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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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weniger als zehn Sekunden; die Ambulanzgarage hatte nicht mal ein Tor, der weiße Wagen konnte ohne Zeitverlust starten. Falls der Papst doch einmal in ein römisches Krankenhaus gebracht werden musste, brauchte keine Zeit mit dem Warten auf eine externe Ambulanz verschwendet zu werden.
    Alexander lugte um die Ecke. Eine Neonröhre erhellte die Garage. Die Fahrertür der Ambulanz stand halb offen. Der Fahrer der Einsatzbereitschaft war über dem Lenkrad zusammengesunken. Ein dickes Buch war seinen Händen entglitten und lag hinter der Windschutzscheibe.
    Alexander bedeutete Dario, er solle hier warten, und ging leise auf den Ambulanzwagen zu. Der Fahrer schlief nicht so fest, wie er gehofft hatte; Alexanders Schritte schreckten ihn auf. Der Mann blinzelte, und ein Rucken ging durch seinen ganzen Körper. Ihm kam zu Bewusstsein, dass er den schweren Kampf gegen den Schlaf verloren hatte, und er musterte Alexander mit einem unfreundlichen Blick, nicht skeptisch, sondern wütend über die Störung. Wahrscheinlich glaubte er, der Gardist wolle ihn für seine Schläfrigkeit rügen.
    «Buona notte», sagte Alexander mit einem breiten Grinsen und zog die Tür auf.
    Ehe der Fahrer etwas erwidern konnte, packte Alexander ihn beim linken Arm und zog ihn mit einem heftigen Ruck aus dem Wagen. Kaum fiel der untersetzte Mann ihm aufstöhnend vor die Füße, rammte er ihm auch schon seine ineinander verschränkten Hände in den Nacken. Das war eine schmerzhafte Methode, jemanden schlafen zu schicken, aber die einzige, über die Alexander im Moment gebot.
    Nachdem sie den Fahrer in die hinterste und dunkelste Ecke der Garage geschleift hatten, schlüpfte Dario in dessen Dienstoverall, der ihm viel zu knapp war. Er zog den Reißverschluss nur zur Hälfte hoch, was nicht weiter auffiel, wenn er hinter dem Steuer der Ambulanz saß. Alexander kletterte auf den Beifahrersitz und warf den Schmöker nach draußen, damit Dario eine bessere Sicht hatte. Der Schlüssel steckte. Jetzt hieß es warten, bis … bis Darios kleines Funkgerät knackte. «Glas für Flasche, Glas für Flasche, wir haben den Korken sichergestellt. Ende.»
    Die verzerrte Stimme gehörte Donati, der sich auch die albernen Codenamen ausgedacht hatte.
    «Flasche für Glas, wir bringen den Sektkübel», antwortete Dario. «Ende.»
    «Glas für Flasche, verstanden. Ende und aus.»
    Als Dario den Motor anließ, erschien das Geräusch Alexander ungewöhnlich laut, wohl weil es ringsum so still war und weil er unter starker Anspannung stand. Er konnte nur hoffen, dass die Männer in der nahen Feuerwache nichts gehört hatten.
    Mit Schrittgeschwindigkeit fuhren sie in den Belvederehof, ohne das Licht einzuschalten. Alexanders Augen suchten die dunklen Palastmauern ab und entdeckten schließlich das ersehnte Signal: das mehrmalige Aufblitzen einer Taschenlampe. Dario lenkte den Wagen in die Richtung des Signals: zu einer geöffneten Tür, in der ihre drei Gefährten sie erwarteten. Sie schoben eine Rollbahre mit dem Papst durch die Tür, die dafür gerade breit genug war.
    Alexander sprang aus dem Wagen, riss die Hintertür auf und fragte: «Wie ist es gelaufen?»
    «Unerwartet gut», antwortete Donati. «Leone und ich mussten vor der Krankenstation einen Gendarmen und einen Schweizer erledigen. Drinnen hielt nur der Leibarzt des Papstes Krankenwache. Er sah aus, als könnte er etwas Schlaf vertragen.»
    Während sie Papst Gardien vorsichtig auf die Liege in der Ambulanz umbetteten, betrachtete Alexander das Gesicht des Schlafenden. Es sah nicht friedlich aus, wie er erwartet hatte, wirkte eher angespannt. So als registriere der Heilige Vater alles, was um ihn her geschah.
    Orlandi, Donati und Leone stiegen zu Gardien in den Innenraum. Alexander nahm wieder vorn bei Dario Platz und wies ihm den Weg zur Porta Sant’Anna. Immer noch ohne Licht rollte der Wagen im Leerlauf über die abschüssige Straße auf das nachts geschlossene Gittertor zu.
    Gebannt starrten die beiden Männer auf das hohe, schwere Gitter, hinter dem die rettende Straße lag. Noch zwanzig Meter, fünfzehn, zwölf …
    Zwei Gardisten sprangen aus dem Wachhäuschen vor das Tor und wedelten wild mit ihren weiß behandschuhten Händen.
    «Gas, Fernlicht und hupen!», rief Alexander.
    Dario befolgte die Anweisung. Der schwere Wagen machte einen Satz und schoss nach vorn.
    Die Hupe lärmte ohrenbetäubend. Alexander wollte seinen Kameraden durch das Warnsignal die Möglichkeit geben, sich in Sicherheit zu bringen;

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