Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
Vom Netzwerk:
Toten.
    «Blutige Fußspuren», stieß Donati halblaut hervor.
    Der Strahl seines Scheinwerfers glitt über den Estrich. Jemand war in das Blut des Toten getreten und bis zu der Wendeltreppe am Ende des Korridors gelaufen. Der sich immer mehr ins Ovale verlängernde Lichtfleck des Scheinwerfers folgte der Spur. Sie endete nicht am Treppenabsatz, sondern führte weiter hinter das Metallgestell, wo zusammengekauert eine Gestalt in der Uniform der Schweizergarde hockte.
    Genau in diesem Augenblick verließ der Gardist sein Versteck; er wollte über die Treppe flüchten. Alexander sah das Schwert in der Hand des Mannes und dann endlich sein Gesicht.
    Sosehr dieser Anblick ihn auch schmerzte, jetzt wollte er nur Don Shafqat rächen und verhindern, dass der Mörder flüchtete.
    Er ließ seinen Scheinwerfer neben dem Toten liegen, spurtete los, bekam den Flüchtenden an den Unterschenkeln zu fassen und zog ihn mit aller Kraft nach unten.
    Beide Männer verloren das Gleichgewicht und bildeten ein ineinander verschlungenes Knäuel aus Leibern und Gliedmaßen, das gegen eine Wand des Korridors prallte. Der Uniformierte hatte bei dem Sturz sein Schwert verloren und verteidigte sich mit bloßen Fäusten. Alexander bekam einen kräftigen Hieb aufs Kinn und beantwortete ihn mit einem Ellbogenstoß in die Rippen.
    Ein Schatten fiel auf sie. Es war Orlandi, der eine Impfpistole an den linken Arm des Uniformierten presste. Ein kurzes Zischen, und schon zog der Professor sich wieder zurück.
    Alexander spürte, wie der Widerstand in Sekundenschnelle schwächer wurde. Der Kopf seines Gegners fiel zur Seite. Das Betäubungsmittel, das Orlandi dem Schweizer gespritzt hatte, wirkte verblüffend schnell.
    Alexander kniete über dem Schlafenden und sah zu Orlandi auf. «Sie sind sehr geschickt darin, Leute ins Reich der Träume zu schicken, Professor. Beschränkt sich Ihre ärztliche Kunst darauf?»
    «Ich würde sagen, Sie sollten sich mal an Ihre Nase fassen.
    Sind Sie nicht damit einverstanden, dass ich Ihnen eben geholfen habe?»
    «Nein!», sagte Alexander hart. «Ich hätte das gern selbst erledigt.»
    Orlandi sah ihn zweifelnd an. «Warum?»
    «Weil dieser Mann, der für mich wie ein Bruder war, mich verraten hat.»
    Auf dem Belvederehof spaltete die Gruppe sich auf. Orlandi, Donati und einer ihrer jungen Begleiter hielten auf den Trakt des Apostolischen Palastes zu, in dem die Krankenstation lag. Sie hofften, die kleine Seitentür, die Shafqat hatte öffnen sollen, auch ohne dessen Hilfe zu finden. Alexander und der drahtige, fast kahlköpfige Mittzwanziger, den sie Dario nannten, übernahmen die Aufgabe, den Ambulanzwagen zu kapern.
    Während sie im Häuserschatten auf die Ambulanzgarage zuschlichen, kreisten Alexanders Gedanken um den Mann, der in der Tiefgarage schlief und dessen Uniform er angezogen hatte. Insofern war es ein Glücksfall, dass sie auf Utz Rasser gestoßen waren. Für Don Shafqat allerdings war die Begegnung das Gegenteil gewesen.

    Alexander bedauerte, dass sie Rasser hatten zurücklassen müssen. Vielleicht hätte er ihnen wertvolle Informationen über den Zirkel der Zwölf und über Elenas Aufenthaltsort liefern können. Professor Orlandi besaß bestimmt ein Mittel, das ihm die Zunge auch gegen seinen Willen gelöst hätte.
    Möglicherweise hätten sie Rasser sogar gegen Elena austauschen können. Aber ihn mitzunehmen wäre höchst beschwerlich gewesen und hätte ihre Mission gefährdet. Die Rettung des Papstes genoss absolute Priorität – abgesehen wohl von der Bergung des geheimnisvollen Smaragds. Alexander konnte nicht sagen, woran den Electi mehr gelegen war.
    Der Vorfall in der Tiefgarage hatte seine Stimmung gedämpft.
    Er sah noch Orlandi vor sich, wie dieser sich über Shafqat beugte, ihn sorgfältig abtastete und dann die seltsamen Worte sprach: «Es ist kein Leben mehr in ihm. Selbst ich kann nichts mehr für Bruder Shafqat tun.»
    Geduckt huschten Alexander und Dario unter den schwach erleuchteten Fenstern der vatikanischen Feuerwache vorbei.
    Leises Musikgedudel drang nach draußen. Das halbe Dutzend Männer schlief wahrscheinlich, mit Ausnahme des Wachhabenden, der, vor dem Radio dösend, auf das Morgengrauen wartete und auf das Ende der 24-Stunden-Schicht.
    Die kleine Ambulanzgarage lag direkt neben der größeren Feuerwehrgarage, in der die drei Tanklöschzüge und die beiden Drehleiterfahrzeuge einsatzbereit standen. Die verschlossenen Tore der Feuerwehrgarage öffneten sich auf Knopfdruck in

Weitere Kostenlose Bücher