Der Engelmörder - Spindler, E: Engelmörder
gar keinem Zusammenhang zu ihm?
Die Gedanken überschlugen sich, Fragen gingen ihr durch den Kopf, vor deren Antworten sie sich fürchtete. Antworten, von denen sie inständig hoffte, dass sie nicht die richtigen waren.
Ihr wurde bewusst, dass Joe sie ansah. Mit Schrecken fiel ihr etwas ein: Ihr war entgangen, ihm Handschellen anzulegen und ihn nach Waffen zu durchsuchen.
Natürlich hatte sie das nicht gemacht. Das war schließlich Joe, der da neben ihr saß!
Sie warf ihm ein gezwungenes Lächeln zu. Solange er das Gefühl hatte, alles sei in Ordnung, würde er tun, was sie sagte. „Wir sind fast da.“
„Glaubst du, Valerie könnte in ernsthaften Schwierigkeiten stecken?“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Seit ich dir erklärt habe, Tami sei taub, benimmst du dich etwas eigenartig.“
Sie konnte ihm nichts vormachen, also antwortete sie so, wie sie als Cop antworten durfte: „Ich kann nicht mit dir darüber reden, was ich gerade denke. Ich muss mit Sal reden, er wird sich dann mit dir unterhalten wollen.“
Am PSB angekommen, fuhr sie in die Tiefgarage, stellte den Wagen ab und wandte sich Joe zu. „Bist du bereit?“
Er packte ihren Arm, als sie die Fahrertür öffnen wollte. „Was ist hier los, Kitt?“
„Ich ermittle in mehreren Mordfällen. Das weißt du doch.“
Sein Griff wurde etwas fester. „Liebst du mich?“
Sie hielt seinem Blick stand, obwohl sie einen Kloß im Hals hatte. Würde sie ihn auch noch lieben, wenn er sich als Kindermörder entpuppen sollte? Oder als dessen Komplize?Wie sollte sie das können? Doch im Augenblick liebte sie ihn, allen Zweifeln und Verdachtsmomenten zum Trotz.
„Ja“, antwortete sie. „Das tue ich.“
Nachdem er sie losgelassen hatte, stiegen sie beide aus. Auf dem Weg zum Büro schlossen sich ihnen Sorenstein und Snowe an, die offenbar soeben aus der Mittagspause kamen. Der Geruch nach Brathähnchen hing ihnen noch an, was Kitt daran erinnerte, dass sie seit Stunden nichts mehr gegessen hatte.
„Hi, Lundgren“, begrüßte Snowe sie und sah zu Joe. „Scott Snowe. Ich glaube, wir sind uns schon mal irgendwann begegnet.“
„Wahrscheinlich ja. Ich bin Joe Lundgren, Kitts Exmann.“
Sie gaben sich die Hand, und Sorenstein stellte sich ebenfalls vor. Falls die beiden Detectives es für merkwürdig hielten, dass sie mit ihrem Ex unterwegs war, machten sie zumindest keine entsprechende Bemerkung.
„Übrigens haben wir noch nichts gefunden“, sagte Sorenstein, der ihre Frage nach der ballistischen Untersuchung erwartet zu haben schien. „Ich befasse mich heute Nachmittag noch mal damit.“
„Lass es mich wissen …“
„Du wirst es als Erste erfahren, versprochen.“
Die Aufzugtür öffnete sich, sie betraten den Fahrstuhl. „Und jetzt?“, wollte Joe wissen.
„Ich werde dich in einen der Verhörräume bringen und dann mit Sal reden.“
„Wenn er mich befragt, wirst du dann auch dabei sein?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin befangen.“
„Dann bin ich auf mich allein gestellt?“
„Leider ja.“ Im ersten Stock angekommen, verließen sie den Lift. Sie brachte Joe zu einem der drei freien Verhörzimmer und schaltete das Licht ein. „Ich erledige das so schnell, wie ich kann.“
Er nickte nur.
An der Tür sah sie sich noch einmal zu ihm um. „Übrigens, Joe. Hat Brian dich gestern Abend angerufen?“
„Brian Spillare?“
„Ja.“
„Nein, warum?“
Einen Augenblick lang wollte sie ihm „Lügner!“ ins Gesicht schreien, doch sie zwang sich zu einem Lächeln. „Er hatte nach mir gesucht, das ist alles. Ich beeile mich.“
64. KAPITEL
Dienstag, 21. März 2006
15:00 Uhr
Kitt zog die Tür zum Verhörraum hinter sich zu. Joe hatte gelogen. Dass Brian ihn angerufen hatte, stand in der Anrufliste. Hatte er etwas entdeckt, das Joe belasten würde?
Sie machte sich auf die Suche nach Sal, erfuhr aber von Nan, dass er mit Sergeant Haas in seinem Büro war. Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, klopfte sie an der einen Spaltbreit offen stehenden Tür an.
„Kitt.“ Sal klang verärgert, als er sie eintreten sah. „Was kann ich für Sie tun?“
„Ich muss etwas mit Ihnen besprechen. Es ist wichtig.“
„Dann schießen Sie mal los.“
Sie kam zu ihm und stellte sich hinter den Stuhl an seinem Schreibtisch, wobei sie die Rückenlehne fest umklammert hielt. „Es könnte sein, dass ich etwas Entscheidendes über den Nachahmungstäter herausgefunden habe.“ Seine Miene nahm einen leicht veränderten Ausdruck an,
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