterisch. Beruhigen Sie sich erst mal.“
    „Sie sind ein Ungeheuer. Zum Teufel mit Ihnen!“
    „Ich bin kein Ungeheuer!“ Er verstummte, und sie hörte, wie er eine Zigarette anzündete und den Rauch tief inhalierte. „Ich bin keines von diesen Tieren, die aus Spaß töten. Es erregt mich nicht, ein Leben zu nehmen.“
    „Und warum töten Sie dann überhaupt?“
    „Es ist eine intellektuelle Herausforderung. So wie eine Schachpartie. Das Verbrechen und die Ermittlung. Der Verbrecher und der Cop. Verstehen Sie das?“
    „Beim Schach stirbt niemand.“
    „Ein höherer Einsatz, weiter nichts.“
    Kitt dachte an die toten Kinder und ihre Familien, ebenso an die drei alten Frauen, die ihm zum Opfer gefallen waren. Sie waren nicht bloß alte Frauen gewesen, sondern Mütter, Großmütter, Schwestern von anderen Menschen, welche nun mit dem Verlust leben mussten. Sie gab einen verächtlichen Laut von sich. „Diese Mädchen haben mit Ihnen ein Spiel gespielt? Das ist doch lächerlich.“
    „Nein, Kitt.“ Ihr entging nicht sein mahnender Tonfall und die unterschwellige Enttäuschung. „Sie und ich, wir spielen. Jetzt. Genauso wie vor fünf Jahren.“
    „Ich spiele jetzt nicht mit Ihnen, und ich habe auch damals nicht mit Ihnen gespielt.“
    „Oh doch. Und vor fünf Jahren habe ich gewonnen.“
    „Ihrer gerechten Bestrafung zu entgehen heißt für Sie, dass Sie gewonnen haben?“
    „Ja, weil ich klüger war als Sie und die ganze Polizei.“
    „Und wenn ich Sie zu fassen bekomme, dann gewinne ich?“
    „Richtig“, bestätigte er. „Wir wollen beide gewinnen, aber natürlich bin ich im Vorteil.“
    „Wieso das?“
    „Weil meine Gefühle bei dem Ganzen keine Rolle spielen, ganz im Gegensatz zu Ihnen.“
    Dass sie bei ihm keine Rolle spielten, war ihr klar. Genau das machte ihn zu einem echten Psychopathen. Keine Reue, kein Mitgefühl. Kein Empfinden dafür, was richtig und falsch war.
    Dadurch war es auch erheblich schwieriger, ihn zu fassen zu bekommen.
    „Einen Menschen zu töten ist kein Spielzug.“
    „Für Sie nicht“, gab er mit sanfter Stimme zurück. „Und deshalb bin ich im Vorteil.“
    „Sind Sie der Nachahmungstäter?“
    Es folgte eine kurze Pause. „Nein.“
    Keine Anspielungen, kein nervenaufreibendes „Vielleicht“. Sie setzte sich auf die Stufen der Veranda und dachte nach: zwei Mörder, sechs tote Kinder. Drei jetzt, drei vor fünf Jahren. Sie war der Lösung noch kein Stück näher gekommen.
    „Geben Sie auf, Kitt?“
    Er kannte sie so gut, dass sie glauben wollte, er könne ihre Gedanken lesen. Oder war es ihr Tonfall, der sie verriet? Oder war er ihr Spiegelbild, ein Cop, der davon besessen war, Verbrechen zu begehen, anstatt sie zu verhindern?
    „Niemals. Ich werde niemals aufgeben, weiter nach Ihnen zu suchen.“
    „Das tut mir leid.“ Das Bedauern in seiner Stimme klang ehrlich. „Sie können nicht gut verlieren, oder?“
    „Ich habe doch schon alles verloren. Das hier ist nichts dagegen.“
    „Ihr Leben haben Sie nicht verloren. Sicher fürchten Sie sich vor dem Tod.“
    Sie dachte an Sadie und musste lächeln. „Nein. Der Tod ist für mich kein Ende, sondern erst der Anfang.“
    „Und warum klammern Sie sich dann so ans Leben?“ Seine Stimme wurde tiefer, bis sie fast etwas Liebkosendes ausstrahlte. „Warum die Aufregung, wenn ein Leben genommen wird?“
    „Weil alles Leben einen Wert besitzt. Es ist ein Geschenk Gottes, und weder Sie noch sonst jemand hat das Recht, ein Leben zu nehmen.“
    „Kitt, Sie besitzen ja eine spirituelle Seite.“
    „Von wem sind diese Haare?“
    „Das wird der DNS-Test ergeben.“
    „Von einem der ursprünglichen drei Opfer?“
    „Ja.“
    „Wissen Sie, wer Ihre Morde nachahmt?“
    „Ja.“
    Bislang hatte er sich stets zurückgehalten. Jetzt dagegen schien er gewillt, das „Spiel“ auf ein neues Niveau anzuheben. Oder wollte er die Beziehung zu ihr um eine Stufe vertiefen? Anstatt sie bloß zu ködern, folgte jetzt die Phase, in der er Dinge mit ihr teilte, um ihr näher zu sein – um ein intimeres Verhältnis zu schaffen.
    Ihr wurde bewusst, dass er dies hier wirklich als Beziehung ansah.
    Sie musste

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