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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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ehrlich und hoffte sehr, sie würde zu ihm zurückfinden.
    Auch wenn er nicht sicher war, ob er Juliette ganz würde verdrängen können.

    Spartaco warf ihm einen skeptischen Blick zu. Eine dicke Kamera hing vor seiner Brust, geschützt durch eine Regenplane.
    Er ahnte nichts von dem Attentat. Elena hatte ihm nur gesagt, er solle auf alles gefasst sein. Alexander hegte noch immer Misstrauen gegenüber dem Freizeitgladiator, aber zumindest hielt er ihn nicht mehr für den Einbrecher in der Waffenkammer.
    Nach dem, was sie gestern mit angehört hatten, nahm er an, dass er da gegen einen Gardisten gekämpft hatte. Vielleicht konnte er mit Spartaco nicht recht warm werden, weil er in ihm einen Rivalen um Elenas Gunst sah.
    Die Wolken hatten sich immer dichter zusammengezogen.
    Obwohl es zehn Uhr vormittags war, herrschte ein diffuses Dämmerlicht. Ein grell gezackter Lichtfinger, der in mehreren Verästelungen plötzlich auf die Ewige Stadt niederfuhr, sorgte wenige Sekunden lang für unerwartete Helligkeit. Sie war noch nicht ganz erloschen, als der grollende Donner folgte, so laut, dass die Menschen zusammenzuckten. Gleich darauf leckte ein weiterer Blitz über Roms Dächer und tauchte die Wagenkolonne, die mit Schrittgeschwindigkeit vor die Audienzhalle rollte, für einen Moment in kaltes Licht. Die aufgeregten Rufe der Pressemeute und von Guntens Befehle wurden vom zweiten Donnerschlag übertönt.
    Sämtliche Kameras richteten sich auf den schweren Mercedes, in dem der Papst mit Ovasius Shafqat, Aldo Tessari und dem Chauffeur Ferdinando Zanni saß. Der Wagen hielt vor der Ehrenwache, die stocksteif im Regen stand. Tessari, der eine Regenjacke über seinem Anzug trug, stieß die Beifahrertür auf und spannte noch im Aussteigen einen großen schwarzen Schirm auf.
    Hektisch blickte Alexander in die Runde. Nur zu genau erinnerte er sich an das Gespräch, das er vor elf Tagen mit Donati geführt hatte: Autos sind gefährlich! – Noch gefährlicher als die Fahrt im Wagen ist allerdings das Ein- oder Aussteigen.
    – Unordnung und Ablenkung. Zwei Faktoren, die Attentätern sehr gelegen kommen. – Wir können gepanzerte Limousinen bauen, aber der Weg von oder zu einem Wagen bleibt höchst gefährlich.
    Unordnung und Ablenkung. Genau das geschah im Augenblick. Aldo Tessari, der eigentlich den Papst hätte beschützen sollen, war vollauf mit seinem Schirm beschäftigt.
    Vielleicht spielte das keine Rolle, er konnte ja durchaus auch zu den Verschwörern gehören. Vielleicht war es aber auch die Gelegenheit, auf die die Feinde des Papstes gewartet hatten.
    Nun, da der Papst ausstieg und sich, gefolgt von Don Shafgat, unter den Schirm begab.
    Aber wie sollte Alexander einen Attentäter erkennen? Das trübe Licht und der Regen verschleierten die Gestalten. Die Presseleute hatten die Mützen tief in die Stirn gezogen. Kameras wurden vor die Gesichter gehalten.
    Bei einem Kameramann stutzte er. Der Mann trug eine grüne Allwetterjacke mit der Aufschrift World News auf dem Rücken.
    Alexander kannte den Sender nicht. Das dunkle, zum Teil von einer seltsam länglichen Kamera verdeckte Gesicht mit dem schwarzen Vollbart war ihm unbekannt und schien ihm doch seltsam vertraut. Als er genauer hinsah, hellte seine Erinnerung die Gesichtsfarbe auf, und der Bart verschwand. Auf einmal wusste Alexander, dass der Bart ein vorspringendes, eingekerbtes Kinn kaschierte.
    Und er sah eine andere, ebenfalls von Regen getränkte Szene vor sich. Die Piazza Farnese vor dem Seminargebäude der römischen Polizei; zwei Männer, die aus dem Wagen einer Straßenreinigungsfirma stiegen; einer mit kräftigem, eingekerbtem Kinn. Ihre seltsamen Geräte waren keine Reinigungsapparate, sondern Gasdruckwaffen. Ähnlich der
    «Kamera», die der Bärtige dort auf den Papst richtete. All das schoss Alexander in wenigen Sekundenbruchteilen durch den Kopf, und er hörte die Stimme des Waffenspezialisten: Eine automatische Gasdruckflinte der Pancor Corporation, Typenbezeichnung Jackhammer. – Die Schrotmunition hat auf eine Entfernung von bis zu vierzig Metern eine verheerende Wirkung.
    Keine zehn Meter trennten den Papst von dem
    «Kameramann».
    Ungefähr dieselbe Entfernung lag zwischen Alexander und dem Attentäter.
    Es ging um Mikrosekunden.
    Er spurtete los und sah zeitlupenartig, wie der Bärtige seinen Zeigefinger um den Abzugshebel krümmte.
    In Alexanders Kopf flogen die Gedankensplitter durcheinander wie eine von der Jackhammer ausgespuckte Schrotladung:

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