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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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antwortete Solbelli. «Ich will versuchen, Ihnen das Wichtigste in einer Kurzfassung zu erzählen.»

    Ein starker, unbekannter, süßlicher Duft stieg in seine Nase.
    Wenn er die Augen schloss, meinte er, sich in einem überirdischen Rosengarten aufzuhalten. War das der Duft der Heiligkeit? Christliche Chroniken berichteten von einem unerklärlichen Duft, den spätere Heilige und ihre Reliquien verströmt haben sollten. Ging dieser Duft auch von Kembles Hand aus, die er, vor dem Krankenbett kniend, auf Jean-Pierre Gardiens Stirn drückte?
    Unsinn, sagte sich Shafqat, das muss Einbildung sein. Er hatte so viel über Heilige und ihre Reliquien gelesen, dass er den Geruch wahrzunehmen glaubte. Er wusste, dass es nur eine Kraft gab, auf die er setzen konnte: seine eigene.
    Er umarmte den leblosen Papst und sprach leise das Vaterunser in lateinischer Sprache. Letzteres tat er, damit die umstehenden Kurialen glaubten, die Umarmung geschehe zum Zwecke des Gebets. In Wahrheit verhielt es sich genau umgekehrt: Er betete, um Gardien möglichst nahe zu kommen.
    Seine Kraft musste auf den Papst übergehen. Darauf richtete er all sein Denken und Wollen, seine ganze Konzentration.
    Auch Kembles Hand war nur ein Vorwand. Wirklich? War Pater Jenkins damals nur aus dem Koma erwacht, weil er seine, Shafqats, heilende Kräfte verspürt hatte? Vielleicht war die schwarze Klaue doch mehr als ein mumifiziertes Stück Fleisch und Knochen, besaß sie die Macht, verborgene Kräfte zu wecken und zu verstärken.

    Nach all den Jahren wusste Shafqat noch immer nicht, ob er froh sein sollte, dass er Jenkins hatte helfen können. Für die Öffentlichkeit hatte John Kembles Hand das Wunder gewirkt.
    Doch die Medienberichte hatten die Aufmerksamkeit einer kleinen Gruppe, die sich Electi nannte, auf ihn gelenkt.
    Die Auserwählten hatten ihn als einen der Ihren erkannt. Was er von ihnen erfuhr, hatte ihn in eine so tiefe Glaubenskrise gestürzt, dass er seine Zweifel an der Kirche, an Jesus und an Gott im Alkohol zu ertränken suchte. Er war nahe daran gewesen, sich zu Tode zu saufen, als ein Auserwählter mit besonders starken Kräften seinen angegriffenen Körper heilte.
    Und in langen Gesprächen hatte derselbe Mann auch seine Seele gestärkt: Jean-Pierre Gardien.
    Jetzt hatte Shafqat Gelegenheit, seine Schulden bei Gardien zu begleichen. Eine ungeheure Wärme durchströmte den Iren, verbunden mit einem Kribbeln, als lade er sich elektrisch auf.
    Als er es kaum noch ertragen konnte, spürte Shafqat, wie etwas aus seinem Körper in den des Papstes strömte, eine Art abfließende Energie. Er schwitzte wie in der heißesten Sauna und fühlte sich von Sekunde zu Sekunde schwächer.
    Irgendwann rutschte er von Gardiens Bett auf den Boden.
    Undeutlich vernahm er Tamberlanis Stimme: «Da haben wir’s.
    Er hat sich zu sehr in seinen Heiligenwahn hineingesteigert. Ich glaube, Sie sollten sich um Don Shafqat kümmern, Dr. Secchi.»
    Der Arzt erwiderte: «Ich glaube, ich sollte mich eher um Seine Heiligkeit kümmern!»
    Kräftige Hände packten Shafqat und zogen ihn zur Seite, bis er mit dem Rücken gegen eine Wand lehnte. Er fühlte sich wie von dichtem Nebel umgeben, schwach und nur halb bei Sinnen.
    Schattenhafte Gestalten in Weiß eilten durch den Raum und verständigten sich mit knappen Zurufen. Er hörte viele lateinische Ausdrücke. Es war nicht das Latein der Kirche, sondern das der Mediziner.

    Wie seine Augen bloß Schemen wahrnahmen, so hörten seine Ohren nur Gesprächsfetzen: «… Lebensfunktionen stärker …

Atmung stabilisiert sich … Herzrhythmus regelmäßig …
    komatöser Zustand … unmöglich, ihn wach zu bekommen …»
    Jemand griff Shafqat unter die Arme und zog ihn auf die Füße.
    Verschwommen sah er Secchis stoppelbärtiges Gesicht.
    «Sie müssen sich ausruhen, Don Shafqat», hörte er die Stimme des Arztes, merkwürdig verzerrt wie das Heranrollen und Verebben einer Meeresbrandung. «Mehr Wunder kann der Glaube nicht vollbringen: Jetzt ist wieder die medizinische Wissenschaft gefragt.»
    Das bezweifelte Shafqat, aber er schwieg. Eine Krankenschwester und ein Monsignore führten ihn hinaus.
    Langsam kehrten seine Kräfte zurück. Er musste die anderen informieren, unbedingt!

    Alexander schob das halb leere Whiskeyglas beiseite. Der Alkohol bekam ihm nicht. Er hatte Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren. Schwerfällig sagte er: «Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Signor Solbelli, lässt sich mit der Wahren Ähnlichkeit

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