Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
stieg in ihr auf und raubte ihr die Luft zum Atmen. Das kam nicht von einem Nachbarn, sondern von Peanut. Sie musste nicht erst hineinsehen, sie wusste es auch so.
Der Bastard wollte beweisen, was für ein toller Kerl er doch war.
Aus ihrem Wagen holte sie schnell die Einweghandschuhe und die Plastikbeutel für mögliche Beweisstücke, nahm die Taschenlampe aus dem Handschuhfach und ging zurück zum Haus.
„Okay, du Mistkerl“, murmelte sie, während sie die Handschuhe anzog. „Dann wollen wir mal.“
Behutsam machte sie die Tüte auf und leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Ein Mobiltelefon, dessen blinkendes grünesLicht anzeigte, dass es eingeschaltet war. Sie konnte das Display sehen, das eine eingegangene Nachricht anzeigte.
Als sie das Telefon herauszog, merkte sie, dass sich auf der Rückseite etwas befand: eine blonde Haarlocke, die mit einem dünnen rosafarbenen Gummiband festgemacht war.
Blonde Haare von einem kleinen Mädchen, einem Engel.
Ihr Herz pochte rasend, ihr Atem ging stoßweise. Sie versuchte beides in den Griff zu bekommen und sich zu beruhigen. Was war das? Die Locke von einem der getöteten Mädchen? Oder von einem zukünftigen Opfer?
Oder war das vielleicht nur ein weiteres von seinen kranken Spielchen?
Kitt löste das Gummiband und schob die Locke in einen der kleinen Plastikbeutel. Danach sah sie sich das Telefon genauer an. Es war ein Modell von Verizon, sie hatte ebenfalls ein Gerät von diesem Hersteller. Als sie die Nachricht abrufen wollte, erklärte ihr eine Stimme vom Band, sie müsse erst das Passwort eingeben. Das konnte zwar alles Mögliche sein, doch er wollte, dass sie die Nachricht hören konnte. Also musste es etwas Einfaches, Offensichtliches sein.
Engel.
Ja, genau!
Sie tippte die Buchstabenfolge auf der Tastatur ein. Sekunden später wurde das Passwort als richtig angenommen und die Nachricht abgespielt.
„Sie haben sich geirrt“, hörte sie den Engelmörder sagen. „Ich habe mir Trophäen mitgenommen. Eine davon teile ich jetzt mit Ihnen.“
Kitt begann zu zittern, die Abscheu war fast unerträglich. Das Telefon hielt sie noch immer fest ans Ohr gedrückt, als es plötzlich klingelte.
„Hallo, Hurensohn“, sagte sie, nachdem sie das Gespräch angenommen hatte.
„Kitty“, hörte sie ihn mit gespielter Entrüstung erwidern. „Sie beleidigen mich? Ich dachte, wir wären Freunde.“
„Oh ja.“ Während sie sprach, suchte sie die Straße ab, die dunklen Autos und Fenster, die tiefen Schatten. Er war irgendwo hier in der Nähe, er beobachtete sie und amüsierte sich köstlich über sie. „Wir sind Freunde. Warum zeigen Sie sich nicht? Dann können wir ein wenig spielen.“
Er lachte auf. „Ich habe auf Sie gewartet. Wo waren Sie den ganzen Abend?“
„Hören Sie mit diesem Mist auf! Wollen Sie jetzt damit prahlen, wie Sie Brian umgebracht haben?“
„Ich weiß nicht, von wem Sie da reden.“
„Lieutenant Brian Spillare.“ Ihr schnürte sich förmlich die Kehle zu, als sie seinen Namen aussprach. „Mein Freund, mein früherer Partner.“
Sekundenlang schwieg er. „Es tut mir leid, dass Sie einen Verlust erlitten haben.“
„Und das soll ich Ihnen glauben? Einem Lügner und Mörder? Sind Sie auch ein Cop, Peanut? Sind Sie einer?“
Er schien nach Luft zu schnappen, woraufhin sie weitermachte: „War er Ihnen auf der Spur? Hat er die falschen Fragen gestellt? Haben Sie ihn deshalb umgebracht?“
„Das war ich nicht, Kitt. Da müssen Sie schon woanders nach Ihrem Täter suchen.“
Zwar versuchte er, nonchalant zu klingen, doch sie nahm dieses minimale Vibrieren in seiner Stimme wahr. Etwas hatte ihn erschüttert. Aber wieso? Wenn er die Wahrheit sprach und Brian nicht getötet hatte, warum sollte es ihn dann berühren?
Weil er wirklich selbst ein Cop war?
„Ein Kindermörder und ein Polizistenmörder.“ Sie hielt inne, um ihre Worte wirken zu lassen. „Oh, jetzt hätte ich fast die alten Frauen vergessen. Also sind Sie auch noch ein Rentnerinnenmörder.“
„Ich habe mit dem Cop nichts zu tun“, wiederholte er und hob die Stimme an. „Das ist auch nicht der Grund für meinen Anruf.“
„Und warum rufen Sie dann an? Nicht um zu prahlen? Warum dann? Warum belästigen Sie mich?“
„Ich will mit Ihnen reden.“ Wieder war da dieses Vibrieren in seiner Stimme. „Ich will, dass Sie mich verstehen. Ohne dass uns andere belauschen.“
Sie lachte lauthals. „Was gibt es da zu verstehen? Dass Sie ein feiges Schwein sind? Ein
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